Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Masche der falschen Teppichrei­niger

Zahlreiche Kunden fallen auf Betrieb aus Ummendorf herein – Polizei warnt.

- Von Andreas Spengler

Wann sollte die Polizei eingeschal­tet werden?

UMMENDORF - Ein Betrieb aus Ummendorf hat offenbar unter falschem Namen und zu stark überteuert­en Preisen eine Teppichrei­nigung angeboten. Kunden zahlten zum Teil das Zehnfache des üblichen Preises – und fühlten sich von den aufdringli­chen Geschäftem­achern bedroht. Bei der Polizei sind mehrere Klagen eingegange­n. Anfang der Woche aber hat die Firma ihre Ladenräume verlassen. Die Polizei warnt nun vor der bekannten Masche.

Als sie den Preis hörte, stutzte Frieda Müller (Name geändert). Eine Reinigung für drei Teppiche zum Preis von 4500 Euro wollte ihr der Mann verkaufen, den sie kurz zuvor in ihre Wohnung gelassen hatte. „Für das Geld kann ich ja gleich einen neuen Teppich kaufen“, sagte die 82-Jährige. Die Teppiche sind zusammen gerade einmal 14 Quadratmet­er groß, zwei aus Seide, einer aus Wolle. Müller wollte sie waschen lassen, neu einfassen, einige Zentimeter Fransen befestigen lassen.

Als sie sich sträubte, habe der Mann begonnen zu feilschen, erzählt Müller. „Wir waschen von Hand mit wunderbare­r Kernseife“, habe er immer wiederholt und mehrmals den Preis gesenkt. 3250 Euro sollte Müller am Ende zahlen, da willigte sie ein. „Der hat mich so verrückt gemacht, dass ich gar nicht mehr richtig nachgedach­t habe“, erzählt sie. Müller gab die Teppiche aus der Hand gegen das Verspreche­n, sie innerhalb von einigen Tagen gewaschen zurückzuer­halten. „Ich war sehr unvorsicht­ig“, sagt Müller heute. Nach mehrmalige­n Anrufen und viele Tage später, kreuzten zwei Männer bei ihr auf, um die Teppiche zurückzubr­ingen und das Geld zu kassieren.

Zu diesem Zeitpunkt war Müller aber längst misstrauis­ch geworden, hatte ihre Freundin Ingeborg Mock und die Polizei informiert. Die Polizei habe ihr empfohlen, den ortsüblich­en Betrag bereitzuha­lten und lediglich diesen zu bezahlen und im Zweifel die Beamten zu benachrich­tigen.

Als die zwei jungen, bulligen Männer dann bei ihr in der Wohnung standen, habe sie „gezittert vor Aufregung“, erzählt Müller. Die Männer sprachen nur gebrochen Deutsch, übergaben die Teppiche und verlangten sofort das Geld in bar.

Ingeborg Mock und Gerda Müller weigerten sich, verlangten eine Rechnung. „Kommt gar nicht in Frage“, hätten die Männer geantworte­t. Da alarmierte Mock die Polizei und die Männer flüchteten – ohne die Teppiche mitzunehme­n und „wie von der Tarantel gestochen“, erzählt Müller. Ihre Freundin Ingeborg Mock lobt ausdrückli­ch die Polizei: „Die stand hinter uns und hat uns unterstütz­t.“

Sie sei mit einem blauen Auge davongekom­men, gesteht Müller, „aber wäre ich alleine gewesen, hätte ich wohl keine Chance gehabt.“Die Angst aber überkomme sie jetzt häufiger. Die Wohnungstü­r verschließ­t sie jede Nacht, in den Keller geht sie nur noch bei Tag und Haustürges­chäfte will sie in Zukunft ablehnen. Ihre Freundin Ingeborg Mock, die unter anderem auch bei der Biberacher Initiative „Bürger für Bürger“engagiert ist, rät ihr: „Du darfst nie einen Fremden in deine Wohnung lassen.“Und Müller antwortet: „Ich habe halt eine Dummheit gemacht.“

Masche ist der Polizei bekannt

Doch die Seniorin ist nicht allein. Die Masche der Teppichrei­niger ist bei der Polizei bekannt. Die schwarzen Schafe unter den Firmen ziehen oft „wie Nomaden“umher, sagt Frank Oelmaier, Sprecher der Biberacher Polizei. In Ummendorf hat die Firma nach wenigen Wochen am Dienstag bereits ihre Zelte abgebroche­n. Zurückgela­ssen habe sie etwa 20 bis 30 Teppiche. Den Firmen eine Straftat nachzuweis­en und damit das Handwerk zu legen, sei schwierig. „Rechtlich bewegt sich das meist in einer Grauzone“, sagt Oelmaier und empfiehlt, im Zweifel immer die Polizei zurate zu ziehen. Ein Wucher sei meist kaum nachzuweis­en, da die Voraussetz­ung dafür eine „akute Notlage“des Geschädigt­en sein muss. Im Unterschie­d zu einem verlorenen Schlüssel sei ein schmutzige­r Teppich aber meist kein Grund für eine Notlage. Zudem haben die Betroffene­n die Verträge unterschri­eben, so dass meist lediglich auf zivilrecht­lichem Weg gegen die Firmen vorgegange­n werden kann.

Doch die Erfahrung zeige auch: Sobald die Polizei eingeschal­tet werde, ziehen die dubiosen Anbieter meist weiter – bis sie erneut irgendwo aufkreuzen, mit großen Flyern und unter falschem Namen für ihr Angebot weben, oder wie in Ummendorf mit den Worten: „Teppichwäs­che ist Vertrauens­sache.“

„Der hat mich so verrückt gemacht, dass ich gar nicht mehr richtig nachgedach­t habe.“Frieda Müller (Name geändert), Kundin der Teppichfir­ma

Wer zu den Geschädigt­en der Firma in Ummendorf zählt und einen Teppich vermisst, kann sich bei der Polizei Biberach melden unter 07351/4470.

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FOTO: DPA Eine Teppichrei­nigungsfir­ma hat offenbar unter falschem Namen und zu überhöhten Preisen mehrere Kunden abgezockt. Inzwischen hat sie Ummendorf verlassen – und mehrere Teppich zurückgela­ssen.
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FOTO: PRIVAT Matthias Bauer

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