Schwäbische Zeitung (Biberach)
Mit Silcher in die Welt der Oper
Silcherchor Donau-Bussen und Flötistin Anne Burbulla ernten Beifallsstürme
BAD BUCHAU - Seit Jahren gehört für viele Kenner höchst anspruchsvollen Männerchorgesangs das Konzert des Silcherchors Donau-Bussen mit Peter Schmitz am Abend des 1. Mai in Bad Buchau zum festen Jahresprogramm. Anne Burbulla (Querflöte) setzte zu dem exquisiten Gesang mit ihrer Kunst im großen Saal des Kurzentrums herausragende Glanzlichter.
Stets sieht man viele bekannte Gesichter unter den Gästen dieses Chorkonzerts. Peter Schmitz ehrt mit seinen Sängern jedes Jahr Friedrich Silcher als ihren Namenspatron mit ausgesuchten Werken seiner Kompositionskunst. Als Muster „schwäbischer Bescheidenheit“bezeichnete Jörg Seethaler in seiner launig-geistreichen Moderation den verehrten Meister, der in kleinen Werken die Grundlage zu erlesener Sangeskunst und einfühlsamer Betrachtung gelegt hat. Heiter seine „Burschenlust“, zart schwingend sein „Lebe wohl“, leichtfüßig hüpfend sein schwäbisches Tanzlied „Bin i net a Bürschle“als abgerundet und variierend interpretierte Hommage an den Schöpfer zeitloser Werke für Männerchor a cappella.
Besondere Beziehung zu Schubert
Auch zu Franz Schubert haben Männerchöre und ihre Leiter eine besondere Beziehung. So auch Franz Sonntag als Ehrendirigent des Silcherchors. Zu seinem 80. Geburtstag dankte der Chor für langjährige Leitung und beispielhaftes Engagement mit der liebenswürdig durchdachten Interpretation von Schuberts „Dörfchen“. Die Sängerschar überzeugte mit differenziertem Stimmvolumen, auch in der anspruchsvollen Chorfuge „O Seligkeit“. Selten gehört, mit Peter Schmitz am Flügel, Schuberts Einladung nach Venedig zu einem „Gondelfahrer“. Stimmlich weiche Wellen, zum Canale Grande passend, dezent verklingend. So konnte man auch der nachfolgenden „Nachtigall“lauschen, die mit ihrem facettenreichen Zaubergesang viele Zuhörer erfreute. Zur selben Zeit vertonte Robert Schumann drei Gedichte von Emanuel Geibel. Temperamentvoll
beschrieb der Chor von geflüstertem Pianissimo bis zu klangvollen Passagen dessen „Zigeunerleben“und zeigte damit die Vielseitigkeit seines Könnens.
Aus Themen des Singspiels „Die Schweizerfamilie“hat Friedrich Silcher ein Divertissement zusammengestellt, mit dessen Wiedergabe Anne Burbulla ( Querflöte) einen ersten Beweis ihrer hohen Kunst lieferte. Feinsinniges Musizieren in hoher Vollendung mit Passagen, die von langem Atem geprägt waren, und einer Vielzahl kurz angerissener Themen kennzeichneten dieses musikalische Zusammenwirken mit ihrem Ehemann Peter Schmitz am Flügel. Ob hüpfend, beschaulich oder in perlenden Läufen mit glasklaren Einzeltönen – das gemeinsame Verständnis dieses anspruchsvollen Werkes geriet zu einem ungeteilten mit viel Beifall gewürdigten Hörgenuss.
Im zweiten Teil des Konzerts bot der Chor einen Querschnitt mit durchweg anspruchsvollen, oft und selten gehörten Perlen der Opernliteratur. Immer wieder hatte man den Eindruck, als seien diese Werke dem Silcherchor genau auf den Leib geschrieben worden. Flott, engagiert, mit überraschenden Piano-Einschüben der Jägerchor aus Webers „Freischütz“, erhaben der Priesterchor
aus Mozarts „Zauberflöte“als Gralshüter des Wahren und Edlen.
Aufsteigender Chorklang
Stets erwies sich Chorleiter Peter Schmitz als versierter Meister am Piano, wobei seine Sänger auch auf kleinste Zeichen ihres Dirigenten achteten. Auch im „Fidelio“von Beethoven gibt es einen Gefangenenchor mit einem aus der Tiefe aufsteigenden Chorklang. Bekannt, geliebt, im sprachlichen Original: das Lied des Toreadors aus „Carmen“von Georges Bizet „Auf in den Kampf“bis zum strahlenden Finale. Nicht fehlen durfte Giuseppe Verdi mit dem Soldatenchor aus „Il trovatore“und dem durch die Flötistin instrumental bereicherten Gefangenenchor aus „Nabucco“. Hier zeigte sich erneut das sprachlich differenzierte Vermögen der Sängerschar in Verbindung mit chorisch abgerundeten unisono-Passagen, die sich zu vielstimmiger Fortführung weiteten.
Jubelnder Beifall
Dazwischen bewies Anne Burbulla aufs Neue in Verbindung mit aussagekräftiger Körpersprache ihre hohe Musizierkunst bei einem Concertino für Flöte und Klavier der Französin Cecile Chaminade in der Tonsprache des beginnenden 20. Jahrhunderts.
Fast endlose Läufe in perlender Wiedergabe mit vielfach aufsteigendem Charakter wechselten mit exakt ausformulierten Eckpunkten. Dazwischen emotional und einfühlsam gestaltete Intermezzi, überleitend zu zauberhaft transparenten Kadenzen von beträchtlichem Umfang, vom Publikum im weitgehend ausverkauften Kursaal mit jubelndem Beifall gewürdigt. Auch hier überzeugte Peter Schmitz als einfühlsamer Mitgestalter am Klavier.
Im Pilgerchor aus Wagners „Tannhäuser“bewies der Chor noch einmal seine außergewöhnliche Gestaltungskraft in großen Melodiebogen bis zum kraftvollen Halleluja im Sängerkrieg auf der Wartburg, das einprägsam „in Ewigkeit“verklingen durfte. Mit kabarettistischen Einlagen als publikumswirksamem Gegenpol danach Wagners Matrosenchor aus dessen „Fliegendem Holländer“. Doch auch nach diesem sängerischen Genuss konnte ein Konzert des Silcherchors nicht enden ohne die ganz spezielle, verinnerlicht ausgeprägte Wiedergabe von Nagels „Schöne Nacht.“
Mit lang anhaltendem Beifall dankten die Zuhörer für ein Hörvergnügen nicht nur mit Jägern, Priestern, Matrosen und Toreros auf ausgesprochen hohem Niveau.