Schwäbische Zeitung (Biberach)
Stadtpokal - Prestige oder Pausenfüller?
„Der sportliche Wert ist groß.“
Das hat Walter Boscher seinem Neffen Simon voraus: Der 64-Jährige hat mit seinem Heimatverein SV Ringschnait bereits den Biberacher Fußball-Stadtpokal gewonnen. Das war im Jahr 1986. „Das haben wir auch gut gefeiert“, erinnert sich Walter Boscher. Zu diesem Zeitpunkt war Simon Boscher gerade mal rund ein halbes Jahr alt. Für die Ringschnaiter war es der erste Erfolg beim Stadtpokal, weitere folgten 1993 und 1997. Walter Boscher war von 1970 bis 2000 – mit zwei halbjährigen Unterbrechungen beim FV Biberach und beim VfB Reichenbach/Fils – Torwart beim SVR. Er hat oft beim Stadtpokal mitgespielt, der zwischen 1982 und 1994 durchgängig ausgetragen wurde. „Der Stadtpokal hatte in den Anfangszeiten einen hohen Stellenwert. Alle waren heiß darauf, das Turnier zu gewinnen“, sagt er. „Mit der Zeit hat dann das Interesse und der Stellenwert nach und nach abgenommen.“Die Spiele gegen den FV Biberach seien immer das Größte gewesen, auch wenn der Verein nie mit der ersten Mannschaft dabei war, die seinerzeit ja noch in der Verbands- oder Oberliga gespielt habe. „Dass der FV jetzt erstmals mit der ersten Mannschaft dabei ist, zeigt, dass die anderen Vereine aufgeholt haben, aber auch, dass der FV nicht mehr so gut ist wie früher“, so Walter Boscher. „Das ist immer noch eine Folge der Insolvenz.“Dass nun neben den direkten Nachbarvereinen FC Mittelbiberach, SGM Warthausen/Birkenhard und TSV Ummendorf unter den sieben Stadt- und Teilortvereine auch die „Erste“des einstigen BezirksFlagschiffs mitspielen wird, erhöht für ihn den Reiz des Turniers: „Jeder will ja den FV Biberach schlagen.“
Der FV Biberach ist für Simon Boscher bei der Neuauflage des Stadtpokals am 4./5. August, den der SSV Biberach zum eigenen Zehnjährigen ausrichtet, Favorit. „Wir wollen es dem FV aber so schwer wie möglich machen“, sagt der Spielertrainer des SV Ringschnait, der aktuell Tabellendritter in der Bezirksliga Riß ist und vier Punkte hinter dem Spitzenreiter FV Biberach liegt. „Ich freue mich auf den Stadtpokal und vor allem darauf, zum ersten Mal mitzuspielen. Bisher kenne ich ihn ja nur vom Hörensagen“, sagt der 32-Jährige. „Vielleicht können wir ja an die Glanzzeiten des SVR anknüpfen.“Er findet es wie sein Onkel, seit 2004 Ringschnaits Ortsvorsteher, jedenfalls gut, dass es das Turnier wieder gibt. „Das ist eine interessante Sache. Zum einen können sich die Vereine austauschen“, sagt Simon Boscher. „Der sportliche Wert ist groß, schließlich wird der beste Verein in Biberach ermittelt.“Ein Gerümpelturnier sei es keinesfalls, sondern eine wichtige Standortbestimmung in der Vorbereitung auf die rund zwei Wochen später startende neue Saison. „Da kann man sicher gute Erkenntnisse gewinnen, wo es noch hakt“, so Simon Boscher. „Wir werden das Turnier auf jeden Fall mit der ersten Mannschaft bestreiten.“
Dass der Stadtpokal relevant sei, um das Niveau des Fußballs in der Stadt anzuheben, kann sich Walter Boscher nicht vorstellen. „Es ist ein Kräftemessen der Vereine innerhalb der Stadt“, sagt er. „Drei Vereine in einer Stadt mit 30 000 Einwohnern, das kann nicht funktionieren, um die Fußballstadt Biberach wieder in höhere Sphären zu bringen.“Für Simon Boscher ist das Niveau des Fußballs in der Stadt nicht viel schlechter geworden. „Aber es gibt keinen Verein mehr, der heraussticht. In der Breite ist der Biberacher Fußball stärker geworden.“Das Ziel des SVR für den Stadtpokal formuliert er klar: „Wir wollen das Turnier auf jeden Fall gewinnen, schließlich sind wir Titelverteidiger. Das wäre auch wichtig fürs Renommee.“Außerdem würde es Simon Boscher begrüßen, wenn es den Stadtpokal über 2020 hinaus – Ausrichter 2019 ist die SG Mettenberg und 2020 der FV Biberach – geben würde: „Es wäre auf jeden Fall ein gutes Vorbereitungsturnier wie der Schussenpokal rund um Ravensburg.“