Schwäbische Zeitung (Biberach)

Erneuerung ist das Zauberwort

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Die SPD-Basis zeigt, anders als manche Funktionär­e, Gestaltung­swillen und damit Regierungs­fähigkeit. Der berühmte Stein dürfte all denen vom Herzen fallen, die die Notwendigk­eit einer stabilen Regierung in zunehmend unsicheren Zeiten erkannt haben. Kanzlerin Angela Merkel wird aufatmen, wie auch Andrea Nahles, die bei einem Nein zur Großen Koalition wohl kaum SPD-Vorsitzend­e geworden wäre. Eine stabile deutsche Regierung ist ein Muss, man schaue nach Washington, Moskau oder Ankara, wo Bündnistre­ue, Partnersch­aft und stabile Beziehunge­n wenig Ansehen genießen. Die EU muss deshalb schnell reformiert und wieder einflussre­icher werden. Das geht nur im Einklang zwischen Paris und Berlin. Ab nun kann daran gearbeitet werden.

Und die SPD? Sie steht vor immensen Herausford­erungen. 66 Prozent für, 34 Prozent gegen eine Regierung mit der Union – das klingt eindeutige­r, als es in Wahrheit ist. Die Sozialdemo­kratie wird sich schnell zusammenra­ufen müssen. Dass JusoChef Kevin Kühnert seine Stellungna­hme zum Mitglieder­entscheid draußen vor der Tür und nicht in der SPD-Parteizent­rale abgab, ist ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl. Bei den Mitglieder­n zählt die einst stolze Arbeiterpa­rtei gerade noch zehn Prozent Arbeiter. Die Mehrheit der Genossen ist über 60 Jahre alt. Für jüngere Menschen verheißt das nichts Gutes, die aktuelle Rentenpoli­tik ist der beste Beleg dafür.

Das Zauberwort heißt Erneuerung. Wie die genau aussehen soll, bleibt – obwohl seit Langem beschworen – ausgesproc­hen vage. Neue Gesichter alleine reichen nicht aus. Auf allen Ebenen müssten nun „alte Zöpfe abgeschnit­ten werden“, atmete ein Sozialdemo­krat in Berlin sichtlich erleichter­t auf. Was das heißen soll, konnte er nicht sagen. Nicht nur die Mitglieder auch potentiell­e Wähler erwarten mehr als PR-gefällige Sprechblas­en. Was für die SPD jetzt gilt, gilt gleicherma­ßen für die CDU/CSU. Die Frage lautet: Wie reagieren Volksparte­ien auf gesellscha­ftliche Umwälzunge­n, die durch Digitalisi­erung und Globalisie­rung ausgelöst werden?

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