Schwäbische Zeitung (Biberach)
Hillenbrand peilt „interne Lösung“an
Handball, Württembergliga: Der TSV Bad Saulgau sucht einen Trainer und steht vor einem Neuanfang
BAD SAULGAU - Nach dem Abstieg aus der Württemberg-Liga stehen die Handballer des TSV Bad Saulgau vor einem Neuanfang. Doch der könnte am Ende umfangreicher sein als beim bislang letzten Abstieg vor sechs Jahren. Eigentlich muss es tiefgreifendere Veränderungen geben. Am Samstag, 19.30 Uhr, ist der TSV beim HRW Laupheim zu Gast.
„Der Abstieg tut mehr weh als beim letzten Mal. Schließlich bin ich jetzt in der Verantwortung“, sagt der sportliche Leiter der Bad Saulgauer Handballer, Krischan Hillenbrand. Dem 35-Jährigen ist der Frust über den Abstieg auch Tage später noch anzumerken. Auch weil die personellen Fragen ungeklärt sind. Sicher ist nur, dass Nelu Rosca und Sebastian Luib ihre Karrieren beenden, Rosca aus Altersgründen, Luib berufsbedingt und aufgrund einer erneuten Verletzung. Alles andere: ungeklärt. „Die Trainersituation ist unklar“, sagt Hillenbrand. Als sich der Abstieg abzeichnete, kündigte Gabriel Senciuc an, nicht mehr zur Verfügung zu stehen, um sich eine Auszeit zu nehmen.
Mit Senciuc gingen auch Kontakte zu Spielern flöten, die unter Umständen wegen Senciuc nach Bad Saulgau gekommen wären. Voraussetzung: Klassenerhalt. Hillenbrand sagt: „Wir streben nun eine interne Saulgauer Lösung an. Das wäre mir am liebsten. Jemand, der den Verein kennt.“Hillenbrand will in den kommenden Tagen entsprechende Gespräche führen. Ein Name, der immer wieder gehandelt wird, ist der Markus Weissers, Bad Saulgauer Handball-Urgestein, Fachmann, schon mal Interimslösung an der Seite von Holger Beck, und, was wichtig ist: Erfolgstrainer der zweiten Mannschaft, die zuletzt in die Bezirksliga aufstieg und aus der wesentliche Teile im kommenden Jahr in der Landesliga spielen könnten.
Denn unklar ist die Kadersituation. „Solange unklar ist, in welcher Liga du spielst, kriegst du keine neuen Spieler. Nach dem Abstieg haben alle Spieler, die wir angefragt haben, abgesagt. Vor dem Hintergrund der unklaren Trainersituation, aber auch, weil wir als Landesligist nicht mehr attraktiv sind. Laupheim und Wangen spielen in der Württembergliga, Biberach und Ravensburg in der Landesliga. Da fragen sich die Spieler schon: Warum soll ich nach Saulgau kommen? Die bleiben dann halt in ihren Vereinen.“
Klar, die Rolle als Platzhirsch in Oberschwaben, wie vor eineinhalb oder zwei Jahrzehnten, hat der TSV Bad Saulgau längst verloren: „Ich hoffe, dass der Kern der Mannschaft zusammenbleibt.“Ein Effekt ähnlich wie bei Fußballnationalspieler Jonas Hector, der trotz des Abstiegs beim 1. FC Köln bleibt? „Jetzt erst recht. Das wäre natürlich der Wunsch“, sagt Hillenbrand. In den kommenden beiden Wochen will er sowohl die Trainerwie auch die Spielerfrage klären. „Fakt zur Stunde ist: Wir haben keinen Trainer und noch keinen neuen Spieler.“
Fehlende Konkurrenz im Kader
Hillenbrand hat einige Gründe für den Abstieg ausgemacht. „Natürlich fehlte im Kader die Konkurrenz. Wir konnten keinen Druck ausüben. Wir hatten sieben, acht, neun ligataugliche Spieler, aber keine Breite. Zudem haben sich Spieler verletzt.“Andere, wie Nelu Rosca, handelten sich Sperren ein. „Völlig unnötig. Gerade so einem Spieler darf das nicht passieren.“Zum anderen konnten Spieler, die geholt wurden, nicht integriert werden. Stichwort Cristian Aldica. „Natürlich hatten wir zu Saisonbeginn mit Csaba Horvath einen jungen und unerfahrenen Trainer. Ein Risiko. So einer braucht Anlaufzeit“, räumt Hillenbrand ein. „Wir hatten aber immer wieder das Feedback, dass Csaba gut trainiert. Aber bestimmte Dinge in der Mannschaft haben nicht funktioniert.“Darunter auch alte Sachen, die hochgekocht seien. Dinge, die im Erfolg vielleicht leichter zu ertragen seien, glaubt Hillenbrand.
Ganz konkret wurden die Defizite auf der Platte oft in entscheidenden Phasen der Spiele, ab Minute 45. Das trieb Hillenbrand und der sportlichen Leitung mindestens Sorgenfalten in die Stirn. „Zum einen haben wir die wichtigen Spiele im März nicht gewonnen. Schon damals war mir klar: Das wird eng“, sagt Hillenbrand. „Wir haben die Spiele alle in den letzten 15 Minuten verloren. Wir haben geführt, teilweise klar, aber dann ging es meistens dagegen ...“
Der Mannschaft fehlte es oft an Cleverness, auch mal einen größeren Vorsprung über die Zeit zu retten. Statt Situationen auszuspielen und auch mal ein Zeitspiel in Kauf zu nehmen, leistete sich die Mannschaft oft unnötige Fehler und brachte den Gegner zurück ins Spiel. Clockmanagement, wie es der Amerikaner nennt, null. Oder aber, es wurde unnötig eng. „Gegen Zizishausen haben wir klar geführt. Am Ende war ich froh, als es vorbei war und wir gewonnen hatten.“
Krischan Hillenbrand spart nicht mit Kritik an sich selbst. „Der Hauptpunkt, den ich mir vorwerfe: Als ich vor sechs Jahren hier angetreten bin, habe ich gesehen: Es gibt nur ein, zwei, drei Bad Saulgauer in der Mannschaft. Das wollte ich ändern. Das habe ich nicht geschafft. Das habe ich, haben wir versäumt.“Man habe sechs Jahre verstreichen lassen, ohne die Strukturen für eine Zukunft mit eigenen, jungen Spielern zu schaffen. „Wir haben damals in der Landesliga gespielt, waren gerade abgestiegen, hatten eine junge Mannschaft. Um aber oben mitzuspielen, brauchten wir Spieler, die dem Druck standhielten aufzusteigen. Dann kam der erste Auswärtige, der zweite ...“Parallel habe man es nicht geschafft, im Nachwuchs Strukturen zu schaffen. „Sch...egal, welche Gründe es gibt, warum wir das nicht geschafft haben. Wir haben es in sechs Jahren nicht geschafft. Punkt“, sieht Hillenbrand einen Kardinalfehler.
Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten. Scheitern als Chance? „Nach dem Laupheim-Spiel werden wir uns nochmals zusammensetzen, kurz die Saison reflektieren und dann in die Zukunft schauen.“Hillenbrand: „Wir waren mit Gabriel Senciuc in den vergangenen Jahren immer wieder im Gespräch, wollten ihn in die Jugend einbinden. In Biberach hat er das glänzend gemacht. Er hat samstags ein Training angeboten, um die Jugendtrainer und -spieler zu schulen. Aber dann haben wir Gabriel für die erste Mannschaft gebraucht.“Jetzt benötige der Trainer, der am Samstag in Laupheim definitiv zum letzten Mal in der Verantwortung steht, erst mal Abstand, sagt Hillenbrand.
Er hofft, dass auch andere ihren Groll der vergangenen Jahre vergessen und wieder mitmachen, um den Handball in Bad Saulgau zu neuem Leben zu erwecken. Es sollte sich schnell etwas tun, ehe wieder wertvolle Zeit verstreicht.