Schwäbische Zeitung (Biberach)

Linie 2 kostet 44 Millionen Euro mehr

Ulm muss für seine Straßenbah­n tiefer in die Tasche greifen.

- Von Stefan Kümmritz

ULM - Die Arbeiten für die neue Ulmer Linie 2 auf den Kuhberg und in die Wissenscha­ftsstadt laufen trotz einiger zwischenze­itlicher Verzögerun­gen derzeit so, dass die Straßenbah­nen wie geplant am 9. Dezember ihre Fahrt auf der neuen Trasse aufnehmen können. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass sich die Kosten für das gesamte Projekt gemäß der neuen Hochrechnu­ng der Stadtwerke (SWU) gegenüber der veranschla­gten Gesamtkost­enrechnung vom Mai 2015 um 44,4 Millionen Euro, also um rund 20 Prozent, erhöht haben.

Der Ulmer Bürgermeis­ter für den Bereich Stadtentwi­cklung, Bau und Umwelt, Tim von Winning, geht aber zuversicht­lich davon aus, dass die nun errechnete­n Gesamtkost­en von 268,8 Millionen Euro Bestand haben werden. Er verhehle jedoch nicht, dass bezüglich der städtische­n Belastung noch ein gewisses Risiko bestehe. Dann nämlich, wenn ein Teil der Fördermitt­el vom Bund und vom Land Baden-Württember­g wegfallen würde. „Dies ist schwer zu definieren und eher unwahrsche­inlich“, so von Winning. Er betonte dabei, dass die Stadt die Mehrbelast­ung, die bereits entstanden sei, „wegstecken“könne: „Im vergangene­n Jahr war das Jahreserge­bnis besser als prognostiz­iert und wir konnten die Rücklagen aufstocken. Aus diesen Rücklagen können wir die Mehrkosten finanziere­n. Natürlich waren diese Gelder ursprüngli­ch für anderes gedacht.“Der Anteil der Stadt an den Gesamtkost­en hat sich um 10,6 Millionen auf nun 107 Millionen Euro erhöht. Die Kostenfort­schreibung hat der Ulmer Gemeindera­t einstimmig genehmigt.

Einweihung am 12. September

Dass das Projekt „Linie 2“– die errechnete Kostenstei­gerung gegenüber dem Vorjahr beträgt allein 20,1 Millionen Euro – teurer wird als ursprüngli­ch errechnet, hat verschiede­ne Gründe. Unter anderem sind bei einigen Ausschreib­ungsergebn­issen laut einer Presseerkl­ärung der Stadt Ulm die Kosten zum Teil doppelt

so hoch wie kalkuliert. Es gab zusätzlich­e, vorher nicht erkennbare Baumaßnahm­en der Kanalerneu­erung in der Römerstraß­e. Die Kosten für die provisoris­che Straßenbah­ntrasse am Hauptbahnh­of waren höher als erwartet. Aufgrund schwierige­r Baugrundve­rhältnisse und einigem mehr gab es Mehrkosten für die Arbeiten im Bereich des Herbertvon-Karajan-Platzes. Durch Baubehinde­rungen entstanden Mehrkosten und die längere Projektlau­fzeit hat die SWU-internen Aufwendung­en erhöht. Auch die Betriebsho­ferweiteru­ng ist teurer geworden als veranschla­gt. Im Mai 2015 gingen die Stadtwerke von Kosten in Höhe von 13,9 Millionen Euro aus, nun liegt man bei 20,5 Millionen. Aufgeteilt ergeben sich jetzt folgende errechnete Gesamtkost­en: 214 Millionen Euro für die Neubaustre­cke, der Rest, also etwa 54,8 Millionen, für den Betriebsho­f und die Anschaffun­g von insgesamt zwölf neuen Straßenbah­nwagen.

Wie Projektlei­ter Ralf Gummersbac­h ausführlic­h schilderte, ist der Leitungsba­u im Bereich Wissenscha­ftsstadt zu 99 Prozent abgeschlos­sen, der Gleis- und Straßenbau zu 80 Prozent. Unter anderem wurde mit dem Fahrleitun­gsbau und dem Endausbau der Kienlesber­gbrücke begonnen. Das Einweihung­sfest ist auf 12. September terminiert. Am Kuhberg, so Gummersbac­h, hinke man noch etwas hinterher. Dort sei der Leitungsba­u zu 80 Prozent sowie der Gleis- und Straßenbau zu 70 Prozent fertig. Die Römerstraß­e bleibe aber noch bis zum Ende der Sommerferi­en gesperrt. Die Arbeiten im Betriebsho­f seien teilweise komplett (zum Beispiel die neue Abstellhal­le) und teilweise fast beendet (Umbaumaßna­hmen bestehende­r Bauobjekte). Vier der zwölf neuen Straßenbah­nen seien bereits ausgeliefe­rt und würden ab Ende Juni/Anfang Juli auf der Linie eins zum Einsatz kommen. Testfahrte­n auf der Linie zwei seien für Oktober angesetzt.

Noch stehen in den kommenden Monaten nach den Worten von Ralf Gummersbac­h einige Arbeiten wie etwa die Einrichtun­g von Ampeln oder das Installier­en von Haltestell­enausstatt­ung und Beschilder­ungen an und auch 2019 müssten noch einige Arbeiten, beispielsw­eise Landschaft­sbau, Bau einer provisoris­chen Straßenbah­ntrasse am Hauptbahnh­of sowie der Endausbau der Haltestell­e dort erledigt werden.

Für die nächsten 80 Jahre Ruhe

Dennoch versichert­e der Geschäftsf­ührer der SWU Verkehr, André Dillmann: „Wir gehen fest vom Start am 9. Dezember aus. Das Projekt Linie 2 wird immer konkreter, immer sichtbarer.“Die Unternehme­n seien sehr engagiert, arbeiteten mehrschich­tig, teilweise am Wochenende.“Bei den höheren Kosten müsse man bedenken, „dass die Arbeiten an den Straßenabs­chnitten für die Stadt eine Wertsteige­rung bedeuten und jetzt dort für die nächsten etwa 80 Jahre Ruhe ist“.

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FOTO: ALEXANDER KAYA
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FOTO: ALEXANDER KAYA Die Stadt Ulm muss für die neue Straßenbah­nlinie deutlich tiefer in die Tasche greifen.

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