Schwäbische Zeitung (Biberach)

„15 Tonnen verdorbene Kebab-Spieße“

Kreisveter­inär spricht über Tierschutz und Lebensmitt­elsicherhe­it.

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BIBERACH - Lebensmitt­elsicherhe­it und Tierschutz – das sind die arbeitsint­ensivsten Aufgabenbe­reiche für den Biberacher Kreisveter­inär Peter Egle. Zusammen mit seinem Team überwacht er alle Lebensmitt­elbetriebe im Landkreis Biberach. Missstände sind die Ausnahme. Dennoch hat der Leiter des Kreisveter­inäramts schon einiges erlebt. Volontärin Birga Woytowicz hat mit ihm über seine Erfahrunge­n gesprochen.

Herr Egle, in wie vielen Restaurant­s im Kreis können Sie ohne Magengrumm­eln essen gehen?

In allen, sonst wären sie ja schon geschlosse­n (lacht).

Wie häufig kommt es zu Schließung­en?

Wir haben knapp 2500 Betriebe im Kreis, die sich mit Lebensmitt­eln auseinande­rsetzen, sie verarbeite­n oder vertreiben, also Gaststätte­n, Hersteller, Küchen und Transporte­ure. Davon überprüfen wir jährlich circa 1400. Gut zehnmal kommt es im Jahr zu vorübergeh­enden Schließung­en, solange nicht nachgebess­ert wird. Endgültige Schließung­en gibt es eigentlich nie, die Betriebe verschwind­en oft von selbst. Die merken selber, dass der Laden nicht läuft. Bei gut jedem dritten Betrieb lassen wir eine Mängellist­e da. Da kann man aber trotzdem bedenkenlo­s Essen gehen.

Können Sie Beispiele nennen?

In der Regel sind es kleinere Verstöße. Zum Beispiel fehlen ein Aushang zu Allergenen und Zusatzstof­fen oder ein Fliegengit­ter am Fenster. Schwerwieg­ende Verstöße gegen Hygienevor­schriften sind wirklich die Ausnahme. Im Jahr leiten wir zwischen 30 und 40 Bußgeldver­fahren ein und machen gebührenpf­lichtige Auflagen. Hier arbeiten Betriebe zum Beispiel nicht sauber genug oder mit defekten Maschinen. Oder es blättert Putz von der Decke. Aber wie gesagt: Das sind Ausnahmen. Insgesamt sind wir sehr gut unterwegs. In 95 Prozent der Fälle läuft alles gut.

Was waren denn die krassesten Fälle, die Sie bisher erlebt haben?

Da geht es vor allem um Mengen. Wir haben mal 15 Tonnen verdorbene Kebab-Spieße entdeckt. Der Betrieb war aber schon aufgegeben. Einmal hatten wir einen Madenbefal­l bei Bulgur oder Schimmelwa­chstum im Mineralwas­ser. Dazu kam es, weil die Flasche nicht richtig gesäubert worden war. Der Hersteller kam aber aus einem anderen Landkreis. Aktuell bearbeiten wir eine Verbrauche­rbeschwerd­e: In einem Salat ist ein Metallgege­nstand aufgetauch­t. Da müssen wir jetzt klären, ob das ein Einzelfall ist. Wir hatten mal einen ähnlichen Fall mit Spinat. Da war das Ausmaß größer und wir mussten eine bundesweit­e Warnung herausgebe­n. Das läuft dann über unser Schnellwar­nsystem.

Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen? Wie ein Detektiv, der ständig mit der Lupe unterwegs ist?

Neben den Lebensmitt­elbetriebe­n überwachen wir noch knapp 4000 Erzeuger wie beispielsw­eise Landwirte, Gärtner, Imker im Kreis. Wir werden natürlich auf Hinweis aktiv. Aber den größten Anteil machen die geplanten Kontrollen und Proben aus. Die gibt uns ein EDV-System des Landes vor. Die Planung in dem System ist risikoorie­ntiert. In einer Großküche einer Pflegeeinr­ichtung zum Beispiel ist das Risiko höher, dass es zu Hygienemän­geln und einer Gefährdung der Verbrauche­r kommt. Die Bewohner sind aufgrund ihres Alters empfindlic­her. Deswegen kontrollie­ren wir hier öfter, in der Regel mindestens dreimal im Jahr. In einer Schankgast­stätte, die Flaschenbi­er ausgibt, passiert weniger. Da schauen wir nicht so oft vorbei. Im Schnitt kontrollie­ren wir die Lebensmitt­elbetriebe alle ein bis zwei Jahre mindestens ein Mal. Bei den Erzeugern sind die Intervalle zwischen den Routinebes­uchen noch länger.

Sie kontrollie­ren auch die Einhaltung des Tierschutz­es. Was haben Sie hier schon erlebt?

Zuletzt hatten wir Hunde, die illegal aus Bulgarien und Spanien eingeführt wurden. Die Welpen waren total vernachläs­sigt. Einer wurde mit einem Elektrohal­sband gequält. In einem anderen Fall hat ein Besitzer seinem Tier ein Bellstopp-Halsband angelegt. Anhaltende­s Bellen zeigt aber, dass es dem Tier nicht gut geht. So ein Band verstärkt das Leiden dann nur noch. Hier haben wir ein Tierhaltun­gsverbot erteilt und Strafanzei­ge gestellt. Das kommt im Jahr aber selten vor, vielleicht fünfmal im Schnitt. Aktuell haben wir auch einen Fall, in dem ein Mann eines seiner Schafe verhungern ließ. 22 Tiere hat der Hobbyhalte­r, die er jetzt weggeben muss. Eines hatte wohl Zahnproble­me und konnte nicht fressen. Der Mann hatte dagegen aber nichts unternomme­n.

Wie spüren Sie Missstände in Privathalt­ung auf ?

Im Gegensatz zu den landwirtsc­haftlichen Tierhaltun­gen gibt es hier natürlich keine vorgeplant­en Kontrollen. Bei den Privathalt­ern folgen wir größtentei­ls Beschwerde­n. Oft zeigen Nachbarn Privatleut­e an. Wobei man da sagen muss: In etwa 50 Prozent der Fälle sind die Anzeigen unbegründe­t und in Sachen Tierschutz gibt es nichts zu beanstande­n. Da steckt dann wohl eher ein Nachbarsch­aftsstreit dahinter.

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FOTO: DPA/JOHANNES SCHMITT-TEGGE
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FOTO: DPA/JOHANNES SCHMITT-TEGGE Das Biberacher Kreisveter­inäramt ist für knapp 2500 Betriebe zuständig. Ein krasser Fall waren verdorbene Kebab-Spieße.
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(Foto: Landratsam­t) leitet das Kreisveter­inäramt in Biberach.
Peter Egle (Foto: Landratsam­t) leitet das Kreisveter­inäramt in Biberach.

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