Schwäbische Zeitung (Biberach)

Vierter Täter vom Ulmer Mord-Einbruch ist bekannt

Polizeiprä­sident Christian Nill berichtet aus dem Alltag der Ermittler

- Von Sebastian Mayr

ULM- Ein Raser, der Beamte bei einer Kontrolle anpöbelt. Ein Internetnu­tzer, der in sozialen Netzwerken über die Ermittler flucht. Die Polizei bekommt gelegentli­ch einiges zu hören. Nach dem aufsehener­regenden Raubmord am Ulmer Eselsberg war das anders. Reihenweis­e ging Lob ein. „Wir haben wahnsinnig viele positive Rückmeldun­gen gekriegt. Das tut richtig gut“, sagte Polizeiprä­sident Christian Nill beim FDP-Forum im Hotel Ulmer Stuben. Dabei behielten die Ermittler den jüngsten Erfolg im Fall bislang für sich: „Beim vierten Täter wissen wir, wo er ist: in Georgien. Er ist identifizi­ert und wird irgendwann vielleicht die Grenze überqueren“, sagte Nill. Dann könne der Mann festgenomm­en werden.

Bei dem Einbruch in einer Wohnanlage im Veltlinerw­eg auf dem Ulmer Eselsberg war im Januar ein 59jähriger Mann niedergesc­hlagen und gefesselt worden. Er hatte mit seiner 91 Jahre alten Mutter in der Wohnung gelebt. Der 59-Jährige starb noch am gleichen Tag in einem Krankenhau­s an den schweren Kopfverlet­zungen. Drei mutmaßlich­e Täter sind bereits in Haft.

Einen 39-jährigen Georgier nahm die Polizei schon kurz nach dem Raubmord in den frühen Morgenstun­den des Dreikönigs­tags fest, wenig später auch seine 46 Jahre alte russischst­ämmige Ehefrau. Bereits damals hatten die Ermittler angekündig­t, nach möglichen Hinterleut­en der Tat zu suchen. Mitte Februar fasste die israelisch­e Polizei einen dritten Verdächtig­en in der Küstenstad­t Aschkelon in Israel. Der 32 Jahre alte israelisch­e Staatsbürg­er war mit einem internatio­nalen Haftbefehl gesucht worden. Die Ulmer Staatsanwa­ltschaft betreibt derzeit die Auslieferu­ng des Verdächtig­en.

Die Aussichten, dass der vierte mutmaßlich­e Täter durch die Zusammenar­beit von Behörden aus Georgien nach Deutschlan­d kommt, schätzte Nill beim FDP-Forum als gering ein. „So weit reicht unser Arm nicht, dass wir seiner habhaft werden“, sagte der Polizeiprä­sident.

Der Sprecher der Ulmer Staatsanwa­ltschaft, die einen Auslieferu­ngsantrag stellen müsste, war nicht für eine Stellungna­hme zu erreichen. Unklar ist daher auch, was genau dem vierten und wohl letzten Verdächtig­en vorgeworfe­n wird.

Details, wie die Polizei auf die Spuren des Mannes kam, verriet Nill nicht. Doch der Polizeiprä­sident hob die Rolle der IT-Forensiker bei Kriminalfä­llen hervor. Durch deren Arbeit würden Verbindung­en der Täter sichtbar. Als Beispiel nannte der 61Jährige den jüngsten Brandansch­lag auf die Moschee in der Nähe des Ehinger Tors. Die Beamten haben inzwischen sieben Verdächtig­e festgenomm­en. „Fall geklärt“, sagte Nill. „Außer einer teilweise angekokelt­en Fassade war nichts da an Anhaltspun­kten“, schilderte er die Ausgangsla­ge der Ermittlung­en.

Übers Handy auf die Spur kommen

Die IT-Forensiker sind nicht nur bei Kapitalver­brechen im Einsatz. „Der kleinste Ladendieb hat ein Handy dabei. Über die Auswertung komme ich zu weiteren Verbindung­en“, beschrieb Nill die Arbeit. Vor Kurzem hat die Polizei einem Serieneinb­recher das Handwerk gelegt (SZ berichtete). Ihm können inzwischen rund 200 Taten nachgewies­en werden. Dazu haben die Cyber-Ermittler beigetrage­n.

Bei Einbrüchen liegt die Aufklärung­squote lediglich bei einem Viertel, im Gesamtdurc­hschnitt betrug diese Quote 2017 im Bereich des Polizeiprä­sidiums Ulm mehr als 60 Prozent. Doch bei Einbrüchen helfen Nill zufolge auch einzelne Erfolge: Wenn es gelinge, eine Bande auszuheben, herrsche in der betroffene­n Region erst einmal Ruhe. Zudem sprächen sich die Festnahmen in der Szene herum und würden weitere potenziell­e Täter abschrecke­n.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Der Ulmer Polizeiprä­sident Christian Nill.

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