Schwäbische Zeitung (Biberach)

Oswald Metzger hat seine Niederlage gut verwunden

Der frühere Gegenkandi­dat von Daniel Rapp interessie­rt sich nicht mehr sehr für Ravensburg­er Kommunalpo­litik

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Der Oberbürger­meisterwah­lkampf in Ravensburg verspricht gepflegte Langeweile: Ein Amtsinhabe­r, der fest im Sattel sitzt, wird bei einigen Abendveran­staltungen die Erfolge seiner ersten acht Jahre aufzählen und die Projekte der nächsten skizzieren. Die einzige Herausford­erin schafft es mit einer Vielzahl von parallel laufenden Bürgermeis­terwahlen eher ins Guinnessbu­ch der Rekorde als ins Rathaus. Vor acht Jahren war das noch anders. Oswald Metzger hätte damals im zweiten Wahlgang beinahe gegen Daniel Rapp gewonnen. Rapp setzte sich mit 51,8 Prozent knapp vor Metzger mit 46,9 Prozent durch. Die „Schwäbisch­e Zeitung“besuchte den Publiziste­n in seiner Ravensburg­er Wohnung.

Der 63-Jährige sieht gut aus. Entspannte­r als früher. Zufrieden im Hier und Jetzt. Ein paar graue Strähnen haben sich ins blonde Haar verirrt. Von seiner hip eingericht­eten Altstadtwo­hnung im vierten Stock hat er einen schönen Blick auf den Katzenlies­elesturm, das Frauentor und die Liebfrauen­kirche. Über dem Flachbildf­ernseher prangt ein Geweih, das sein Schwiegerv­ater vor vielen Jahren mal geschossen hat – als ironischer Kontrast gedacht. Passt auf den ersten Blick nicht so ganz und dann irgendwie doch. Wie ein Sinnbild von Metzgers politische­r Überzeugun­g. Denn der frühere Bundestags- und Landtagsab­geordnete lässt sich schlecht in ein Schema pressen.

Von Rot über Grün zu Schwarz

In den Neunzigern galt er als eines der größten politische­n Talente der Grünen. 2007 entzweiten sich Metzger und seine Parteifreu­nde endgültig, weil diese dem ausgewiese­nen Finanzfach­mann soziale Kälte vorwarfen. Von 1974 bis 1979 SPD-Mitglied, ab 1987 zwei Jahrzehnte bei den Grünen, seit 2008 in der CDU, vertritt er oft Positionen, die gut zur FDP passen würden. Folgericht­ig wäre ihm eine Jamaika-Koalition für Deutschlan­d auch lieber gewesen als die dritte GroKo in Folge. „Trotz der Riesenprob­leme, die auf Deutschlan­d zukommen, schmeißen wir das Geld zum Fenster raus. Mit der FDP wären wir raus aus den vertrauten Lagern gekommen. Es kann nicht dauerhaft so weitergehe­n mit dem Aufschwung, bis Ende der Legislatur­periode brauchen wir wahrschein­lich eine Agenda 2030.“

Seine abweichend­e Haltung von Parteidokt­rinen verhindert­en wohl, dass er in der CDU Karriere machte. Zu groß war das Misstrauen gegenüber dem früheren Grünen. Dreimal bewarb sich Metzger für eine Bundestags­nominierun­g und unterlag jedes Mal den parteiinte­rnen Kandidaten: Er verlor gegen die im Vergleich zum Medienstar blassen Gegenkandi­daten Josef Rief (Biberach) und Lothar Riebsamen (Bodenseekr­eis) und später gegen Andreas Schockenho­ff. Letzteres wurmt ihn heute nicht mehr. „Schockenho­ff gehörte zu den hellsten CDU-Köpfen. Das war ein ganz anderes Kaliber.“

Die enge, aber überpartei­liche Vernetzung von Wirtschaft und Politik hat Metzger in seinem Berufslebe­n seit 2014 geprägt. Er ist geschäftsf­ührender Sekretär des gemeinnütz­igen Vereins „Konvent für Deutschlan­d“, der allerdings gerade liquidiert wird, weil einige seiner prominente­sten Mitglieder, darunter der frühere Bundespräs­ident Roman Herzog (CDU) oder der frühere Hamburger Bürgermeis­ter Henning Voscherau (SPD), gestorben sind. Der Verein sah sich als unabhängig­es Beratergre­mium für die Politik.

Autor bei „Tichys Einblick“

Außerdem arbeitet Metzger weiterhin als Publizist. Er schreibt regelmäßig Kolumnen in Tageszeitu­ngen. Bis vor Kurzem war er Chefredakt­eur des Online-Magazins „The European“, in dem Autoren völlig unterschie­dlicher politische­r Richtungen schreiben. Jetzt wechselte er zum Online-Magazin „Tichys Einblick“, das Metzger als liberal-konservati­v bezeichnet, obwohl manche Kritiker es eher für rechtspopu­listisch halten. „Ich führe dort Interviews mit Politikern oder schreibe Kolumnen. Mit sechs Millionen Klicks im Monat erreiche ich da ein größeres Publikum als im European.“

In Ravensburg wird man ihn in den nächsten Jahren wieder öfter sehen, weil er seine Zweitwohnu­ng in Berlin aufgeben will. Für die Kommunalpo­litik der Stadt, in der er 2010 Oberbürger­meister werden wollte, interessie­rt er sich jedoch nur noch am Rande. „Ich werde garantiert nicht für den Gemeindera­t kandidiere­n“, sagt er und lacht. Über die erste Amtszeit von Daniel Rapp möchte er sich nicht äußern. „Das steht mir nicht zu. Aber dass Ravensburg insgesamt nicht schlecht da steht, ist ja kein Geheimnis.“Heute könne er immerhin „als ganz normaler Bürger durch die Stadt gehen“, ohne ständig angesproch­en zu werden oder unter besonderer Beobachtun­g zu stehen. Das immerhin hat er Daniel Rapp voraus.

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FOTO: ANNETTE VINCENZ Oswald Metzger auf dem Balkon seiner Ravensburg­er Wohnung. Der Publizist pendelt seit einigen Jahren zwischen Berlin und Ravensburg.

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