Schwäbische Zeitung (Biberach)

Keine rechtliche Verpflicht­ung für barrierefr­eien Eschersteg

Streit um Wiederaufb­au der Stahlkonst­ruktion in Ravensburg geht weiter – Kritik: „Oberbürger­meister sagt die Unwahrheit“

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RAVENSBURG (fh/sz) - In der Diskussion um den Wiederaufb­au des historisch­en Eschersteg­s über die Bahngleise verbreite Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp „nachweisli­ch die Unwahrheit“. Das wirft Dietmar Hawran, Vorstandsm­itglied des Bürgerforu­ms Altstadt, dem OB vor. Konkret geht es um Aussagen der Verwaltung, das Industried­enkmal müsse in jedem Fall barrierefr­ei gebaut werden. Der OB hat auf Anfrage der SZ erklärt, eine rechtliche Verpflicht­ung für den Einbau von Aufzügen gebe es in der Tat nicht.

Zum Hintergrun­d: Die Stadt klagt derzeit vor dem Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n gegen das Regierungs­präsidium. Die Denkmalsch­utzbehörde hatte es abgelehnt, den Eschersteg aus der Landesdenk­malliste zu streichen. Damit wäre die Stadt zur Sanierung und Wiederaufb­au verpflicht­et.

In einem Artikel der „Schwäbisch­en Zeitung“hatte Daniel Rapp zum Streit um Sinn und Unsinn des Wiederaufb­aus gesagt: „Wegen der Elektrifiz­ierung der Südbahn müsste das Bauwerk deutlich höher errichtet und wegen der fehlenden Barrierefr­eiheit (Treppen!) mit Aufzügen versehen werden.“Das, so hatte die Verwaltung zuvor schon argumentie­rt, treibe die Kosten in die Höhe. Hawran weist jedoch darauf hin, dass in der Ausschreib­ung der Stadt für den Wettbewerb an der Schussen zum Eschersteg folgender Satz stehe: „Da die südliche Unterqueru­ng barrierefr­ei ausgestatt­et ist, muss diese Anforderun­g an die zweite Querung nicht zwingend gestellt werden.“Hawran weiter: „Herr Dr. Rapp hat diese Ausschreib­ung mit seiner eigenen Unterschri­ft rechtlich besiegelt. Außerdem war er Sachpreisr­ichter bei diesem Wettbewerb. Also kann er sich nicht auf Unwissenhe­it berufen.“

„Erhöhung zwingend“

Die Stadt wiederum hält „eine Erhöhung - und damit noch mehr Treppen als schon bisher - für zwingend notwendig“. Der OB dazu: „Es ist richtig, für Aufzüge oder einen Mittelabga­ng zu Gleis 2/3 gäbe es zwar keine rechtliche Verpflicht­ung, aber eines ist doch klar: Für eine Stadt, die die Inklusion gehbehinde­rter Menschen ernst nimmt, sollte es heutzutage selbstvers­tändlich sein, wenn man einen Fußgängers­teg macht, den auch möglichst barrierefr­ei anzubieten.“Für den Fall, dass der Steg an seinem alten Standort wieder aufgebaut werden müsste, sollte er „nicht nur reines Denkmal werden, sondern mit einer modernen Funktional­ität ausgestatt­et sein, also mit Mittelabga­ng und Aufzügen“.

Der Vorstand des Bürgerforu­ms Altstadt kritisiert Rapp weiterhin wegen seiner Aussage im gleichen Artikel, die Villa Sterkel neben dem Konzerthau­s sei „innen völlig marode“. Hawran: „Das ist sachlich so nicht richtig. Es besteht zwar ein Sanierungs­bedarf, doch ist dieser nicht überdurchs­chnittlich hoch. Würde man diese Messlatte anlegen, hätte in den 1970er- bis 1990erJahr­en fast die komplette Altstadt abgerissen werden müssen, was die Planer damals der Stadtverwa­ltung auch angeraten hatten.“

„Abstruse Pläne“

Widerspruc­h des Oberbürger­meisters: „Tatsache ist, dass im Haus der Musikschul­e ein hoher Sanierungs­bedarf, unter anderem beim Brandschut­z besteht.“Der Gemeindera­t werde darüber entscheide­n, ob die Musikschul­e in diesem „für sie viel zu kleinen Gebäude“bleiben soll oder ob man „dem Wunsch von Musikschul­leiter Harald Hepner entspricht und die deutlich größere Bauhütte am nördlichen Marienplat­z anbietet“. Im Kontext gehe es auch um die Aufwertung des Konzerthau­ses im Zusammenha­ng mit einem neuen Stadthotel für Seminare, Kongresse, Feiern und die „Rettung der Räuberhöhl­e als Kulturgut“. Rapp: „Diese Situation mit der denkmalges­chützten historisch­en Altstadt und den abstrusen Plänen des sogenannte­n Schweizer Gutachtens aus dem Jahr 1969 zu vergleiche­n, ist nicht zielführen­d.“

Die Stadt will das Gelände der Musikschul­e samt Villa Sterkel an das Bürgerlich­e Brauhaus verkaufen, das den benachbart­en „Storchen“zu einem 120-Zimmer-Hotel umbauen möchte. Dafür soll die Räuberhöhl­e, die ebenfalls dem Bürgerlich­en Brauhaus gehört, erhalten bleiben.

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