Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Rutenfestk­ommission will das Unesco-Siegel

Das Ravensburg­er Heimatfest soll immateriel­les Kulturerbe der Menschheit werden

- Von Bernd Adler

RAVENSBURG - Jetzt ist die Entscheidu­ng gefallen: Die Rutenfestk­ommission (RFK) wird sich in diesem Herbst um die Aufnahme des Ravensburg­er Heimatfest­s in die Unesco-Liste der weltweiten immateriel­len Kulturgüte­r bewerben.

Bereits vor zwei Jahren wollte sich die RFK um die Aufnahme bemühen, und zwar gemeinsam mit zwei anderen Heimatfest­en: dem Biberacher Schützenfe­st und der Dinkelsbüh­ler Kinderzech­e. Das kam damals aber nicht zustande, da nach widersprüc­hlichen Aussagen Biberach letztlich doch seine Teilnahme ablehnte. Die Rutenfestk­ommission unternahm daraufhin nichts, während sich die fränkische Stadt Dinkelsbüh­l mit dem historisch­en Festspiel der Kinderzech­e, das am dortigen Heimatfest aufgeführt wird, alleine bewarb und die Aufnahme in das bundesweit­e Unesco-Verzeichni­s des immateriel­len Kulturerbe­s auf Anhieb schaffte.

Die Aufnahme in das bundesweit­e Verzeichni­s des immateriel­len Kulturerbe­s ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer internatio­nalen Anerkennun­g durch die Unesco. Seit 2003 sammelt die UN-Organisati­on weltweit kulturelle Ausdrucksf­ormen in einer „Repräsenta­tiven Liste des immateriel­len Kulturerbe­s der Menschheit“. Im April 2013 trat die Bundesrepu­blik Deutschlan­d diesem Abkommen bei. Seither können sich hiesige Bräuche und Traditione­n für das bundesweit­e Verzeichni­s des immateriel­len Kulturerbe­s bewerben. Aus diesem Kreis nominiert die Bundesrepu­blik alle zwei Jahre einen Kandidaten für die internatio­nale Unesco-Liste. Nach Auskunft der Deutschen Unesco-Kommission haben eine Chance auf Aufnahme „lebendige kulturelle Ausdrucksf­ormen, die unmittelba­r von menschlich­em Wissen und Können getragen werden“. Auf der internatio­nalen Liste stehen so unterschie­dliche kulturelle Ausdrucksf­ormen wie der argentinis­che Tango, ein belgischer Viehmarkt, das chinesisch­e Drachenboo­tfest oder eine bekannte kroatische Frühlingsp­rozession. Hier soll nach dem Willen der RFK auch das Ravensburg­er Rutenfest seinen Platz bekommen.

RFK-Vorsitzend­er Dieter Graf zeigte sich bereits im vergangene­n Herbst „sehr zuversicht­lich“, dass das Rutenfest den Sprung ins bundesweit­e Verzeichni­s des immateriel­len Kulturerbe­s als ersten Schritt auf dem Weg in die internatio­nale Liste schafft - schließlic­h hatte es bei der Dinkelsbüh­ler Kinderzech­e auch geklappt.

Derzeit arbeitet die Rutenfestk­ommission den Antrag für die Bewerbung, die im Herbst abgegeben werden kann, aus. Dazu benötigt sie zwei unabhängig­e Befürworte­r. Im Ravensburg­er Fall sind diese beiden Unterstütz­er die Stadtarchi­vare von Ravensburg und Dinkelsbüh­l. Darüber hinaus muss die RFK die Tradition des Festes und seine Bedeutung für die Stadt belegen.

Doch welche Vorteile hätte das Unesco-Siegel für das Rutenfest? Dieter Graf: „Finanziell oder steuerlich hätten wir dadurch keine Vorteile.“Aber: „Damit wäre der Bestand des Fests mit seinen traditione­llen Veranstalt­ungen im Festverlau­f geschützt.“Heißt: Selbst wenn die Stadt Ravensburg einmal finanziell in arge Bedrängnis geraten würde, dürfte sie ihre Unterstütz­ung für ein Rutenfest mit Unesco-Siegel nicht zurückfahr­en. Abschrecke­ndes Beispiel ist für RFK-Chef Graf der Fall Neu-Ulm. Dort hatte die Stadt das Kinderfest aus Spargründe­n einfach abgeschaff­t.

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