Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die Politik ist gefordert
Es war nur ein Nebensatz
– und doch klang es fast wie der Hilferuf eines überlasteten Polizisten. Zwei Jahre lang bleibt Beweismaterial, mit dem man vielleicht pädophilen Kriminellen ihr abscheuliches Handwerk legen könnte, unbeachtet auf dem Schreibtisch eines Hauptkommissars bei der Polizei in Biberach liegen. Und zwar nicht, weil der Kriminalbeamte kein Interesse daran hat – sondern weil ihm schlichtweg die Zeit, und angesichts der psychischen Belastung vielleicht auch die Kraft dazu fehlte.
Das Polizeipräsidium Ulm räumt Personalknappheit ein. Weil das ein bundesweit verbreitetes Problem ist, ist es nicht auszuschließen, dass der Biberacher Fall nur die Spitze eines Eisbergs ist. Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Schlagzeilen über den neunjährigen Jungen aus Staufen bei Freiburg, der von zahlreichen pädophilen Sexualtriebtätern aufs Übelste missbraucht worden ist, mag man sich gar nicht vorstellen, dass in den Unterlagen auf dem Biberacher Schreibtisch vielleicht Hinweise auf weitere geisteskranke Monster schlummern – und das seit zwei Jahren.
Um das nochmals klar zu betonen: Den bedauernswerten Polizisten trifft keinerlei Schuld. Die Politik ist gefordert, solche Hilferufe ernst zu nehmen, und neben Personaloffensiven auch jede weitere, möglichst schnell wirksame Unterstützung für die Ermittlungsbehörden mit Nachdruck voranzutreiben.