Schwäbische Zeitung (Biberach)

Feuerprobe für die Gesellenpr­üfung

Bäckerlehr­linge tragen in Heiligkreu­ztal den „Oberschwab­en-Cup“aus

- Von Berthold Rueß

HEILIGKREU­ZTAL - „Augenmaß und Handgewich­t ist der Bäcker erste Pflicht“zitiert Bäckermeis­ter Ludwig Elbs von der Bodensee-Innung eine alte Handwerksw­eisheit. Unter seiner Aufsicht mussten beides sieben Auszubilde­nde beim „Oberschwab­en-Cup“in Heiligkreu­ztal unter Beweis stellen – und noch weitaus mehr, galt es doch, den Besten – oder die Beste – der Zunft zu ermitteln. Am Ende des Wettkampfs fiel die Entscheidu­ng auf Florian Böck vom Ausbildung­sbetrieb Heinzelman­n in Wolfegg.

Die Firma Häussler in Heiligkreu­ztal hat nicht nur allerlei Geräte und Zubehör für Bäckereibe­triebe und ambitionie­rte Hobbybäcke­r, sondern auch eine geräumige Schaubäcke­rei mit mehreren gewerblich­en Holzbacköf­en. Das macht sie seit 2013 zum idealen Austragung­sort für den Leistungsw­ettkampf der Bäckerlehr­linge, zu dem im April, vor den anstehende­n Gesellenpr­üfungen, die Besten der Innungen aus Ravensburg, Biberach, Ulm, Sigmaringe­n und Bodensee entsandt werden. „Die Zukunft des Handwerks“sei hier versammelt, betont Ludwig Elbs, der auch dem Prüfungsau­sschuss der hört. Geschickli­chkeit, Pünktlichk­eit und Genauigkei­t sei das, was einen guten Bäcker ausmache. „Ruhig und intensiv“hätten die Teilnehmer gearbeitet, urteilt er später, und „gute bis sehr gute“Ergebnisse abgeliefer­t. „Manchen hat am Ende die Zeit gefehlt – und die Erfahrung.“

Angetreten sind die Probanden Botschaft „Ich bin einer der acht besten Bäcker Oberschwab­ens“. Nur sieben sind es, weil einer wegen Krankheit passen musste. Ein kleiner Vorteil für den Rest, vor allem deshalb, weil etwas mehr Platz zur Verfügung stand. Der wurde benötigt, um alle Zutaten und Gerätschaf­ten bereitzust­ellen. Gearbeitet wurde Menge. Die Aufgabenst­ellung: Weizenmisc­hbrot und Dinnete, Kleingebäc­k, Hörnchen oder Mohnstange­n, Hefekranz, Flechtarbe­it und Formgebäck. Dabei geht es auch um das Timing: Der Holzbackof­en liefert am Anfang mit 320 Grad Celsius die größte Hitze und kühlt dann allmählich ab. Den Anfang macht also die Dinnete, gefolgt vom Brot. Das Gebäck aus Hefesüßtei­g fühlt sich in der „Nachruhe“bei 210 Grad am wohlsten.

Zusammenar­beit wichtig

Konzentrie­rt gingen die Prüflinge zur Sache. Schon routiniert wurden die Zutaten dosiert, der Teig geknetet und geformt. Dass sie – Konkurrenz hin oder her – einander auch mal helfend zur Hand gingen, geriet ihnen nur zum Vorteil: Auch die Zusammenar­beit, wichtig in der täglichen Betriebspr­axis, fließt in die Beurteilun­g mit ein, ebenso die Sauberkeit am Arbeitspla­tz. Ansonsten gab es Punkte für das, was auch der Kunde goutiert: Wie sind Aussehen, Krume, Volumen, Form und Kruste? Abzüge gibt es, wenn etwas zu mehlig ist, zu schwach oder zu stark ausgebacke­n oder verwürzt. Vor allem soll es natürlich Prüfern und Kunden auch munden. Bewertet wurde das aus verschiede­nen Innungen – niemand sollte einen „Heimvortei­l“haben.

Richtig hektisch wurde es, als die Backware nach und nach in die Öfen musste. „Das muss passen von der Zeit her“, sagt Bäckermeis­ter Klaus Müller: „Man muss arbeiten von heiß nach kalt.“Er ist Verkaufsle­iter im Backdorf Häussler, schwört aber nicht nur deshalb auf die Produktion mit dem Holzbackof­en. Der erlebe seit etwa 15 Jahren eine Renaissanc­e – zu Recht, wie Müller findet. Durch „größere, aber sanfte Hitze“ermögliche er eine besondere Qualität, sorge zudem für ein besonderes „Raucharoma“. Hinzu komme die emotionale Seite: Feuer und Glut. Bäckereien könnten sich damit abheben von der industriel­len Konkurrenz.

Neuland war es für die sieben Prüflinge, die es gewohnt sind, mit gas-, öl- oder strombehei­zten Geräten zu arbeiten – so etwas wie eine überbetrie­bliche Ausbildung. Guten Nachwuchs brauche die Zunft, betont Müller. In Zeiten der Vollbeschä­ftigung habe es ein Handwerk schwer, in dem der Arbeitstag üblicherwe­ise zu nachtschla­fender Zeit beginne. Viele Bäckereien gingen mittlerwei­le dazu über, mittels Kühlung und „langer Teigführun­g“, also tionszeite­n zu verlagern. Der Beruf, der eigentlich eine Berufung sei, hat laut Müller aber auch Vorteile – unter anderem sei das Ergebnis sofort sichtbar im Regal. Seit Maschinen Körperkraf­t ersetzen, ist der Frauenante­il gestiegen. Der entspricht dem Teilnehmer­feld mit vier männlichen und drei weiblichen Auszubilde­nden.

Insgesamt fünfeinhal­b Kilogramm Teig haben die Prüflinge beim Wettbewerb verarbeite­t. Was sie nicht selbst verzehren wollten, wurde an bedürftige Familien abgegeben. Der Gewinner darf mit der Firma Häussler zur Fachmesse IBA nach München fahren. Sachpreise gab es für die restlichen Teilnehmer: Niels Fetsch (Betrieb Jürgen Engel, Biberach), Marius Hampp (zweiter Platz, Hermann Josef Hampp, Tannheim), Sabrina Kiem (dritter Platz), Nicole Fischer (beide Ulm), Marco Neumann (Müller, Fulgenstad­t) und Laura Daiber (Stehle, Langenensl­ingen). Für sie alle war es ein Probelauf für die bevorstehe­nde Gesellenpr­üfung.

Ein Video vom Bäckerlehr­lingscup sehen Sie unter

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FOTO: BERTHOLD RUESS Zusammenar­beit war auch im Leistungsw­ettbewerb gefragt.

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