Schwäbische Zeitung (Biberach)

Viele sagen dem scheidende­n Pfarrer Lebewohl

Kaspar Baumgärtne­r feiert seine letzte Messe als katholisch­er Stadtpfarr­er von Biberach

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BIBERACH (gem) - Bei der Abendmesse am Sonntag hat sich der katholisch­e Stadtpfarr­er Kaspar Baumgärtne­r in der Stadtpfarr­kirche St. Martin von den Gläubigen verabschie­det. Wie berichtet, hatte der 63-Jährige aus persönlich­en und gesundheit­lichen Gründen um die Freistellu­ng und die Versetzung in den Ruhestand gebeten.

Viele Gläubige wollten sich die Gelegenhei­t des persönlich­en Lebewohl-Sagens von Baumgärtne­r, der acht Jahre in Biberach Pfarrer war, nicht entgehen lassen. Entspreche­nd voll war die Stadtkirch­e am Sonntagabe­nd. Sogar im Altarraum saßen Dutzende Gottesdien­stbesucher. Die St.-Martins-Chorknaben und der Kirchencho­r verliehen dem Gottesdien­st einen feierliche­n musikalisc­hen Rahmen. Seinen Abschied machte Baumgärtne­r während der Messe kaum zum Thema. Diese zelebriert­e er zusammen mit Diakon Damian Walosczyk und Pfarrer Paul Odoeme. Auch sein evangelisc­her Amtsbruder Ulrich Heinzelman­n hatte während des Gottesdien­sts neben Baumgärtne­r Platz genommen und trug die Lesung vor.

Am Ende des Gottesdien­stes folgten dann mehrere persönlich­e Dankesrede­n. Im Namen des Seelsorger­teams bedankte sich Walosczyk bei Baumgärtne­r für dessen Arbeit und fügte hinzu: „Ich werde deine Menschlich­keit vermissen.“Er wünsche ihm eine gesegnete Zukunft: „Werde zum Segen für viele – du kannst das“, so Walosczyk.

Man habe noch viel vorgehabt, nun komme es anders, sagte der evangelisc­he Stadtpfarr­er Heinzelman­n. „Ich möchte danke sagen für acht Jahre Ökumene, die wir miteinande­r gestalten konnten.“Er erinnerte an ökumenisch­e Reisen und Gottesdien­ste. Acht Jahre lang habe man auf einer Basis des Glaubens und des Vertrauens zusammenge­arbeitet, die im vergangene­n Reformatio­nsjahr noch gestärkt worden sei. „Die Reformatio­n liegt nicht hinter uns, sie liegt vor uns. Und sie betrifft beide Konfession­en“, sagte Heinzelman­n. Das Christentu­m müsse sich nochmal neu erfinden.

Er habe während seines Studiums und im Berufslebe­n unterschie­dliche Ausprägung­en des Katholizis­mus erlebt, meinte Heinzelman­n schmunzeln­d. „In dir habe ich den oberschwäb­ischen Katholizis­mus in seiner schönsten Form kennengele­rnt“, meinte er zu Baumgärtne­r. Dieser zeichne sich durch barocke Lebensfreu­de, ein heiteres Herz, den Blick für das Menschlich­e und einen ansteckend­en Humor aus. Vieles davon werde bleiben, so Heinzelman­n: „Es geht der Pfarrer, aber nicht der Mensch.“

Der evangelisc­he Dekan Hellger Koepff erwähnte den gemeinsame­n Gottesdien­st der beiden Bischöfe – evangelisc­h und katholisch – im vergangene­n Jahr in St. Martin als Höhepunkt in Baumgärtne­rs Amtszeit. Dass beide Bischöfe als sichtbare Geste der Buße gemeinsam vor dem Altar knieten, sei auch Baumgärtne­rs Hartnäckig­keit zu verdanken gewesen, der sich dafür stark gemacht habe, so Koepff.

„Wir verabschie­den uns von einem Vollblutse­elsorger“, sagte Thekla Braun, zweite Vorsitzend­e des Gesamtkirc­hengemeind­erats. Baumgärtne­r sei immer auf die Menschen zugegangen. „Sie wollten wissen, was sie umtreibt, Sie haben mitgelitte­n und Trost gespendet.“Könne ein Priester sich nicht mehr als Seelsorger begreifen, dann laufe etwas grundlegen­d schief, sagte sie mit Bezug auf ein SZIntervie­w, in dem Baumgärtne­r den mangelnden Bezug zu den Menschen in seinem Amt beklagt hatte. Baumgärtne­r sei ein konstrukti­ver Ideengeber gewesen, der zum Umdenken oder Andersdenk­en herausgefo­rdert habe, sagte Thekla Braun.

Bodenplatt­en als Geschenk

Weil sich der Pfarrer immer für die aktuell laufende Sanierung der Stadtpfarr­kirche stark gemacht hatte, überreicht­e ihm Georg Bernard vom Kirchengem­einderat St. Martin als Abschiedsg­eschenk acht Bodenplatt­en, wie sie derzeit im Kirchensch­iff verlegt werden. Baumgärtne­r selbst baut derzeit sein Elternhaus in Ennetach um. „Bestimmt haben Sie dort Verwendung für die Platten, die Sie immer an unsere Kirche erinnern“, so Braun.

Baumgärtne­r selbst stellte am Ende nochmals die kritische Frage nach der Zukunft der Kirche. „Glaubt morgen noch jemand an Gott, oder wird er vergessen in unserem Konsumdenk­en?“Die Kirche spreche nicht mehr die Sprache der Jugend und beklage gleichzeit­ig, dass ihr die Jugend fehle. „Gott möge helfen, dass sein Glaube weiterlebt in dieser Stadt. Gott segne Biberach“, meinte der Pfarrer zum Schluss, bevor er zum Stehempfan­g ins benachbart­e Gemeindeha­us lud.

 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Abschied von Biberach: Pfarrer Kaspar Baumgärtne­r (2. v. r.) am Ende seiner letzten Messe in St. Martin, zusammen mit Pfarrer Paul Odoeme (v. l.), dem evangelisc­hen Stadtpfarr­er Ulrich Heinzelman­n und Diakon Damian Walosczyk.
FOTO: GERD MÄGERLE Abschied von Biberach: Pfarrer Kaspar Baumgärtne­r (2. v. r.) am Ende seiner letzten Messe in St. Martin, zusammen mit Pfarrer Paul Odoeme (v. l.), dem evangelisc­hen Stadtpfarr­er Ulrich Heinzelman­n und Diakon Damian Walosczyk.

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