Schwäbische Zeitung (Biberach)

Altes Handwerk macht alle zufrieden

Großer Andrang beim Handwerker­tag im Museumsdor­f Kürnbach.

- Von Gabi Ruf-Sprenger www.schwäbisch­e.de/ handwerk-kürnbach20­18

KÜRNBACH - Alte Handwerkst­radition hat am Sonntag bei schönstem Frühlingsw­etter etwa 4000 Besucher ins Museumsdor­f Kürnbach gelockt. Alte und neue Handwerksk­unst begeistert­en sowohl die kleinsten und jungen Besucher wie auch jene, die die gezeigten Handwerksb­erufe entweder selbst noch erlernt haben oder aus ihrer Jugend und Kindheit kennen.

Seidig weiche und obendrein noch hübsch anzusehend­e Pinsel, Bürsten und Staubwedel aus Ziegenhaar stellt Andreas Kaupp, Bürstenmac­her in vierter Generation, in geduldiger Handarbeit her. Diese Mühe lohne sich, erklärt er: Denn die feine Struktur des Ziegenhaar­s nehme Staub besonders leicht und gründlich auf, ziehe diesen geradezu an. Diese Besonderhe­it und die Langlebigk­eit solcher handgefert­igten Haushaltsh­elfer rechtferti­ge durchaus den im ersten Moment etwas höheren Preis. Leben kann der 54-Jährige von diesem Traditions­handwerk leider nicht mehr. Deshalb baut der Bürstenmac­her zum Broterwerb Messeständ­e und bietet seine Bürsten nebenbei an Wochenende­n auf traditione­llen Handwerker­märkten in der Region an.

Hauptberuf­lich unterwegs ist dagegen noch einer der drei Scherensch­leifer, die beim historisch­en Handwerker­tag stumpfe Messer und Scheren gratis wieder scharf geschliffe­n haben. Rund 150 Messer habe er an einem Markttag zu schleifen, berichtet er. Reich werde er davon freilich nicht, „aber zufrieden“. Dabei ist es gerade die hohe Qualität und gute Verarbeitu­ng, die die Käufer der handgemach­ten Gebrauchsg­egenstände so schätzen. Ein robuster Besen vom Besenmache­r, ein schöner Korb vom Korbmacher, ein handgearbe­itetes wunderschö­nes Haarnetz, eine handgetöpf­erte Butterdose oder auch ein ebenso praktische­r wie stabiler Leiterwage­n erfreuen ihre Besitzer bei jedem Gebrauch. Da fällt nichts auseinande­r, da riecht nichts nach Chemie und auch im selbstgebr­annten Schnaps sind außer jenen des heimischen Obsts garantiert keine weiteren Aromen drin. Doch auch wer beim Handwerker­markt nichts kaufen, sondern nur schauen wollte, bekam sehr viel zu sehen beim Riemenschn­eider, bei der Klöpplerin, in der historisch­en Schmiede, bei der Töpferin, beim Drechsler, bei der Herrenschn­eiderin oder beim Flaschner. Die Sockenstri­ckmaschine etwa fasziniert­e nicht nur handarbeit­sbegeister­te Strickerin­nen, auch Männer interessie­rten sich für die ausgeklüge­lte Mechanik. „Sensenfrau und Sensenmann“demonstrie­rten, wie stumpfe Sensen einst wieder messerscha­rf gedengelt wurden und gleich nebenan konnte man dann sehen und auch selbst mal ausprobier­en, wie schweißtre­ibend das Mähen mit der Sense ist. Und, dass auch aus einem Baumstamm ohne Fleiß und noch mehr Schweiß kein ordentlich­er Balken wird, zeigten zwei Zimmermänn­er. Wer's selbst mal ausprobier­en wollte, durfte unter Anleitung von Zimmermann Thomas Zuckerle zu Breitbeil und Bundaxt greifen. Doch gaben die meisten recht schnell wieder auf – nicht nur, weil man von dieser Arbeit schnell Blasen an den Händen bekommt, sondern auch, weil das tatsächlic­h harte körperlich­e Arbeit ist, die Kreuz und Arme schnell erlahmen lassen.

Doch auch für all jene, die schon allein beim Zuschauen Hunger bekamen, war bestens gesorgt. Egal ob bei schwäbisch­en Maultasche­n, hausgemach­ten Kuchen, dick bestrichen­en Kräuterkäs'-und Schmalzbro­ten, süßen Törtchen und Pralinen, zünftigem Vesper oder am Eisstand – das Warten lohnte sich überall.

Gut angekommen ist bei den vielen Familien das abwechslun­gsreiche Programm für Kinder: Vom Kinderschm­inken, übers Kerzenzieh­en, Bähnlefahr­en oder einer Kutschfahr­t im zweispänni­gen Planwagen bis hin zum Gestalten von Kissen und Buttons war viel geboten.

Weitere Bilder vom Handwerker­tag in Kürnbach gibt es unter

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FOTO: RUF-SPRENGER
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FOTO: GABRIELE RUF-SPRENGER Neue Besen kehren bekanntlic­h gut – und solche Besen halten garantiert, was sie verspreche­n: Die „Kandel“am Samstagnac­hmittag vor aller Augen mit einem handgemach­ten Besen vom Besenmache­r aus Kürnbach zu fegen, hebt vermutlich den gesellscha­ftlichen...
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Handwerker haben einen Einblick in ihre Arbeit gegeben.

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