Schwäbische Zeitung (Biberach)
Gutachter rät zu Therapie
Missbrauchsfall Staufen: Urteil gegen Soldat fällt heute
FREIBURG (dpa) - Nach der Vergewaltigung eines Jungen durch einen Soldaten hat ein psychiatrischer Gutachter für den Mann eine Therapie vorgeschlagen. Der 50-Jährige müsse dauerhaft betreut werden, sagte der Sachverständige Hartmut Pleines am Dienstag vor dem Landgericht Freiburg. Es handele sich bei dem Deutschen um einen Pädophilen, es bestehe ein Rückfallrisiko. Dieses sei jedoch nicht so gravierend, dass Sicherungsverwahrung gerechtfertigt wäre. Auch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus komme nicht in Betracht.
Der Mann hat gestanden, den aus Staufen bei Freiburg stammenden Jungen im vergangenen Jahr zweimal vergewaltigt und dafür Geld gezahlt zu haben. Das Urteil soll am heutigen Mittwoch verkündet werden, wie der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin ankündigte. Die Plädoyers wurden am Dienstag hinter verschlossenen Türen gehalten. Als Grund nannte das Gericht Persönlichkeitsrechte des Angeklagten.
Die Staatsanwältin forderte zwölf Jahre Haft und anschließende Sicherungsverwahrung, der Verteidiger vier Jahre Haft ohne Sicherungsverwahrung. Die Anwältin der Nebenklage, die das Opfer vertritt, plädierte auf elf Jahre Gefängnis, Sicherungsverwahrung und 12 500 Euro Schmerzensgeld (Az.: 6 KLs 160 Js 30350/17).
Der Junge war mehr als zwei Jahre lang im Internet angeboten und Männern gegen Geld für Vergewaltigungen überlassen worden. Es ist in Freiburg der zweite von mehreren Prozessen, weitere folgen. In dem Missbrauchsfall gibt es insgesamt acht Verdächtige.
Es handele sich um „verstörende und abstoßende Taten“, sagte der Gutachter. Der Bundeswehrsoldat habe eine „abnorme Sexualität“. Mit einer Therapie könne es gelingen, sie in den Griff zu bekommen. Eine psychische Erkrankung gebe es nicht, der Mann sei voll schuldfähig.
Keine Sicherungsverwahrung
Die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung, wie sie die Staatsanwaltschaft und die Vertreterin der Nebenklage fordern, seien nicht gegeben, sagte Pleines. Der Mann habe von der Justiz 2007 zwar einen Strafbefehl wegen des Besitzes von Kinderpornografie erhalten. An Kindern vergangen habe er sich aber vor den Taten in Staufen nicht. Für solche Ersttäter sei Sicherungsverwahrung nicht gedacht. Seit der Festnahme sitzt der Mann, wie alle Verdächtigen, in Untersuchungshaft. Er ist vorläufig des Dienstes enthoben und darf keine Uniform mehr tragen.