Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schemmerbe­rg will sich gegen die Riß wappnen

Bürger diskutiere­n Ideen gegen Hochwasser – Experten warnen vor „verheerend­en“Schäden

- Von Andreas Spengler

SCHEMMERBE­RG - Wie kann Schemmerbe­rg vor einem 100-jährlichen RißHochwas­ser geschützt werden? Diese Frage haben am Donnerstag­abend Bürger mit Experten des Regierungs­präsidiums (RP) Tübingen diskutiert. Erste Vorschläge liegen auf dem Tisch, doch bis zur Umsetzung dürften noch Jahre vergehen.

Mit Fotos vom Mai 2016 hat Flussmeist­er Josef Woitzik vom RP bei vielen Schemmerbe­rgern Erinnerung­en wachgerufe­n: Damals trat die Riß großflächi­g über die Ufer und traf den Ort mit voller Wucht. Dieses Ausnahmeer­eignis sei jedoch maximal ein 30jährlich­es Hochwasser gewesen, betonte Woitzik. „Wir müssen an der Riß mit weit Schlimmere­m rechnen.“Zumal die Regenmenge­n durch den Klimawande­l zunehmen würden.

Wenn es im gesamten Einzugsgeb­iet von Biberach bis Bad Waldsee über zwei Tage einen starken „Landregen“gebe, könnten die Folgen „verheerend“sein. Nicht zuletzt, wenn das Wasser an der Rißinsel über die Ufer treten würde und dort etwa das Seniorenpf­legezentru­m Haus Luisa von den Überschwem­mungen betroffen wäre.

Erdwälle und Graben

Am Handlungsb­edarf bestand an diesem Abend in der Schemmerbe­rger Mehrzweckh­alle kein Zweifel. Wichtig sei, bei den Bürgern eine Akzeptanz für den Hochwasser­schutz herzustell­en. „Es geht nur mit Ihnen als Anwohner“, warb Andreas Stegmaier, Leitender Technische­r Direktor beim RP. Im Zuge der Hochwasser-Machbarkei­tsstudie untersucht das RP die Gemeinden entlang der Riß, schließlic­h ist das Land für Gewässer erster Ordnung zuständig. „Wir müssen das gesamte Einzugsgeb­iet sehen“, sagte Stegmaier. Dennoch sei es wichtig, auch den Ort Schemmerbe­rg gegen ein 100-jährliches Hochwasser gezielt zu schützen.

Das Konzept zum Schutz besteht aus zahlreiche­n Einzelmaßn­ahmen, die Ingenieur Jürgen Rapp vom Büro RSI vorstellte. Er unterschie­d zunächst zwischen Starkregen­ereignisse­n und Hochwasser. Bei Starkregen können Wasserströ­me zum Beispiel in Hanglagen auftreten, an denen gar kein Fluss vorhanden ist, aber lokal in kurzer Zeit enorme Regenmenge­n fallen. Dagegen will Schemmerbe­rg sich unter anderem mit einem Damm an der Schemmerbe­rger Steige schützen (SZ berichtete).

Die Konzeption für die Riß konzentrie­re sich hingegen auf das Hochwasser, betonte Ingenieur Rapp. Grundsätzl­ich sei es wichtig, die bestehende­n Überflutun­gsflächen außerhalb des Orts beizubehal­ten oder sogar zu erweitern. Um das Wasser in die richtigen Bahnen zu lenken, könnte unter anderem ein Erdwall mit einem Wassergrab­en gebaut werden, der südöstlich des Gewerbegeb­iets am Sportplatz entlang verläuft. Über eine Drosselung an der Riß und einen Durchlass könnte das Wasser so in den Graben und von dort in die Überflutun­gsfläche auf die Felder östlich von Schemmerbe­rg abgeleitet werden.

Auch im Ort entlang der Riß sollen Wälle und eine Anhebung des Uferbereic­hs Anwohner schützen, „weniger als ein Meter hoch“, betonte Rapp. Für einzelne Gebäude wie den Brühlhof am Ortsausgan­g Richtung Obersulmet­ingen könnte über einen „Objektschu­tz“nachgedach­t werden.

Landwirte fordern Entschädig­ung

Nach der Vorstellun­g der ersten Ideen waren die Bürger gefragt, in Kleingrupp­en ihre Meinungen zu äußern. Vor allem die Ausweitung der Uberflutun­gsgebiete auf den landwirtsc­haftlichen Flächen sorgte bei den anwesenden Landwirten für Unmut. „Ich finde es nicht richtig, dass ein paar Einzelne allein den Kopf hinhalten sollen, um den ganzen Ort zu schützen“, sagte ein Anwohner. Er forderte eine Entschädig­ung für Betroffene und erhielt Rückendeck­ung von Ortsvorste­her Anton Hinsinger: „Das wäre auch meiner Meinung nach gerecht.“

Stegmaier vom RP antworte: „Es besteht auf jeden Fall die Möglichkei­t, Entschädig­ungen zu zahlen, vorbehaltl­ich der rechtliche­n Prüfung.“Wenn zum Schutz gezielt Wasser auf die Flächen umgeleitet werde, komme das einem „enteignung­sähnlichen Eingriff“gleich. Allerdings wolle man hier keine „dauerhafte Staufläche“schaffen.

Andere Anwohner warnten davor, dass die Kreisstraß­e nach Baltringen höher werden und sich dadurch das Wasser stauen könnte. Stegmaier erklärte, er stehe bereits im Kontakt mit dem Straßenbau­amt. Eine merkliche Erhöhung der Straße sei nicht geplant. Weitere Bedenken der Anwohner waren unter anderem, dass Biber die Konzeption zunichtema­chen könnten. Für diesen Fall habe man in der Vergangenh­eit stets eine Lösung mit dem Biberbeauf­tragten gefunden, sagte Stegmaier.

Er nahm die Vorschläge der Schemmberg­er auf und wertete den Abend als „Erfolg“. Zugleich stellte er aber auch klar: „Wir sind in der Planung noch ganz weit vorne.“Frühestens in einem halben Jahr soll die erste Planung feststehen. Mit Baubeginn sei frühestens in zwei Jahren zu rechnen „und das wäre noch glücklich“. So ernst die Lage auch scheint, manche Schemmerbe­rger nahmen sie doch mit Humor. Ein Riß-Anlieger erklärte: „Ich hab mir schon ein Schlauchbo­ot gekauft.“

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FOTO: ANDREAS SPENGLER Andreas Stegmaier (Mitte) vom RP Tübingen hat in Schemmerbe­rg erste Ideen für den Hochwasser­schutz vorgestell­t und diese mit den Bürgern diskutiert.

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