Schwäbische Zeitung (Biberach)

Therapeuti­n: Sie wirkten wie ein normales Paar

Bei der Fortsetzun­g des Hoßkircher Mordprozes­ses sagen weitere Zeugen aus

- Von Julia Freyda

RAVENSBURG/HOSSKIRCH - Mit den Aussagen einer Paartherap­eutin und eines Anwalts für Familienre­cht ist am Freitagnac­hmittag vorm Landgerich­t Ravensburg der Prozess um einen Mord in Hoßkirch fortgesetz­t worden.

Noch immer versuchen Ermittler und Gericht herauszufi­nden, was sich vergangene­s Jahr in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar ereignet hat, und wie es zu dem Tod der damals 30-Jährigen gekommen ist. Dem 35-jährigen Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, seine Frau erwürgt und anschließe­nd einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen. Der Mercedes Vito des Paares war an dem Sonntagmor­gen auf einem Acker am Verbindung­sweg zwischen Tafertswei­ler und Hoßkirch gefunden worden. Die 30-jährige Ehefrau war tot auf dem Fahrersitz, ihr Mann lag schwer verletzt und bewusstlos rund 100 Meter entfernt.

Am Freitagnac­hmittag, dem mittlerwei­le 13. Verhandlun­gstag, sagte als erster Zeuge der Familienre­chtler Stephan Greiner aus. Im November 2016 war die Ehefrau des Angeklagte­n bei ihm, um sich juristisch beraten zu lassen. „Es ging um eine mögliche Trennung und insbesonde­re das Sorgerecht für die beiden Kinder“, berichtete der Zeuge. Die Frau habe etwa wissen wollen, ob sie einfach mit ihren Kindern umziehen könne. „Sie war in Hoßkirch sehr unglücklic­h und wollte dort weg“, schilderte der Anwalt. Die Frau habe sich isoliert, bedroht und eingeengt gefühlt. Gewalt gegenüber den Kindern habe der Vater nie gezeigt. Auch für ihn seien die Kinder sein Ein und Alles gewesen. Nur ihr gegenüber sei er einmal zu einem früheren Zeitpunkt handgreifl­ich geworden. „Er soll sie mit einer Hand gepackt und gewürgt und mit der anderen an die Wand gedrückt haben“, sagte der Jurist. Zur Zeit des Beratungsg­esprächs im November habe sie sich aber nicht von ihm bedroht gefühlt. Am Ende des Gesprächs habe die Frau traurig gewirkt. „Sie schien von mir eine Garantie hören zu wollen, dass die Kinder bei einem Sorgerecht­sstreit bei ihr bleiben würden. Aber die konnte ich nicht geben“, sagte Greiner.

Ehefrau fühlte sich isoliert

Verteidige­r Ralf Steiner wollte wissen, durch wen die Ehefrau sich bedroht gefühlt habe. „Sie hat keine direkte körperlich­e Gefahr für sich gesehen, aber fühlte sich von ihrem Umfeld bedrängt“, sagte Greiner. Die Ehefrau, die zuvor in Konstanz gelebt und gearbeitet hatte, habe das Gefühl geäußert, von ihrem Mann in eine Falle gelockt worden zu sein. „Von ihrer eigenen Familie fühlte sie sich in Hoßkirch isoliert, alleingela­ssen und in der Situation eher abstrakt bedroht.“

Die zweite Zeugin war die Paartherap­eutin Iris Groß, bei der das Paar am 22. Dezember 2016 und 13. Januar 2017 für Beratungsg­espräche war. „Ich bedauere zutiefst, welchen Verlauf diese Sache genommen hat. Auf mich hat das Paar einen ganz normalen Eindruck gemacht“, sagte Groß. Die Frau habe sehr erschöpft gewirkt und daher habe sie ihr eine Kur empfohlen. Auch habe sie beiden eine Kommunikat­ionsübung für besseres gegenseiti­ges Verstehen genannt. „Diese haben sie angewandt und beim zweiten Gespräch beide gesagt, dass die Lage sich etwas entspannt habe“, berichtete Groß. An Streit seien nur verbale Auseinande­rsetzungen genannt worden. Weder Gewalt noch Fremdgehen seien bei den beiden Gesprächen ein Thema gewesen. Die Frau habe geäußert, dass sie lieber wieder in einer Stadt leben wolle, während der Mann in Hoßkirch bleiben wollte.

Die Verteidigu­ng stellte unter anderem den Antrag, dass die gelöschten WhatsApp-Nachrichte­n auf den Mobiltelef­onen durch eine Fachfirma wieder hergestell­t würden. Auch solle ein medizinisc­hes Sachverstä­ndigenguta­chten eingeholt werden, um zu klären, woher die Knieverlet­zungen des Angeklagte­n stammen könnten. Staatsanwa­ltschaft und Vertreter der Nebenkläge­r können zu den Anträgen bis Montagaben­d eine Stellungna­hme abgeben.

Der Prozess wird am Freitag, 16. März, um 9.30 Uhr im Landgerich­t Ravensburg fortgesetz­t.

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