Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Baustelle wird digital
Hochschule Biberach tüftelt im BIM-Labor an der Zukunft der Baubranche.
BIBERACH - Baubranche und Digitalisierung – was für viele wie ein Gegensatz klingt, hat an der Hochschule Biberach bereits Gestalt angenommen. Künftig wird es hier sogar ein vom Land gefördertes Kompetenzzentrum für Building Information Modeling (BIM) geben. Die SZ ist der Frage nachgegangen, was sich hinter BIM verbirgt.
Das BIM-Labor im D-Gebäude der Hochschule wirkt auf den ersten Blick wie das Kontrollzentrum der Weltraumbehörde Nasa: Auf den u-förmig angeordneten Tischen stehen Computer und noch mehr Monitore, die wiederum überragt werden von zwei riesigen Bildschirmen. Dass es hier aber nicht um Raumfahrt geht, sondern um die Planung von Bauprojekten, erläutert Professor Christof Gipperich. Er ist seit 2015 an der Hochschule und kümmert sich seither im Masterstudiengang Projektmanagement (Bau) um das BIM-Labor. „BIM heißt übersetzt Bauwerksdaten-Modellierung und umschreibt im Grunde alles, was im Baubereich mit dem Thema Digitalisierung zu tun hat“, sagt er. Alles, was früher in einen zweidimensionalen Bauplan eingezeichnet wurde, wird mithilfe von Software am Computer zu einem dreidimensionalen Modell zusammengesetzt.
Am Bildschirm oder mithilfe einer sogenannten Virtual-Reality-Brille kann man sich in dem geplanten Gebäude bereits bewegen, noch bevor auch nur eine Wand betoniert wurde. „Ich kann mir die Räume genau anschauen und zum Beispiel die Farbe von Böden und Wänden ändern, kann bereits Möbel aufstellen oder Planungsfehler sofort am Rechner korrigieren, wenn ich zum Beispiel sehe, dass eine WC-Schüssel zu hoch hängt“, sagt Gipperich. Das alles geht nicht nur mit Häusern. Biberacher Studenten haben auf diese Weise eine noch zu bauende Umgehungsstraße bereits zum virtuellen Leben erweckt.
Was bis hierhin wirkt wie eine nette Computerspielerei hat einen ernsten betriebswirtschaftlichen Hintergrund.
„Die 3-D-Modelle der Gebäude oder Straßen, die wir am Computer erzeugen, sind letztlich nur Nebenprodukte, die wir aus den vorhandenen Daten erstellen“, sagt Gipperich. Jeder Wand, jedem Fenster, jedem Einrichtungsgegenstand im Modell werden entsprechende Informationen zugeordnet. „So erfahre ich per Mausklick, aus welchem Material die Wand besteht, wie viel ich davon brauche, um sie zu bauen, was es kostet und wie viel Zeit dafür benötigt wird“, sagt Gipperich.
Steigerung der Produktivität
Aus diesen Daten lassen sich exakte Bauzeitpläne erstellen, Kosten können besser kalkuliert und bestimmte Bauteile bereits vorab gefertigt werden. „Alles, was die Ingenieure zum Teil bis heute noch direkt auf der Baustelle machen, lässt sich künftig bereits am Rechner erledigen“, so der Professor. Ziel bei allem sei die Steigerung der Produktivität. Was im Maschinenbau
schon längst Alltag sei, halte durch BIM nun auch in der Baubranche Einzug.
Aber nicht nur den Baufirmen bringe das Vorteile, auch wenn es darum gehe, die Öffentlichkeit über große Bauprojekte zu informieren, sei BIM von Nutzen. „Welcher Laie ist schon in der Lage, Baupläne von Großprojekten richtig zu lesen?“, so Gipperich. Mit den 3-D-Modellen sei man in der Lage, neue Gebäude oder Straßen viel realistischer darzustellen. Möglicherweise lasse sich damit mancher Konflikt bereits im Vorfeld vermeiden.
Während größere Baufirmen bereits mit BIM arbeiten, ist dies in kleineren Betrieben noch nicht an der Tagesordnung. Aber auch diese müssten sich dem Thema stellen. „Wer sich damit nicht beschäftigt, wird in wenigen Jahren vom Markt verschwinden“, ist Gipperich überzeugt.
Hierbei Unterstützung zu leisten, ist Aufgabe des vom Land bezuschussten
BIM-Kompetenzzentrums an der Hochschule Biberach. Es ist Bestandteil des regionalen Digitalisierungszentrums (Digital Hub) Ulm/Alb-Donau/Biberach (SZ berichtete). „Aufgabe des BIM-Kompetenzzentrums ist es, dass wir unser Wissen und unsere Erfahrung in diesem Bereich an die regionalen Bauunternehmen weitergeben“, sagt Gipperich.
Dazu werden auch die Masterstudenten wie Florian Renz aus Dietenwengen beitragen. Ihnen attestiert ihr Professor beste Berufsaussichten. „Sie werden sich als BIM-Manager oder BIM-Koordinatoren ihre Stellen aussuchen können.“Im Übrigen werde dadurch auch das Bauingenieursstudium wieder attraktiver, meint Gipperich.
Ein Video zu diesem Thema gibt es unter