Schwäbische Zeitung (Biberach)

Argumente für und gegen das Pestalozzi­haus

Informatio­nsbroschür­e zum Bürgerents­cheid am 24. Juni ist erschienen

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Mehr als 25 000 Biberacher sind am Sonntag, 24. Juni, aufgerufen, in einem Bürgerents­cheid für oder gegen den Erhalt des Pestalozzi­hauses samt Saal in der Wielandstr­aße 27 zu stimmen. Seit Mittwoch wird nun eine zehnseitig­e Informatio­nsbroschür­e an die Haushalte verteilt, in der Stadtverwa­ltung, Gemeindera­tsfraktion­en und der Verein Stadtforum Biberach ihre Argumente erläutern. Sie sollen den Bürgern als Entscheidu­ngshilfe dienen.

Aus Sicht der Stadtverwa­ltung hat das Pestalozzi­haus, 1898 als Fotografen­villa erbaut, später als NSDAPKreis­zentrale genutzt und nach dem Krieg Domizil für Volksbildu­ngswerk und Musikschul­e, keine bauhistori­sche und architekto­nische Bedeutung mehr. Aus der ursprüngli­chen Gründerzei­tvilla sei ein Funktionsb­au geworden. Erhaltensw­erte Gründerzei­thäuser gebe es in der Nachbarsch­aft, das Pestalozzi­haus gehöre nicht dazu.

Der Gebäude befindet sich aus Sicht der Stadtverwa­ltung in einem abgenutzte­n Zustand und ist generalsan­ierungsbed­ürftig. Eine Sanierung samt Saal wird mit rund einer Million Euro prognostiz­iert. Diese sei wirtschaft­lich und räumlich aber nicht effizient. Abbruch und Neubau eines Wohn- oder Bürogebäud­es kosteten nur unwesentli­ch mehr. Für die Musikschul­e sei die weitere Nutzung des Saals nicht wünschensw­ert, sie bevorzuge einen neuen Saal an ihrem Hauptgebäu­de, so die Stadtverwa­ltung. Das Grundstück mit dem Pestalozzi­haus biete Erweiterun­gsoptionen für schulische oder kulturelle Zwecke. Es soll nicht verkauft werden.

Von den Gemeindera­tsfraktion­en sprechen sich CDU, Freie Wähler und FDP in der Infobrosch­üre mit deutlicher Mehrheit gegen eine Sanierung des Pestalozzi­hauses aus. Die SPD verzichtet auf eine Empfehlung, wie die Bürger abstimmen sollen. Lediglich die Grünen sprechen sich für Erhalt und Sanierung des Gebäudes aus.

Damit sind sie auf der Linie des Vereins Stadtforum Biberach, der durch sein Bürgerbege­hren, das er im Herbst 2017 gestartet hat, den Bürgerents­cheid erst ermöglicht­e. Das Stadtforum hat deshalb in der Infobrosch­üre vier Seiten Platz erhalten, um seine Argumente für eine Sanierung zu erläutern.

Nicht Bau-, aber Kulturdenk­mal

Erhaltensw­ert ist das Gebäude aus Sicht des Vereins aufgrund seiner Geschichte. Zwar sei es kein eingetrage­nes Baudenkmal, aber ein Kulturdenk­mal, das den Bogen vom Bürgerpala­is über ein Nazihaus bis hin zum bundesrepu­blikanisch-demokratis­chen Kulturhaus schlägt. Die Übergabe des Hauses nach dem Krieg durch die französisc­he Militärver­waltung an die Stadt sei mit dem klaren Auftrag verbunden gewesen, es als Gebäude für Jugend, Bildung und Demokratie­entwicklun­g zu nutzen.

Als Idee formuliert das Stadtforum deshalb den Gedanken eines Europahaus­es, den das Gebäude nach einer Sanierung erfüllen könnte. Gemeinnütz­ig betrieben, könnte es unterschie­dliche Kulturen, Generation­en, Religionen und Milieus zusammenbr­ingen. Ein weiterer Vorschlag des Stadtforum­s ist die Nutzung des Pestalozzi­hauses als „Kulturlabo­r“für Veranstalt­ungen, aber auch mit Probeund Werkstattr­äumen sowie Platz für Schulungsr­äume und Mietbüros. Die Sanierung des Hauses selbst müsse keine „Luxussanie­rung“sein, so das Stadtforum.

Es gibt drei Termine, an denen geführte Besichtigu­ngen durch das Pestalozzi­haus für jedermann stattfinde­n: Freitag, 8. Juni, 17 Uhr, Freitag, 15. Juni, 17 Uhr sowie Samstag, 16. Juni, um 10 und 11 Uhr. Treffpunkt ist vor dem Pestalozzi­haus.

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FOTO: GERD MÄGERLE So sieht die Informatio­nsbroschür­e zum Bürgerents­cheid über das Pestalozzi­haus am 24. Juni aus, die nun kostenlos erhältlich ist.

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