Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ulm beleuchtet Einsteins Spuren
Eine neue Broschüre beschäftigt sich mit dem Wissenschaftler und seiner Familie
ULM (sz) - Die Stadt Ulm beschäftigt sich derzeit intensiv mit ihrem berühmtesten Sohn: Zu Ottmar Hörls Skulpturen-Aktion „Mensch Albert“und zur zugehörigen Ausstellung im Museum Ulm hat die Stadt die 42seitige Broschüre „Einstein und Ulm“aufgelegt. Ulm stehe in der Pflicht, heißt es darin. Die Broschüre enthält viele Abbildungen originaler Dokumente - angefangen mit einer Kopie seiner Geburtsurkunde, unterschrieben am 15. März 1879, dem Tag nach der Geburt des kleinen Albert, von Einsteins Vater Hermann.
Die informative Broschüre versucht nicht nur das Phänomen Albert Einstein zu erklären, sondern geht auch auf die weitverzweigte Familie des Physikers ein: 18 Cousins und Cousinen des späteren Nobelpreisträgers wurden in Ulm geboren, die Mehrheit von ihnen verbrachte ihr erwachsenes Leben in der Stadt als geachtete Mitglieder der Gesellschaft. Kosman Dreyfuss, ein Onkel Albert Einsteins, war Vorsitzender des Israelitischen Vorsteheramtes und nahm den Schlüssel der von Adolf Wolff erbauten und im September 1873 eingeweihten Synagoge auf dem Weinhof in Empfang.
Auf die Benennung einer Straße in Ulm im Jahr 1929 reagierte Albert Einstein mit einem artigen Dankesschreiben und seinem speziellen Humor: „Von der nach mir benannten Straße habe ich schon gehört. Mein tröstlicher Gedanke war, dass ich ja nicht für das verantwortlich bin, was darin geschieht.“Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, reagierte Albert Einstein mit einem „Bekenntnis“.
Darin schreibt er, er werde sich solange ihm die Möglichkeit offenstehe - nur in einem Land aufhalten, „in dem politische Freiheit, Toleranz und Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz herrschen“, wozu für ihn „die Achtung vor jeglicher Überzeugung eines Individuums“gehöre. Die regionalen Machthaber reagierten: Prompt wurde die „Einsteinstraße“in „Fichtestraße“umbenannt. Einstein wurde die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Kurz nach Kriegsende folgte in Ulm die Rückbenennung der „Fichtestraße“in „Einsteinstraße“. Die Einstein nach dem Zweiten Weltkrieg angetragene Ehrenbürgerwürde der Stadt Ulm lehnte der Physiker ab - in einem persönlichen Brief, der auf die im Nationalsozialismus an Juden begangenen Verbrechen einging.
Einstein, der vor dem Krieg wohl öfter in Ulm gewesen war und während der zwölf Jahre nationalsozialistischer Herrschaft seinen Ulmer Verwandten zu helfen versucht hatte, kam nach 1945 nicht mehr in die Stadt seiner Geburt. Wer Einsteins Spuren in Ulm folgen will, kann auf den letzten Seiten der Broschüre einen Rundgang nachvollziehen.