Schwäbische Zeitung (Biberach)
Kiesingers Genossen sponnen Filz
Zum Bericht „Als die Protestbewegung Biberach erreichte“(SZ vom 19. April): Ich war damals ein kleiner Bub in der Grundschulzeit und uns wurde gesagt, der Bundeskanzler würde kommen ...Zu UNS, nach BIBERACH, auf den Marktplatz. Da war man in seiner kindlichen Naivität fast stolz, weil uns ja überhaupt nicht klar sein konnte, dass da eigentlich ein ganz hoher alter Parteifunktionär seine treuesten Rest-Anhänger besucht, die sich hier eingefunden hatten, weil Biberach ein Ort an der „Rattenlinie“war, also der Fluchtlinie in Richtung Süden/italienische Häfen. HIER saßen noch die ganzen Restbestände, die sich inzwischen gegenseitig entnazifiziert hatten – Südwestdeutschland war genau der gleiche „Siphon“für Nazis, wie Schleswig-Holstein im Norden. Heilig und die APO wurden DESHALB als Störenfriede angesehen, weil sie in alten Geschichten wühlten und – wären sie zu laut geworden – hätte ganz Deutschland gewusst, WAS für Leute hier neue Existenzen und Netzwerke begründeten. So hatten Kiesingers alte Genossen inzwischen Nachwuchs bekommen, den sie dann überall installierten und so ihr Netzwerk bis zur dichtesten Form, nämlich dem Filz, weiterspannen. Das wird erst JETZT so langsam besser, weil diese Nachkommen inzwischen auch pensioniert sind und ihre Kinder in der ganzen Welt verstreut sind.
Peter Rieger, Biberach