Schwäbische Zeitung (Biberach)
Als Höhepunkt erklingt die Glashütter Passion
Chor Belcanto gibt unter der Leitung von Ralf Klotz ein Konzert am Karfreitag
BIBERACH - Zu Christi Sterbestunde hat der Chor Belcanto unter der Leitung von Kantor Ralf Klotz am Karfreitag in der evangelischen HeiligGeist-Kirche ein spirituelles Passionskonzert gegeben.
Es begann mit Johann Sebastian Bachs Orgelchoralbearbeitung BWV 653 „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“in ruhig schlichter Tonführung. Kantor Klotz spielte zusammen mit der Cellistin Alice Hurwood.
Pfarrerin Daniela Bleher las einen kurzen Text aus dem Buch „Oskar und die Dame in Rosa“von Eric-Emmanuel Schmitt. Darin geht es um den Dialog mit einem krebskranken Jungen und die Ansprache an Gott aus Sicht des Kindes.
Von Heinrich Isaac (Arrigo Tedesco), einem Renaissancekomponistenund Sänger folgte ein Chorsatz mit kontrapunktischer Qualität: „O Welt, sieh hier dein Leben am Stamm des Kreuzes schweben.“Danach spielte die Cellistin das Prelude aus der ersten Cello-Suite von Bach. Der Satz ist eine harmonische Studie in gleichmäßigem Rhythmus, beginnt mit Arpeggien, erinnert an andere Präludien aus dem „Wohltemperiereten Klavier.“
Die Pfarrerin las dann von WolfDieter Steinmann Gedanken über Karfreitag, über sehr menschliche Verhaltens- und Reaktionsweisen und stellte Bezüge zum Gekreuzigten her.
Der Chor „Belcanto“sang, zusammen mit dem Solo-Cello, den Eingangschor „O Lamm Gottes unschuldig“von Ralf Klotz, seinerzeit neu komponiert für seine Neufassung der Johannes-Passion von Joachim von Burck aus dem 16. Jahrhundert. Danach spielte Alice Hurwood das zweite Prelude aus der zweiten Bachschen Cello-Suite, interpretiert mit klaren Linien und sorgsamer Grundierung. Daniela Bleher las von Thomas Brandis Schilderungen schikanöser Verhaltensweisen bei Jesu’ Kreuzigung sowie des Autors religiös-philosophische Ableitungen aus Christi Tod.
Als Höhepunkt und Abschluss präsentierten alle zusammen die „Glashütter Passion“eines unbekannten erzgebirgischen Barockmeisters. Dazu schreibt Ralf Klotz im Programmblatt: „Die Passionsvertonung entstand vermutlich kurz vor 1700. Die auf Luther und Johann Walter zurückgehende Tradition der responsorialen Passion erfährt in der ,Glashütter Passion’ zum letzten Mal eine kompositorische Gestaltung, die jedoch mit manchem Detail bereits in das 18. Jahrhundert weist. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt das Werk, das ohne Angabe eines Komponisten überliefert ist, aus dem Kreis der Musiker der Hofkapelle in Dresden.“
Chorsatz zu Beginn und am Ende
Der wortgetreue Bibeltext entstammt allen vier Evangelien. Bei dieser Passionsharmonie erklingen, anders als bei anderen Passionen, alle insgesamt sieben Worte Jesu am Kreuz. Und man hörte einen musikalisch spannenden Wechsel von Rezitativen, dialogisch zwischen den Stimmgruppen, die die Handlung erzählen, vorangetrieben wie die Stimmen der tenoralen Evangelisten bei den großen Passionen von Bach und anderen. Die klangreichen und musikalisch spannungsvollen Chöre der elf Frauen und vier Männer unterbrechen die Handlungsschilderungen, machen Gedanken und Gefühle hörbar. Je ein Chorsatz eröffnete und schloss das Werk auch ab.
Kantor Ralf Klotz leitete mit knappen, aber intensiven Bewegungen, begleitete und stützte die Sänger akkordisch von der Kastenorgel. Sänger, Cellistin, Dirigent und Sprecherin schufen eine dem Anlass entsprechende kontemplative Stimmung, die durch keinen Applaus eingeschränkt wurde.