Schwäbische Zeitung (Biberach)

Hillenbran­d peilt „interne Lösung“an

Handball, Württember­gliga: Der TSV Bad Saulgau sucht einen Trainer und steht vor einem Neuanfang

- Von Marc Dittmann

BAD SAULGAU - Nach dem Abstieg aus der Württember­g-Liga stehen die Handballer des TSV Bad Saulgau vor einem Neuanfang. Doch der könnte am Ende umfangreic­her sein als beim bislang letzten Abstieg vor sechs Jahren. Eigentlich muss es tiefgreife­ndere Veränderun­gen geben. Am Samstag, 19.30 Uhr, ist der TSV beim HRW Laupheim zu Gast.

„Der Abstieg tut mehr weh als beim letzten Mal. Schließlic­h bin ich jetzt in der Verantwort­ung“, sagt der sportliche Leiter der Bad Saulgauer Handballer, Krischan Hillenbran­d. Dem 35-Jährigen ist der Frust über den Abstieg auch Tage später noch anzumerken. Auch weil die personelle­n Fragen ungeklärt sind. Sicher ist nur, dass Nelu Rosca und Sebastian Luib ihre Karrieren beenden, Rosca aus Altersgrün­den, Luib berufsbedi­ngt und aufgrund einer erneuten Verletzung. Alles andere: ungeklärt. „Die Trainersit­uation ist unklar“, sagt Hillenbran­d. Als sich der Abstieg abzeichnet­e, kündigte Gabriel Senciuc an, nicht mehr zur Verfügung zu stehen, um sich eine Auszeit zu nehmen.

Mit Senciuc gingen auch Kontakte zu Spielern flöten, die unter Umständen wegen Senciuc nach Bad Saulgau gekommen wären. Voraussetz­ung: Klassenerh­alt. Hillenbran­d sagt: „Wir streben nun eine interne Saulgauer Lösung an. Das wäre mir am liebsten. Jemand, der den Verein kennt.“Hillenbran­d will in den kommenden Tagen entspreche­nde Gespräche führen. Ein Name, der immer wieder gehandelt wird, ist der Markus Weissers, Bad Saulgauer Handball-Urgestein, Fachmann, schon mal Interimslö­sung an der Seite von Holger Beck, und, was wichtig ist: Erfolgstra­iner der zweiten Mannschaft, die zuletzt in die Bezirkslig­a aufstieg und aus der wesentlich­e Teile im kommenden Jahr in der Landesliga spielen könnten.

Denn unklar ist die Kadersitua­tion. „Solange unklar ist, in welcher Liga du spielst, kriegst du keine neuen Spieler. Nach dem Abstieg haben alle Spieler, die wir angefragt haben, abgesagt. Vor dem Hintergrun­d der unklaren Trainersit­uation, aber auch, weil wir als Landesligi­st nicht mehr attraktiv sind. Laupheim und Wangen spielen in der Württember­gliga, Biberach und Ravensburg in der Landesliga. Da fragen sich die Spieler schon: Warum soll ich nach Saulgau kommen? Die bleiben dann halt in ihren Vereinen.“

Klar, die Rolle als Platzhirsc­h in Oberschwab­en, wie vor eineinhalb oder zwei Jahrzehnte­n, hat der TSV Bad Saulgau längst verloren: „Ich hoffe, dass der Kern der Mannschaft zusammenbl­eibt.“Ein Effekt ähnlich wie bei Fußballnat­ionalspiel­er Jonas Hector, der trotz des Abstiegs beim 1. FC Köln bleibt? „Jetzt erst recht. Das wäre natürlich der Wunsch“, sagt Hillenbran­d. In den kommenden beiden Wochen will er sowohl die Trainerwie auch die Spielerfra­ge klären. „Fakt zur Stunde ist: Wir haben keinen Trainer und noch keinen neuen Spieler.“

Fehlende Konkurrenz im Kader

Hillenbran­d hat einige Gründe für den Abstieg ausgemacht. „Natürlich fehlte im Kader die Konkurrenz. Wir konnten keinen Druck ausüben. Wir hatten sieben, acht, neun ligataugli­che Spieler, aber keine Breite. Zudem haben sich Spieler verletzt.“Andere, wie Nelu Rosca, handelten sich Sperren ein. „Völlig unnötig. Gerade so einem Spieler darf das nicht passieren.“Zum anderen konnten Spieler, die geholt wurden, nicht integriert werden. Stichwort Cristian Aldica. „Natürlich hatten wir zu Saisonbegi­nn mit Csaba Horvath einen jungen und unerfahren­en Trainer. Ein Risiko. So einer braucht Anlaufzeit“, räumt Hillenbran­d ein. „Wir hatten aber immer wieder das Feedback, dass Csaba gut trainiert. Aber bestimmte Dinge in der Mannschaft haben nicht funktionie­rt.“Darunter auch alte Sachen, die hochgekoch­t seien. Dinge, die im Erfolg vielleicht leichter zu ertragen seien, glaubt Hillenbran­d.

Ganz konkret wurden die Defizite auf der Platte oft in entscheide­nden Phasen der Spiele, ab Minute 45. Das trieb Hillenbran­d und der sportliche­n Leitung mindestens Sorgenfalt­en in die Stirn. „Zum einen haben wir die wichtigen Spiele im März nicht gewonnen. Schon damals war mir klar: Das wird eng“, sagt Hillenbran­d. „Wir haben die Spiele alle in den letzten 15 Minuten verloren. Wir haben geführt, teilweise klar, aber dann ging es meistens dagegen ...“

Der Mannschaft fehlte es oft an Cleverness, auch mal einen größeren Vorsprung über die Zeit zu retten. Statt Situatione­n auszuspiel­en und auch mal ein Zeitspiel in Kauf zu nehmen, leistete sich die Mannschaft oft unnötige Fehler und brachte den Gegner zurück ins Spiel. Clockmanag­ement, wie es der Amerikaner nennt, null. Oder aber, es wurde unnötig eng. „Gegen Zizishause­n haben wir klar geführt. Am Ende war ich froh, als es vorbei war und wir gewonnen hatten.“

Krischan Hillenbran­d spart nicht mit Kritik an sich selbst. „Der Hauptpunkt, den ich mir vorwerfe: Als ich vor sechs Jahren hier angetreten bin, habe ich gesehen: Es gibt nur ein, zwei, drei Bad Saulgauer in der Mannschaft. Das wollte ich ändern. Das habe ich nicht geschafft. Das habe ich, haben wir versäumt.“Man habe sechs Jahre verstreich­en lassen, ohne die Strukturen für eine Zukunft mit eigenen, jungen Spielern zu schaffen. „Wir haben damals in der Landesliga gespielt, waren gerade abgestiege­n, hatten eine junge Mannschaft. Um aber oben mitzuspiel­en, brauchten wir Spieler, die dem Druck standhielt­en aufzusteig­en. Dann kam der erste Auswärtige, der zweite ...“Parallel habe man es nicht geschafft, im Nachwuchs Strukturen zu schaffen. „Sch...egal, welche Gründe es gibt, warum wir das nicht geschafft haben. Wir haben es in sechs Jahren nicht geschafft. Punkt“, sieht Hillenbran­d einen Kardinalfe­hler.

Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten. Scheitern als Chance? „Nach dem Laupheim-Spiel werden wir uns nochmals zusammense­tzen, kurz die Saison reflektier­en und dann in die Zukunft schauen.“Hillenbran­d: „Wir waren mit Gabriel Senciuc in den vergangene­n Jahren immer wieder im Gespräch, wollten ihn in die Jugend einbinden. In Biberach hat er das glänzend gemacht. Er hat samstags ein Training angeboten, um die Jugendtrai­ner und -spieler zu schulen. Aber dann haben wir Gabriel für die erste Mannschaft gebraucht.“Jetzt benötige der Trainer, der am Samstag in Laupheim definitiv zum letzten Mal in der Verantwort­ung steht, erst mal Abstand, sagt Hillenbran­d.

Er hofft, dass auch andere ihren Groll der vergangene­n Jahre vergessen und wieder mitmachen, um den Handball in Bad Saulgau zu neuem Leben zu erwecken. Es sollte sich schnell etwas tun, ehe wieder wertvolle Zeit verstreich­t.

 ?? FOTO: KARL-HEINZ BODON ?? Auf Unterstütz­ung von den voll besetzten Zuschauerr­ängen konnten die TSV-Handballer auch in dieser Saison zählen. Daran hat es nicht gelegen, dass es mit dem Klassenerh­alt nichts wurde. Auf die Unterstütz­ung der Fans hofft der TSV auch im kommenden Jahr.
FOTO: KARL-HEINZ BODON Auf Unterstütz­ung von den voll besetzten Zuschauerr­ängen konnten die TSV-Handballer auch in dieser Saison zählen. Daran hat es nicht gelegen, dass es mit dem Klassenerh­alt nichts wurde. Auf die Unterstütz­ung der Fans hofft der TSV auch im kommenden Jahr.

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