Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Lebende Bücher“erzählen Geschichten
Sechs Menschen geben in der Stadtbücherei einen Einblick in ihr Leben
BIBERACH - Wissensweitergabe ist ein Thema, welches die Stadtbücherei Biberach und das städtische Seniorenbüro vereint. Aus diesem Grund hat es am Montagabend eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Namen „Die Nacht der lebenden Bücher“in der Stadtbücherei gegeben. Sieben Menschen mit den unterschiedlichsten Berufen und Berufungen wurden zu „Büchern“und erzählten in ungezwungenen Gesprächen aus ihrem Leben. In drei Runden, die jeweils circa 30 bis 40 Minuten dauerten, hatten die Gäste die Chance, möglichst viele Einblicke zu bekommen.
Eines der „Bücher“war Florian Retsch. Der erste hauptamtliche Feuerwehrkommandant der Stadt Biberach erzählte aus dem Feuerwehralltag. Die Stützpunktfeuerwehr Biberach rückt auch im Umland mit ihren rund 200 aktiven Mitgliedern an. Dabei seien nur noch rund 20 Prozent der Arbeit das Löschen von Bränden. „Der Hauptanteil besteht in technischen Hilfeleistungen“, so Retsch. Dazu gehört Türen zu öffnen, Wasser aus Kellern zu pumpen und auch die Katze vom Baum zu holen. „Die kommt jedes Jahr“, sagt Retsch lachend. Bei rund 400 operativen Einsätzen in Jahr sei es schwierig, die Belastung auf alle Freiwilligen gleich zu verteilen, zumal auch noch Zeit für Beruf und Familie sein müsse. „Das bekommen wir im Grunde ausgeglichen hin“, erklärt Retsch. Das nächste Großereignis für die Feuerwehrleute ist der geplante Umzug im Oktober. „Das schaffen wir an einem Tag“, sagt Retsch zuversichtlich.
„Der Tod ist ein Tabuthema“
Sehr bewegend erzählte auch Beate Hiller, die seit zehn Jahren im ambulanten Hospizdienst arbeitet. Mittlerweile hat sie viele Menschen in den Tod begleitet. Dabei ist die Geschichte, wie sie zu diesem Engagement kam, eine traurige. Nach dem Tod ihres Vaters hat sie beschlossen, das weiterzugeben, was sie selbst durch die Arbeit des Hospizes erhalten hat. Mit den Betroffenen trifft sie sich ein- bis zweimal die Woche, „wobei das gegen Ende natürlich häufiger der Fall ist.“Viele Gespräche laufen auch über das Telefon. „Der Tod ist ein Tabuthema“, so Hiller. „Viele denken sich, ich sterbe sowieso nie.“Sie geht zu allen Beerdigungen und trifft sich auch danach noch einmal mit den Angehörigen. „Es ist wichtig, das gut abzuschließen“, sagt Hiller.
Hobbyimkerin Dorothea Fesseler geht ihrer Leidenschaft seit 20 Jahren nach. „Rund 85 Prozent der Pflanzen müssen bestäubt werden“, so Fesseler. Ohne Bestäubung gebe es nur rund 30 Prozent des Ertrags.
Rudolf Walter, Archäologe, erzählte mit Hingabe davon, Kindern die Steinzeit und Handarbeit näherzubringen. „Die Natur schenkt uns tolle Erlebnisse“, erklärt Walter. „Leider entfremdet sich der Mensch von ihr.“
Julia und Kai Penteker erzählten von ihrer Leidenschaft, dem Taekwondo und gesunder Ernährung. „Es gibt Leute, die nicht wissen, dass Beeren Vitamine enthalten“, erzählt Kai Penteker. „Oft muss man absolute Basisarbeit leisten.“
Streetworkerin Susanne Gnann gab interessante Einblicke in ihren Arbeitsalltag. „Es bedarf ungefähr drei Jahre Beziehungsarbeit, bis mir die Jugendlichen vertrauen“, sagt sie. „Die Welt ist nicht schwarz-weiß. Die meisten Geschichten sind sehr nachvollziehbar und menschlich.“
Annette Fülle von der Stadtbücherei und Christian Walz vom Seniorenbüro sorgten für einen interessanten und abwechslungsreichen Abend. Alle „Bücher“hatten spannende Geschichten zu erzählen, mit denen man „Die Nacht der lebenden Bücher“verbringen konnte.