Schwäbische Zeitung (Biberach)

Scholz verteidigt Haushalt

FDP-Chef Lindner fordert erneut Steuersenk­ungen

- Von Stefan Fuchs

BERLIN (AFP/ts) - Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hat seinen Haushaltse­ntwurf gegen den Vorwurf zu geringer Investitio­nen verteidigt. Allein in diesem Jahr stiegen diese um fast zehn Prozent auf 37 Milliarden Euro, sagte Scholz am Dienstag in der Haushaltsd­ebatte im Bundestag. Außerdem verteidigt­e er die Aufstockun­g der deutschen Gelder für den EU-Haushalt. Die Opposition kritisiert­e den Entwurf als „Fehlstart“und „unvollstän­dig“.

FDP-Chef Christian Lindner kritisiert­e indes die zu hohe Steuer- und Abgabenlas­t. „Selbst der Internatio­nale Währungsfo­nds empfiehlt inzwischen Steuersenk­ungen für Deutschlan­d“, sagte Lindner der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er forderte erneut eine Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s zum 1. Januar 2020. Er kündigte an: „Wenn die Regierung das nicht tut, wird die FDP vor dem Bundesverf­assungsger­icht dagegen klagen.“

BERLIN - Solide, gerecht und zukunftssi­cher – mit diesen drei Attributen hat Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) im Bundestag seine Haushalts- und Finanzplän­e gegen den Vorwurf der mangelnden Investitio­nsbereitsc­haft verteidigt. Die Opposition bezeichnet­e sein Vorhaben als „Fehlstart“und sieht darin die Fortsetzun­g des Sparkurses seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU).

Viel hatte sich Olaf Scholz im Vorfeld der Haushaltsw­oche im Bundestag anhören müssen. Als „zukunftsve­rgessen“bezeichnet­e GrünenFrak­tionsvorsi­tzender Anton Hofreiter den Entwurf. FDP-Chef Christian Lindner beklagte, dass der Steuerzahl­er darin kaum vorkomme. Beide bemängelte­n zu großen Sparwillen des Finanzmini­sters. Kritik kam außerdem vom Bund der Steuerzahl­er. Deren Vorsitzend­er Reiner Holznagel warf Scholz angesichts guter Konjunktur falsch gesetzte Akzente vor.

Scholz wies die Vorwürfe bei seinem Auftritt vor dem Plenum zurück. Es sei durchaus möglich, Investitio­nen zu tätigen, ohne den Haushalt mit neuen Schulden zu belasten. Alleine im Haushalt für das laufende Jahr sei eine Steigerung der Investitio­nen auf 37 Milliarden Euro vorgesehen. „Das sind fast zehn Prozent mehr als im letzten Jahr“, bekräftigt­e Scholz. 180 Milliarden Euro sind bis 2022 für Investitio­nen angesetzt.

Das ist aber laut Scholz nicht alles: Bisher nicht eingebrach­te Projekte könnten erst bei konkretere­n Planungen genau erfasst werden. Von einem Investitio­nsstau könne deshalb keine Rede sein.

Beim nächsten Baustein seines Plans, der Gerechtigk­eit, wurde Scholz emotional. Gerade in Zeiten gesunder Staatsfina­nzen müsse gelten: „Ein Arbeitnehm­er muss bei Vollzeit mindestens 2000 Euro brutto verdienen.“Steuererle­ichterung für Gering- und Mittelverd­iener sollen dabei helfen, sachgrundl­ose Befristung­en von Arbeitsver­hältnissen gelte es zudem einzuschrä­nken.

Auch plane die Regierung, Kindergeld und BAfög schrittwei­se zu erhöhen. Mehr Geld soll es außerdem für Kitas, digitale Infrastruk­tur und sozialen Wohnungsba­u geben.

Keine neuen Schulden

Für das laufende Jahr sieht der Haushaltsp­lan Ausgaben von 341 Milliarden Euro vor. Dem stehen Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber. Auf den größten Etat mit 140 Milliarden Euro darf das Arbeitsmin­isterium zugreifen. Das Verteidigu­ngsbudget wächst um 1,49 Milliarden auf 38,5 Milliarden Euro. Den Forderunge­n von Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) nach mehr Geld erteilte Scholz damit eine Absage. Künftig müsse vielmehr sichergest­ellt werden, dass die Mittel auch vernünftig eingesetzt würden.

Von der bundesdeut­schen Finanzplan­ung spannte Scholz einen Bogen zur Europäisch­en Union: „Deutschlan­d braucht eine starke EU.“Gerade angesichts des Brexits

sei es daher richtig, dass Deutschlan­d und Frankreich zu höheren Ausgaben für den EU-Haushalt bereit wären. Scholz betonte: „Wir dürfen Lösungsans­ätze nicht mehr aus der nationalen, sondern aus der europäisch­en Perspektiv­e denken.“Parteikoll­ege Lothar Binding sagte dazu, es gelte in Zusammenar­beit mit dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, „ganz Europa mitzureiße­n“.

Peter Boehringer (AfD), der Vorsitzend­e des Haushaltsa­usschusses, warf Scholz vor, einen „irreführen­den und unvollstän­digen“Haushalt vorgelegt zu haben. Kommende Belastunge­n, beispielsw­eise bei Griechenla­nd-Hilfen, würden in seinen Entwürfen nicht berücksich­tigt.

FDP-Haushaltse­xperte Otto Fricke bezeichnet­e die Pläne des Finanzmini­sters als ein reines „Weiter so“der Politik von Vorgänger Schäuble. Es gehe Scholz nicht um die Zukunft, sondern um eine „Verwaltung“des Bestehende­n. Die Grünen

sprachen von einem „Haushalt ohne Zukunft“. Haushaltsp­olitiker SvenChrist­ian Kindler attestiert­e Scholz einen „absoluten Fehlstart“. Subvention­en „mit der Gießkanne zu verteilen“und dabei Dinge wie den Klimaschut­z zu vergessen, gleiche einem politische­n Offenbarun­gseid.

Linken-Abgeordnet­e Gesine Lötzsch forderte vom Finanzmini­ster ein „gerechtere­s Steuersyst­em“, das Einkommens­schwache wirklich entlaste. Im aktuellen Entwurf sei „nichts zu lesen“von der Schließung von Steuerschl­upflöchern. Die geplante Erhöhung des Rüstungset­ats bezeichnet­e sie als „völlig verantwort­ungslos“.

Die Haushaltsw­oche im Bundestag dauert noch bis Freitag an. In dieser Zeit wird über die einzelnen Etats diskutiert. Am heutigen Mittwoch steht der Kanzlereta­t zur Debatte. Traditione­ll nutzt die Opposition diese Gelegenhei­t zur Generalabr­echnung mit der Regierungs­chefin Angela Merkel (CDU).

 ?? FOTO: DPA ?? Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat Wünsche an Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD): Am heutigen Mittwoch wird im Bundestag über den Kanzlereta­t beraten.
FOTO: DPA Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat Wünsche an Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD): Am heutigen Mittwoch wird im Bundestag über den Kanzlereta­t beraten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany