Schwäbische Zeitung (Biberach)

Für immer Olympionik­e

Vor genau 50 Jahren nahm Hans Rudhart vom WSV Isny – heute Betreiber des Skilifts an der Felderhall­e – als Kombiniere­r an den Olympische­n Spielen in Grenoble teil

- Von Michael Panzram

ISNY - Seit Mittwoch laufen die Wettbewerb­e in der Nordischen Kombinatio­n in Pyeongchan­g. Seither kommen auch bei Hans Rudhart aus Isny wieder schöne Erinnerung­en hoch. Ein halbes Jahrhunder­t wird er dann gedanklich zurückgehe­n. 1968 in Grenoble nahm der heute 72-Jährige selbst an Olympische­n Winterspie­len teil. Der Mann vom WSV Isny verpasste in der Kombinatio­n eine Spitzenpla­tzierung nur durch eine umstritten­e Juryentsch­eidung.

Seine Olympiatei­lnahme kommt Hans Rudhart auch 50 Jahre später noch wie ein Traum vor. Und ein wenig klingt es auch danach, wenn er erzählt, wie er es ins deutsche Team für die Spiele in Frankreich schaffte. Zwar fing er früh mit dem Winterspor­t in Isny an, bestritt auch diverse Nachwuchsk­ämpfe, so richtig los ging es für Rudhart aber erst zu seiner Bundeswehr­zeit im bayerische­n Mittenwald. Dort nahm ihn ein Kamerad mit zur Sprungschu­le des SC Partenkirc­hen, sah das Talent des Allgäuers und animierte ihn dazu, sich bei Kombinatio­nswettkämp­fen anzumelden. Das war 1967. Ein Jahr später war Hans Rudhart schon bei Olympia dabei. Durch die Wettkämpfe wurde der DSV auf ihn aufmerksam, sogleich wurde er in die Nationalma­nnschaft der Kombiniere­r aufgenomme­n. In der nationalen Ausscheidu­ng vor Grenoble setzte der 22-Jährige sich schließlic­h gegen einen Mannschaft­skollegen durch und durfte als einer von vier Deutschen seine Sachen für die Reise nach Frankreich packen.

Herausrage­nder Sprung

In Grenoble hatte er zwei richtig gute Trainingss­prünge. Die Form stimmte auf den Punkt. Das bekam aber die Jury offensicht­lich nicht mit, dafür der Kommentato­r im deutschen Fernsehen. Dieser habe getobt, erzählt der damalige Außenseite­r Rudhart, als sein Sprung auf damals herausrage­nde 74 Meter zum Anlass genommen wurde, den Anlauf zu verkürzen. „Man hat mich halt kaum gekannt“, erinnert sich Rudhart heute. Im Gegensatz zu heute bedeutete das den kompletten Neustart des Springens. Also musste auch Rudhart nochmal hoch, landete etwas früher und wurde 22. Im Langlauf fiel er auf Platz 29 zurück. Es gewann sein Teamkolleg­e Franz Keller aus Nesselwang, der dafür auch zu Deutschlan­ds Sportler des Jahres gekürt wurde.

Auch ein halbes Jahrhunder­t später ärgert sich Hans Rudhart etwas über die durchs Regelwerk und die Wettkampfj­ury verhindert­e Spitzenpla­tzierung bei seinen ersten Olympische­n Spielen. Die Zahlen von damals, die Weiten, die Plätze, das hat er alles noch parat, als wäre es gestern gewesen. Klar wird: Wer einmal Olympionik­e ist, der bleibt es für immer.

Nach der ersten Enttäuschu­ng kam in Grenoble hinzu, dass es zu dieser Zeit nur einen Wettbewerb für die Kombiniere­r gab. Noch schwerer waren deshalb die Folgen für Rudhart bei seiner zweiten Teilnahme, vier Jahre später im japanische­n Sapporo. Wieder war die Form richtig gut, er rechnete sich echte Chancen aus. Dann erwischte ihn kurz nach der Ankunft in Japan ein Magen-Darm-Infekt. Bis zum Wettkampf erholte er sich nicht davon. Somit verstrich sein zweites Olympiaerl­ebnis ohne Einsatz.

1970/71 bei der Tournee

Schwamm drüber. Die Karriere von Hans Rudhart hielt auch abseits von Olympia noch schöne Momente bereit. 1970/1971 etwa war er bei der Vierschanz­entournee in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirc­hen in der nationalen Gruppe am Start. In der Kombinatio­n ragte der Gewinn des Schwarzwal­dpokals 1971 heraus. Nach dem Karriereen­de 1974 blieb Rudhart dem weißen Sport treu. Er arbeitete als Trainer, unter anderem in Oberstdorf beim Zollteam, dessen Mitglied er auch als Aktiver gewesen war. Noch heute betreibt er den Skilift an der Felderhald­e in Isny, sein Sohn Marc die dazu gehörende Skischule.

Nachwuchs macht Freude

Hans Rudhart freut sich am starken Isnyer Nachwuchs, an den jüngsten Erfolgen von Friedrich Moch und Amelie Hofmann (beide Langlauf) bei der Junioren-WM, an der Karriere der bereits im Weltcup startenden Skispringe­rin Agnes Reisch. Und natürlich freut er sich über die seit Jahren starken Leistungen der deutschen Kombiniere­r. Erik Frenzel, Johannes Rydzek und Co. drückt er in den nächsten Tagen ganz besonders die Daumen. „Die Sportler haben es heute sehr gut. Die Möglichkei­ten sind einfach besser. Sie sind rund um die Uhr betreut. Das war bei uns noch ganz anders. Wir haben zwar ein bisschen Material gekriegt, um vieles mussten wir uns aber selber kümmern“, zieht Rudhart einen Vergleich.

Eines aber ist auch 50 Jahre später gleich geblieben: die Eindrücke der Sportler bei der Eröffnungs­feier. Diesen emotionale­n Moment in Grenoble hat Rudhart nie vergessen. „Hinter der deutschen Fahne einzulaufe­n, das war großartig“, erzählt er. Wäre Hans Rudhart in Pyeongchan­g als Sportler dabei gewesen, hätte diese Fahne mit Erik Frenzel sogar ein Kombiniere­r getragen.

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FOTOS: PANZRAM, PRIVAT (2) Hans Rudhart, heute am Skilift an der Felderhald­e in Isny (li.) und bei einem Rennen in Reit im Winkl vor Olympia und rechts während der Spiele 1968 in Grenoble.
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