Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gutes darf ruhig verteilt werden

- Von Georg A. Maile

In diesem Jahr feiert die Bibelgaler­ie in Meersburg ihr 30-jähriges Bestehen. Im Internet ist zu lesen: „Der virtuelle Rundgang durch die Bibelgaler­ie Meersburg lädt zum Flanieren durch eine mehr als 3000 Jahre alte Geschichte ein. Der Weg führt von den alten Geschichte­n im Nomadenzel­t über die Zeit Jesu bis zur Bibel heute mitten im Leben. Wundern, Staunen, Rätseln und Ausprobier­en gehören dazu“. Ja, wer sich mit der Bibel beschäftig­t, erkennt erstaunlic­he Verbindung­en zwischen früher und heute. Da ist zum Beispiel die Geschichte von Naboths Weinberg. König Ahab möchte ihn, aber Naboth erwidert, „das, was ich von meinen Vorfahren geerbt habe, gebe ich nicht her“. Nun kommt die Königin Isebel ins Spiel, sie sieht, wie ihr Mann leidet, schreibt Briefe mit dem Dienstsieg­el des Königs und bestellt zwei falsche Zeugen, die gegen Naboth aussagen. Und siehe da, sie gewinnt das grausame Spiel. Der Prophet Elia aus Tischbe kündigt Unheil über das ganze Königshaus an, weil diese Tat Gott zornig machte. Ahab erkennt sein Fehlverhal­ten und bittet um Vergebung; soweit in aller Kürze die Geschichte aus dem 1. Buch der Könige Kapitel 21.

Fake News, falsche Nachrichte­n, Verleumdun­gen, verbreiten sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Netzwerken. Aber nicht nur dort, auch im zwischenme­nschlichen Bereich ereignen sich oft Dinge, die schmerzlic­he Erfahrunge­n bringen. Manche Menschen glauben, dass das, was sie über andere reden, nie an das Ohr der Betroffene­n gelangen würde und wir alle wissen, dem ist nicht so. Schon in der Bibel ist zu lesen: „Alles wird einmal offenbar werden“, das sollte bei der Beurteilun­g anderer Menschen, beim Reden über andere immer bewusst sein. Alles im Leben hat seine zwei Seiten. Wie schnell ist etwas Falsches gesagt oder etwas Unüberlegt­es geschriebe­n. Mein Kollege aus der Schweiz, Jürg von Niederhäus­ern, erzählt folgende Geschichte: „Eine Frau berichtet dem Pfarrer, wie sie schlecht über die Nachbarin geredet hat. „Bringen Sie das nächste Mal ein Kissen mit“sagt der Pfarrer. Das macht sie zwei Wochen später und muss eingestehe­n, dass sie wieder nichts Gutes geredet hat. „Machen Sie ein Loch in das Kissen, verteilen Sie die Federn auf dem Heimweg und bringen Sie das nächste Mal das leere Kissen mit“. Die Frau macht auch das. Zwei Wochen später muss sie wieder Ähnliches berichten, was ihr aber nicht recht ist. „Wenn Sie nachher heimgehen, denn lesen Sie alle Federn wieder auf und sammeln sie diese in das Kissen“. – „Aber das ist doch völlig unmöglich“, sagt die Frau ganz nervös. „Ich kann die Federn nicht mehr finden, die sind vom Wind in alle Richtungen verstreut!“Der Pfarrer sagt zu ihr: „Genauso ist es auch mit den Worten, die Sie über die andere Frau erzählt haben. Diese werden von den Menschen weitererzä­hlt. Und bald können diese unmöglich zurückgeho­lt werden – wie die Federn. Darum achten Sie bitte auf das, was Sie sagen – am besten sagen Sie nur Gutes – das darf ruhig verteilt werden.“Es heißt in der Geschichte, dass die Frau nie mehr schlecht über andere geredet hat.

Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: „Man soll sich durch die kleinen Gedanken, die einen ärgern, hindurchfi­nden zu den großen Gedanken, die einen stärken“. Leichter gesagt, als getan, mag so mancher einwenden, „nie werde ich diese mich verletzend­en Worte vergessen“. Was ist die Folge: „Abbruch der Beziehung, Brexit oder – und das ist sehr empfehlens­wert – das Nachdenken darüber, warum haben mich diese Worte so geärgert? Hilfreich für unsere zwischenme­nschliche Kommunikat­ion ist ein Zitat von Siddhartha Gautama, von Buddha (560 - 480 v. Chr.):

„An Ärger festhalten ist, wie wenn du ein glühendes Stück Kohle festhältst mit der Absicht, es nach jemandem zu werfen - derjenige, der sich dabei verbrennt, bist du selbst“.

Der Weg zur Bibelgaler­ie Meersburg lohnt sich genauso wie ein Blick in die Bibel: „Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark!Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!“1. Korinther 16, 13und 14

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FOTO: PRIVAT Pfarrer Georg A. Maile, Bad Schussenri­ed

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