Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die alte Kläranlage ist am Ende der Reserve
Technik ausgelastet – Abwasserverband prüft Möglichkeiten der Erweiterung – Investitionen in Millionenhöhe
SCHÖNEBÜRG - Wenn der Ingenieur Frank Bauhofer die Kläranlage in Schönebürg erklären möchte, dann führt er auf dem Gelände zuerst hinters Haupthaus. Dort öffnet sich eine Grube mit einem tief gelegenen Betonrohr, aus dem immer Wasser strömt. Abwasser. Es kommt seit über 30 Jahren aus dem ganzen Mittleren Rottumtal, an dessen nördlichen Ende Schönebürg liegt, wo es aufgearbeitet wird. Das könnte bald teurer werden. Denn mit dem wirtschaftlichen Wachstum der Region haben sich die Anforderungen geändert. Die Kläranlage ist an der Grenze ihrer Leistung angekommen, sagen Fachleute wie Frank Bauhofer. Sie muss in irgendeiner Art erweitert werden, beschloss daher Anfang April der Betreiber, der Abwasserzweckverband Mittleres Rottumtal. Wie, das ist noch ungeklärt – aber gerechnet wird mit Investitionen in Millionenhöhe. Die müssten von den fünf am Zweckverband beteiligten Kommunen aufgebracht werden – und zuletzt von den Nutzern.
Die Erlenmooser Bürgermeisterin Alexandra Scherer hat jüngst ihren Gemeinderat bereits auf kommende Herausforderungen in Sachen Abwasserbeseitigung vorbereitet. Betroffen sind aber auch die anderen Kommunen, die entlang der Rottum bis Steinhausen aufgereiht sind: Steinhausen selbst, Gutenzell-Hürbel, die Stadt Ochsenhausen, eben Erlenmoos und Schwendi, dessen Bürgermeister Günther Karremann als Vorsitzender des Abwasserverbandes Mittleres Rottumtal fungiert.
„In die Jahre gekommen“
„Die Anlage ist in die Jahre gekommen“, erklärt er bei einem Besuch des Geländes. Dort, direkt an der Rottum und in dem Schacht mit Rohrzulauf, liegt der tiefste Punkt des Systems, fließt seit den frühen achtziger Jahren die über 40 Kilometer Leitung gesammelte und in 14 Außenstellen gepufferte Abwassermenge in die Reinigungsanlage, um mechanisch, chemisch und biologisch aufgearbeitet zu werden. Seither ist die Zahl der Einwohner gestiegen – und auch die Zahl der Unternehmen in den fünf angeschlossenen Kommunen. Daher ist die Anlage eigentlich schon lange an der Leistungsgrenze beziehungsweise überfordert, erklären der Verbandsvorsitzende und der Ingenieur.
In Zahlen klingt das so: Rund 11 000 Einwohner leben im Verbandsgebiet, ausgelegt ist das Klärwerk auf 14 800 „Einwohnergleichwerte“und käme daher gut zurecht. Indes: Belastet werde es mit Abwasser, das rund 27 000 Einwohnergleichwerten entspricht, erklärt der Ingenieur. Die Deponie in Reinstetten und eine stark gestiegene Zahl an gewerblichen Einleitern belasteten die Anlage inzwischen über Gebühr. Aus den Mischwasserkanälen fließen zwischen 50 und 160 Liter Wasser pro Sekunde zu – auch damit ist die Grenze erreicht.
Die Reinigungstechnik funktioniere jetzt nur noch, weil die angewandte Technik mittels Belebungsund Klärbecken flexibel sei: „Wir hatten Kapazitätsreserven“, sagt Bauhofer, „aber wir haben die Reserven aufgebraucht“.
Vor zehn Jahren bereits sei ein Versuch gescheitert, das Klärwerk zu erweitern, erläutert Günther Karremann. Das Regierungspräsidium Tübingen habe nur eine Optimierung der Technik zugelassen – die auch schon viel Geld gekostet habe. „Man hat sich zehn Jahre Zeit erkauft.“Nun soll ein grundsätzlicher Schritt zur Erweiterung geschehen, beschloss der Abwasserverband kürzlich, und das Ingenieurbüro Funk aus Riedlingen soll prüfen, was denn nötig und möglich sei. Karremann: „Die Weichen wurden für Untersuchungen gestellt, um herauszufinden, was getan werden muss.“Ziel: die „große Lösung“.
Denkbar sei etwa, so überlegt Karremann, eine Erweiterung auf dem Gelände – und nur dort, weil drum herum Wald und Bachufer eine Ausweitung verbieten. Zugleich müssten die zuleitenden Kanäle erweitert werden, um wachsende Wassermengen aufzunehmen. Bei der Frage nach den Kosten wird der Verbandsvorsitzende sehr vorsichtig. Es sei ja noch nicht sicher, was überhaupt gemacht werde. Aber nach aktuellem Stand müsse wohl mit einer Investition von mindestens zehn Millionen Euro gerechnet werden. Ende 2020, wenn das Wasserrecht an der Rottum erneuert werden muss, soll zumindest in der Hinsicht mehr Klarheit herrschen.