Schwäbische Zeitung (Biberach)
Sorgen in Russland, Polen und Frankreich
Drei Monate vor der Fußball-WM suchen einige mögliche Protagonisten Form und Vertrauen
BERLIN (dpa) - Frankreich muss sich von einem sportlichen „Stromausfall“erholen, Polen das Lewandowski-Problem lösen, und Gastgeber Russland einen Disco-Vorfall verdauen: Zwölf Wochen vor dem Beginn der FußballWM wartet auf einige Teilnehmer zwar noch viel Arbeit, doch schon in dieser Woche bieten sich Chancen zur Besserung. Polen kann sich gegen Deutschlands Vorrundengegner Südkorea am Dienstag das richtige WMGefühl holen, Argentiniens Lionel Messi steht vor seinem ersten Einsatz 2018. Nach einem Discobesuch sind die Ex-Bundesligaprofis Roman Neustädter und Konstantin Rausch mit Russland gegen Frankreich derweil um sportliche Besserung bemüht – falls Trainer Stanislaw Tschertschessow ihnen das Vergehen verzeiht.
Das eingebürgerte Duo wurde am Samstag vom russischen Verband nach dem Besuch in einem Moskauer Nachtclub mit einer Geldstrafe belegt. Das Verhalten verstoße gegen die Regeln und schade dem Image der Nationalmannschaft, teilte der Verband mit. Neustädter und Rausch waren Medienberichten zufolge nach dem misslungenen Testspiel gegen Brasilien (0:3), bei dem sie beide nicht zum Einsatz kamen, mit Freunden nach Mitternacht im Zentrum der Hauptstadt unterwegs. „Wir werden unser Bestes geben, um diesen Fehler nicht zu wiederholen“, wurden die Profis in der Mitteilung des Verbandes zitiert.
Der Vorfall kommt zur Unzeit, denn sportlich haben die Russen genügend Sorgen. Gegen den fünfmaligen Weltmeister waren sie völlig chancenlos – und können die Realität nicht mehr ausblenden. „Wir müssen jetzt beginnen, unsere Probleme zu lösen und die Fehler zu korrigieren“, sagte Trainer Stanislaw Tschertschessow. Die russischen Erwartungen schwanken zwischen Größenwahn und Fatalismus, die Zeitung „SportExpress“äußerte generelle Bedenken: „Erstens hat unsere Mannschaft ein seltsames Selbstvertrauen, das auch an einen gewissen Wahnsinn grenzt. Und das ist auch das zweite Problem: Damit kann man die sportlichen Mängel des russischen Teams nicht wegargumentieren.“
Mit den Franzosen wartet nun schon der zweite Top-Gegner in der Vorbereitung, doch auch der Vize-Europameister muss sich steigern. „Ein Misston zur Eröffnung“, schrieb die Sportzeitung „L'Équipe“nach dem 2:3 gegen Kolumbien. „Dieser unerwartete Rückschlag beweist, dass Frankreichs Team noch sehr bröckelig ist.“Trainer Didier Deschamps sprach von einem „Stromausfall“und prangerte „Selbstgefälligkeit“an. Eine 2:0-Führung reichte am Freitagabend nicht, Kolumbien schaffte noch den ersten Sieg gegen Frankreich überhaupt.
Bei den Plen setzte sich beim 0:1 in Breslau gegen Nigeria eine Serie fort, die Trainer Adam Nawalka ins Grübeln bringen könnte. Trifft Lewandowski nicht, kann Polen nicht gewinnen. Seit der EM 2016 hat Polen in allen fünf Partien, in denen Lewandowski kein Tor erzielte, auch keinen Sieg geschafft. Seit drei Spielen ist Polen nun sogar gänzlich ohne Treffer, gegen die Südkoreaner soll sich das ändern.
Messi gegen Spanien
Vor seinem ersten Länderspiel in diesem Jahr steht Argentiniens Superstar Lionel Messi am Dienstag in Madrid gegen Spanien. „Hoffentlich bin ich fit, um zu spielen. Ich habe jetzt ein paar Tage mehr, um auszuruhen“, sagte der 30-Jährige, der am Freitag beim 2:0 gegen Italien pausiert hatte.
Bei Italien stand der 40 Jahre alte Gianluigi Buffon als Vertreter der ruhmreichen Vergangenheit im Tor – im Duell mit England darf am Dienstag die Zukunft ran. Noch hat der 19 Jahre alte Gianluigi Donnarumma kein Pflichtspiel für die Squadra Azzurra absolviert, wird aber den großen Gigi langfristig beerben. Die Gegenwart ist nach der WM eher trist, immer noch sucht Italien die langfristige Lösung auf der Trainerbank.
Portugal siegte im ersten Härtetest 2:1 gegen Afrikameister Ägypten. Dabei wurde einmal mehr die Abhängigkeit von Superstar Cristiano Ronaldo deutlich. Erst zwei Tore in der Verlängerung sicherten den Erfolg, heute wartet in Genf gegen die nicht für die WM qualifizierten Niederlande eine anspruchsvollere Aufgabe.