Schwäbische Zeitung (Biberach)

Erneut tödlicher Unfall mit Tesla

Tettnanger stirbt bei Bellinzona in seinem Wagen – Debatte um die Sicherheit der Batterien von Elektroaut­os

- Von Andreas Knoch und dpa

RAVENSBURG - Beim kalifornis­chen Elektroaut­obauer Tesla häufen sich die tragischen Nachrichte­n. Jüngstes Beispiel: Am Donnerstag vergangene­r Woche ist ein 48-Jähriger Fahrer aus Tettnang (Bodenseekr­eis) nach einem Unfall in der Schweiz in seinem Elektroaut­o verbrannt.

Laut der Tessiner Kantonspol­izei und dem italienisc­hen Sender RSI war der Wagen vor dem Nordportal des Monte-Ceneri-Tunnels auf der Schweizer Autobahn A 2 zunächst mit der Leitplanke kollidiert, hatte sich anschließe­nd überschlag­en und dann Feuer gefangen. Der Fahrer habe nicht gerettet werden können.

Zunächst verwies die Feuerwehr im Kanton Tessin neben einem Foto mit meterhoher Brandsäule über dem Wrack auf Facebook auf den Lithium-Ionen-Akku des Autos. Eine chemische Reaktion mit dem Fachausdru­ck „thermische­s Durchgehen“könne den Brand beschleuni­gt haben, hieß es da. Dabei entstehen schnell sehr hohe Temperatur­en.

Tesla bedauerte den Unfall, bezeichnet­e die Äußerungen zu den Akkus aber als reine Spekulatio­n.

Am Dienstagvo­rmittag entfernte die Feuerwehr ihre ursprüngli­che Facebook-Mitteilung dann. Stattdesse­n veröffentl­ichte sie ein Foto des Unfalls, auf dem kaum Flammen, aber viel Rauch zu sehen war. Tesla betonte, man müsse das Ergebnis des Untersuchu­ngsbericht­s durch die Polizei abwarten. „Wir sind tief betrübt über den Unfall“, teilte ein Tesla-Sprecher mit. „Wir arbeiten daran, alle Fakten zu diesem Fall zusammenzu­tragen und arbeiten vollumfäng­lich mit den örtlichen Behörden zusammen.“Tesla konnte zunächst auch keine Angaben dazu machen, ob das Autopilot-Assistenzs­ystem zum Zeitpunkt des Unfalls eingeschal­tet war.

Zwei Tage vor dem Unfall im Tessin sind im US-Bundesstaa­t Florida zwei Menschen in einem Tesla ums Leben gekommen, nachdem das Auto in Fort Lauderdale von der Straße abkam, gegen eine Mauer fuhr und in Flammen aufging. Die US-Verkehrssi­cherheitsb­ehörde National Transporta­tion Safety Board (NTSB), die den Fall untersucht, konzentrie­rt sich nach eigenen Angaben auf den Batteriebr­and, der durch den Unfall ausgelöst worden sei.

Wie sicher sind die Batterien?

In den USA ist Tesla in mehrere Ermittlung­en verstrickt, in denen Behörden wie der NTSB oder die für die Straßen- und Fahrzeugsi­cherheit verantwort­liche National Highway Traffic Safety Administra­tion (NHTSA) versuchen herauszufi­nden, ob entweder der von Tesla verwendete Autopilot oder die Batteriete­chnologie des Hersteller­s für die tödlichen Unfälle verantwort­lich sind. Für Aufsehen sorgte ein Crash im kalifornis­chen Silicon Valley, bei dem das Wrack gelöscht wurde, die Batterien nach Angaben der Feuerwehr aber dreimal erneut Feuer fingen, zuletzt sechs Tage später.

Obwohl Tesla stets beteuert, vollumfäng­lich mit den Behörden zusammenzu­arbeiten, gab es zuletzt erhebliche Dissonanze­n. So hatte die NHTSA jüngst Behauptung­en Teslas widersproc­hen, wonach das Autopilot-Assistenzs­ystem Unfälle signifikan­t vermeide. Tatsächlic­h, so die NHTSA, sei die Wirksamkei­t des Systems nie getestet worden.

In Deutschlan­d kam die Bundesanst­alt für Straßenwes­en (BAST) in einem Gutachten sogar zum Schluss, dass der Autopilot von Tesla eine „erhebliche Verkehrsge­fährdung“darstelle. Das Kraftfahrt-Bundesamt forderte Tesla daraufhin auf, nicht mehr mit dem Begriff Autopilot zu werben.

Neben der zunehmende­n Skepsis über die Marktreife der von Tesla verwendete­n Technologi­en treffen das Unternehme­n und seinen schillernd­en Chef Elon Musk auch von anderer Seite Negativsch­lagzeilen. So gelingt es Tesla nicht, die Produktion des Model 3 auf die angekündig­ten 5000 Einheiten pro Woche hochzufahr­en. Nach Problemen mit der Batterie musste Musk kürzlich eingestehe­n, zu aggressiv auf die Automatisi­erung der Fertigung gesetzt zu haben.

Darüber hinaus haben seit November 2017 mehr als zehn hochrangig­e Manager das Unternehme­n verlassen – zuletzt kündigte Produktion­schef Doug Fields eine längere Auszeit an. Inoffiziel­l wird für den Aderlass auch der despotisch­e Führungsst­il Musks verantwort­lich gemacht. Vor diesem Hintergrun­d hatte Musk am Montagaben­d eine „grundlegen­de Umstruktur­ierung“des Unternehme­ns angekündig­t. Dazu zähle vor allem eine flachere Hierarchie, hieß es in einem Brief des Firmenchef­s an die Belegschaf­t. Zudem wolle Musk „rasch“Leute für die Produktion einstellen.

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FOTO: AFP Tesla-Chef Elon Musk.

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