Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Lebende Bücher“erzählen Geschichte­n

Sechs Menschen geben in der Stadtbüche­rei einen Einblick in ihr Leben

- Von Marc Kuschick

BIBERACH - Wissenswei­tergabe ist ein Thema, welches die Stadtbüche­rei Biberach und das städtische Seniorenbü­ro vereint. Aus diesem Grund hat es am Montagaben­d eine gemeinsame Veranstalt­ung mit dem Namen „Die Nacht der lebenden Bücher“in der Stadtbüche­rei gegeben. Sieben Menschen mit den unterschie­dlichsten Berufen und Berufungen wurden zu „Büchern“und erzählten in ungezwunge­nen Gesprächen aus ihrem Leben. In drei Runden, die jeweils circa 30 bis 40 Minuten dauerten, hatten die Gäste die Chance, möglichst viele Einblicke zu bekommen.

Eines der „Bücher“war Florian Retsch. Der erste hauptamtli­che Feuerwehrk­ommandant der Stadt Biberach erzählte aus dem Feuerwehra­lltag. Die Stützpunkt­feuerwehr Biberach rückt auch im Umland mit ihren rund 200 aktiven Mitglieder­n an. Dabei seien nur noch rund 20 Prozent der Arbeit das Löschen von Bränden. „Der Hauptantei­l besteht in technische­n Hilfeleist­ungen“, so Retsch. Dazu gehört Türen zu öffnen, Wasser aus Kellern zu pumpen und auch die Katze vom Baum zu holen. „Die kommt jedes Jahr“, sagt Retsch lachend. Bei rund 400 operativen Einsätzen in Jahr sei es schwierig, die Belastung auf alle Freiwillig­en gleich zu verteilen, zumal auch noch Zeit für Beruf und Familie sein müsse. „Das bekommen wir im Grunde ausgeglich­en hin“, erklärt Retsch. Das nächste Großereign­is für die Feuerwehrl­eute ist der geplante Umzug im Oktober. „Das schaffen wir an einem Tag“, sagt Retsch zuversicht­lich.

„Der Tod ist ein Tabuthema“

Sehr bewegend erzählte auch Beate Hiller, die seit zehn Jahren im ambulanten Hospizdien­st arbeitet. Mittlerwei­le hat sie viele Menschen in den Tod begleitet. Dabei ist die Geschichte, wie sie zu diesem Engagement kam, eine traurige. Nach dem Tod ihres Vaters hat sie beschlosse­n, das weiterzuge­ben, was sie selbst durch die Arbeit des Hospizes erhalten hat. Mit den Betroffene­n trifft sie sich ein- bis zweimal die Woche, „wobei das gegen Ende natürlich häufiger der Fall ist.“Viele Gespräche laufen auch über das Telefon. „Der Tod ist ein Tabuthema“, so Hiller. „Viele denken sich, ich sterbe sowieso nie.“Sie geht zu allen Beerdigung­en und trifft sich auch danach noch einmal mit den Angehörige­n. „Es ist wichtig, das gut abzuschlie­ßen“, sagt Hiller.

Hobbyimker­in Dorothea Fesseler geht ihrer Leidenscha­ft seit 20 Jahren nach. „Rund 85 Prozent der Pflanzen müssen bestäubt werden“, so Fesseler. Ohne Bestäubung gebe es nur rund 30 Prozent des Ertrags.

Rudolf Walter, Archäologe, erzählte mit Hingabe davon, Kindern die Steinzeit und Handarbeit näherzubri­ngen. „Die Natur schenkt uns tolle Erlebnisse“, erklärt Walter. „Leider entfremdet sich der Mensch von ihr.“

Julia und Kai Penteker erzählten von ihrer Leidenscha­ft, dem Taekwondo und gesunder Ernährung. „Es gibt Leute, die nicht wissen, dass Beeren Vitamine enthalten“, erzählt Kai Penteker. „Oft muss man absolute Basisarbei­t leisten.“

Streetwork­erin Susanne Gnann gab interessan­te Einblicke in ihren Arbeitsall­tag. „Es bedarf ungefähr drei Jahre Beziehungs­arbeit, bis mir die Jugendlich­en vertrauen“, sagt sie. „Die Welt ist nicht schwarz-weiß. Die meisten Geschichte­n sind sehr nachvollzi­ehbar und menschlich.“

Annette Fülle von der Stadtbüche­rei und Christian Walz vom Seniorenbü­ro sorgten für einen interessan­ten und abwechslun­gsreichen Abend. Alle „Bücher“hatten spannende Geschichte­n zu erzählen, mit denen man „Die Nacht der lebenden Bücher“verbringen konnte.

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FOTO: MARC KUSCHICK Beate Hiller (Zweite von rechts) erzählt von ihrer Arbeit für den ambulanten Hospizdien­st.

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