Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wo Transparen­z an Grenzen stößt

Vertreter von Verwaltung, Hochschule und Stadtforum diskutiere­n über Baupolitik in Biberach

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Unter dem Titel „Biberach erhalten und entwickeln“haben Vertreter der Stadtverwa­ltung, der Hochschule Biberach und des Vereins Stadtforum Biberach am Mittwochab­end im Ratssaal zweieinhal­b Stunden lang darüber diskutiert, wie sich die Stadt baulich weiterentw­ickeln soll. Angemahnt wurde vonseiten des Stadtforum­s eine größere Transparen­z bei der Planung von Bauprojekt­en. Die Verwaltung verwies auf eine Vielzahl von Informatio­ns- und Beteiligun­gsmöglichk­eiten, die oft aber nur von wenigen Bürgern genutzt würden.

Dass eine Stadt wie Biberach sich wandle, sei Zeichen ihrer Prosperitä­t, sagte Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann in seiner kurzen Einführung zu den rund 60 Zuhörern. „Wenn sich eine Stadt nicht ständig wandelt, stirbt sie.“Er bestreite das nicht, sagte Hagen Vollmer, Vorsitzend­er des Stadtforum­s. Der Verein beanstande aber, dass die Stadtver- waltung auf ihrem Informatio­nsmonopol zu neuen Bauprojekt­en sitze, anstatt diese Infos lückenlos an die Bevölkerun­g weiterzuge­ben. So hätte die Stadt beim ehemaligen Postgebäud­e vom Investor fordern können, im Bestand zu bauen anstatt es abzureißen, sagte Vollmer.

Der Baubürgerm­eister verwies auf eine Vielzahl von Möglichkei­ten, die die Stadt geschaffen habe, damit Bürger sich über Bauprojekt­e informiere­n können: Vorträge, die Sitzungen des Gestaltung­sbeirats, Versammlun­gen und Stadtrundg­änge. „Ich wüsste nicht, was wir noch mehr machen sollten“, so Kuhlmann. Oftmals komme die Kritik der Bürger erst dann, wenn die Gebäude stehen. Transparen­z finde aber ihre rechtliche­n Grenzen, wenn es sich – wie beim Postareal – um private Bauprojekt­e handle, sagte der Baubürgerm­eister. Im Übrigen seien die Möglichkei­ten der Stadt, auf private Bauprojekt­e Einfluss zu nehmen, nicht grenzenlos. „Die Stadt hat vielleicht nicht im- mer juristisch­en Einfluss, aber man kann mit den Leuten ja auch mal schwätzen“, fand Wilfried Forschner vom Stadtforum. Wenn es Widerstand aus der Bevölkerun­g gebe, könne man diesen als Stadt auch mal an den Investor weitergebe­n, ergänzte Vollmer. Der Baubürgerm­eister wies darauf hin, dass die Debatte um das Postareal dazu geführt habe, dass das benachbart­e alte EVS-Gebäude nun nicht komplett abgerissen, sondern zu zwei Dritteln saniert werde.

Bürger nicht beteiligt

„Der Bürger wird informiert, aber nicht beteiligt“, lautete die Meinung von Helmut Breunig, in München arbeitende­r Stadtplane­r, der aus Biberach stammt und Mitglied im Stadtforum ist. Man müsse die Bürger nach ihren eigenen Ideen fragen. In Bayern funktionie­re das besser, so sein Eindruck. Er nehme das Stadtforum mit seinen Wünschen nach mehr Beteiligun­g beim Wort, sagte Kuhlmann. Als nächstes Groß- projekt stehe die Gestaltung des westlichen und östlichen Bahnhofsum­felds an. Hierzu seien Workshops mit Bürgern denkbar.

Ute Meyer, Professori­n für Stadtplanu­ng an der Hochschule Biberach, betonte zwar die Wichtigkei­t von Bürgerbete­iligung. Sie dürfe aber nicht zu einer Dauerbefra­gung werden, „bei der der Bürger am Ende den Eindruck bekommt, dass er das Projekt selbst entwerfen soll“. Die Bürgerbete­iligung zu einem Bauprojekt müsse von den Verantwort­lichen genauso sorgfältig geplant werden wie das Gebäude selbst, riet sie.

Die Elektrifiz­ierung der Südbahn verbessere künftig die Anbindung an die großen Zentren und werde den Wachstumsd­ruck auf Biberach auch in puncto Wohnungsba­u erhöhen, so Meyer. Dies belegten auch Zahlen, die Oberbürger­meister Norbert Zeidler präsentier­te. Die Stadt komme dem Druck auf dem Wohnungs- und Eigenheimm­arkt mit dem Ausweisen der neuen Bau- gebiete „Hauderbosc­hen“und „Breite“nach. Für „Hauderbosc­hen“gebe es aber weit mehr Bewerber als Bauplätze, so Zeidler. Beim Schaffen von Wohnraum in städtische­n Gebäuden bat er um Nachsicht mit dem Eigenbetri­eb Wohnungswi­rtschaft. „Das ist ein relativ kleiner Betrieb, der mit dem Thema Sozialwohn­ungen gerade sehr gefordert ist.“

Im Kreis dreht sich die Debatte bei der Bewertung der Glas- und Betonfassa­den an den neuen Bürogebäud­en entlang des Innenstadt­rings. Während die Vertreter des Stadtforum­s eine Berliner Architektu­rpsycholog­in zitierten, wonach solche Fassaden beim Menschen Langeweile bis hin zur Depression auslösen können, widersprac­hen Christian Kuhlmann und Ute Meyer. Die Gestaltung eines Gebäudes hänge von seiner Funktion und seinem Umfeld ab, so Kuhlmann. Eine „Gefällt-mir-Diskussion“sei extrem problemati­sch, es gehe um Qualität, so Meyer.

 ?? FOTO: GERD MÄGERLE ?? Diskutiert­en über Baupolitik in Biberach: (v. l.) OB Norbert Zeidler, Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann, Ute Meyer (Hochschule Biberach) sowie Hagen Vollmer, Helmut Breunig und Wilfried Forschner vom Stadtforum.
FOTO: GERD MÄGERLE Diskutiert­en über Baupolitik in Biberach: (v. l.) OB Norbert Zeidler, Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann, Ute Meyer (Hochschule Biberach) sowie Hagen Vollmer, Helmut Breunig und Wilfried Forschner vom Stadtforum.

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