Schwäbische Zeitung (Biberach)
Weniger Kohle und weniger Atom
Institute schlagen Kompromiss für gemeinsame Energiewende in Deutschland und Frankreich vor
BERLIN - Die Stromversorgung in Deutschland und Frankreich basiert stark auf konventionellen Kraftwerken. Östlich des Rheins stehen viele Kohlekraftwerke, westlich davon kommt ein hoher Anteil der Elektrizität aus Atomanlagen. Für einen koordinierten Rückbau beider Bereiche plädieren nun das französische Institut für Nachhaltige Entwicklung (IDDRI) und die deutsche Organisation Agora Energiewende. Ohne eine abgestimmte Politik bestehe die Gefahr, dass die in beiden Ländern geplante Energiewende nicht richtig funktioniere, heißt es in einer gemeinsamen Studie, die dieser Zeitung vorliegt.
Unterschiedliche Ziele
Sowohl Deutschland als auch Frankreich haben sich Ziele für eine klimafreundliche Elektrizitätsproduktion gesetzt. Die neue Koalition aus Union und SPD will bis 2030 erreichen, dass 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Außerdem wird es wohl zum Abschalten von Kohlekraftwerken kommen, wenngleich es noch keinen verhandelten Plan dafür gibt.
Die französische Regierung strebt bis 2030 an, dass regenerative Energie 40 Prozent der gesamten Stromproduktion ausmacht. Gleichzeitig jedoch sollen die Atomkraftwerke modernisiert werden. Außerdem hat Präsident Emmanuel Macron einen Mindestpreis von 25 bis 30 Euro pro Tonne Kohlendioxid im europäischen Emissionshandel gefordert. Derzeit liegt der Börsenpreis für Emissionszertifikate bei rund elf Euro, was die deutschen Kohlekraftwerke begünstigt. Bundesregierung, und Kohleindustrie haben kein Interesse daran, das der CO schnell und stark steigt.
Diese Gemengelage könne zu erheblichen Problemen führen, befürchten die Experten von Agora und IDDRI. Bleiben die französischen Atomkraftwerke größtenteils am Netz, während Öko-Kraftwerke dazu gebaut werden, entstehen Überkapazitäten. Diese könnten den Strompreis drücken und die Wirtschaftlichkeit auch der modernisierten Kernkraftwerke in Frage stellen. Außerdem kann es zu hohen Exporten vergleichsweise billigen Stroms nach Deutschland kommen, was die Gewinne der hiesigen Stromproduzenten schmälert.