Schwäbische Zeitung (Biberach)
Viel mehr als nur ein Kindergarten
Familienzentren im Talfeld und im Weißen Bild erhalten nun auch Förderung durch die Diözese
BIBERACH (gem) - Aus Kindergarten wird Familienzentrum – das gilt seit 2012/13 für die katholischen Kindertageseinrichtungen St. Nikolaus im Talfeld und St. Wolfgang im Weißen Bild. Ziel ist, Beratungsangebote zu schaffen sowie die Integration und Identifikation der Bewohner der beiden Stadtteile zu stärken, die sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt haben. Seit diesem Jahr bezuschussen nicht nur Stadt und die katholische Gesamtkirchengemeinde die Familienzentren, sondern auch die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die notwendige Zertifizierung haben beide Familienzentren in Biberach erhalten und sind nun bis 2021 zusammen mit 27 anderen Zentren in der Diözese gefordert, Erfahrungen zu sammeln.
Die Stadtteile Weißes Bild und Talfeld scheinen zunächst sehr unterschiedlich: Das Weiße Bild ist so etwas wie der Multikulti-Stadtteil von Biberach, während das Talfeld mit seinen neuen Häusern, Miet- und Eigentumswohnungen inzwischen Wohnort für viele Neubürger geworden ist, die auch wegen lukrativer Arbeitsplätze nach Biberach gekommen sind. „In beiden Stadtteilen ist es aber so, dass sich die Menschen und Familien untereinander nicht mehr wirklich kennen und viele ihren Alltag allein verbringen“, sagt Gesamtkirchenpfleger Thomas Stöhr.
Die Entwicklung hat die katholische Kirche erkannt und ihre Kindergärten in den beiden Stadtteilen 2012/ 13 zu Familienzentren ausgebaut. „Dazu mussten wir Personal freistellen, das sich um die neuen Angebote kümmern konnte, gleichzeitig mussten wir diese Freistellungen mit neuem Personal wieder auffangen“, so Stöhr. Eine Anschubfinanzierung erhielten die Familienzentren 2013 von der Bruno-Frey-Stiftung, seit 2014 ist die Stadt Biberach mit jährlich 10 000 Euro finanziell mit im Boot. Seit diesem Jahr fördert auch die Diözese die Biberacher Familienzentren mit jährlich insgesamt 40 000 Euro bis 2021. Hinzu kommen rund 20 000 Euro der katholischen Gesamtkirchengemeinde Biberach.
Vielfältiges Beratungsangebot
Für diese insgesamt 70 000 Euro bieten die Familienzentren ein breites Angebot. So ist die Caritas regelmäßig mit Beratungen in den beiden Einrichtungen in der Fanny-Hensel-Straße 5 (St. Nikolaus; Talfeld) und in der Siebenbürgenstraße 15 (St. Wolfgang; Weißes Bild). „Dort können sich Eltern Informationen und Hilfestellung in allen Erziehungs-, Lebens- und Familienfragen holen“, sagt Petra Camara, die das Familienzentrum St. Nikolaus leitet. Als niederschwelliges Angebot eigne es sich für all jene, die nicht in die Hauptstelle der Caritas ins Alfons-Auer-Haus gehen wollen. Neben der Beratung helfen die Familienzentren auch, wenn es um die Vermittlung eines Babysitters, die Suche nach einer Tagesmutter oder einem „Leihopa“geht.
Eine wichtige Rolle spielen die Familienzentren als Begegnungsort für alle Generationen. „Wir machen zum Beispiel Spielangebote oder Kochabende mit Vertretern anderer Kulturen“, sagt Catrin Hildebrandt, die das Familienzentrum St. Wolfgang leitet. Dazu werden auch die Räume im benachbarten Stadtteilhaus Gaisental genutzt, mit dem das Familienzentrum sein Programm abstimmt, damit die Angebote sich nicht doppeln. Im Talfeld erfreut sich vor allem der offene Mittagstisch jeden Monat großer Beliebtheit bei den Bewohnern des Stadtteils.
Neben Elternvorträgen und Bildungsangeboten für Erwachsene gibt es auch solche für Kinder. „Wir haben wöchentlich die Kinder-Sportschule bei uns im Haus, außerdem gibt es künstlerische Frühförderung“, sagt Petra Camara. Dabei versuche man, die in der Stadt bereits bestehenden Angebote im Sinne eines Netzwerks zu nutzen. Kernaufgabe bleibt in beiden Einrichtungen nach wie vor die verlässliche und bedarfsgerechte Kinderbetreuung.
In drei Jahren, also 2021, erfolgt eine Überprüfung (Auditierung) der Familienzentren durch die Diözese. Verläuft diese positiv, läuft das Programm bis mindestens 2023 weiter. „Ziel ist natürlich, die Familienzentren dauerhaft zu etablieren“, sagt Stöhr. Der Idealfall wäre aus seiner Sicht, wenn es in jedem Biberacher Stadtteil ein Familienzentrum gäbe. „Das wurde ja auch im Gemeinderat schon angeregt.“Diese weiteren Zentren müssten aber nicht alle von der katholischen Kirche betrieben werden. „Die Vielfalt der Träger macht es aus“, so Stöhr. Für Petra Camara und Catrin Hildebrandt gilt es, in den nächsten Monaten die Werbetrommel zu rühren. „Es gibt bei manchen noch eine Hemmschwelle“, so Hildebrandt. „Die sagen: Wir gehen doch nicht in den Kindergarten.“
Weitere Infos zu den Familienzentren gibt es bei Petra Camara, Telefon 07351/73190, und Catrin Hildebrandt, Telefon 07351/6488.