Schwäbische Zeitung (Biberach)
Das Kind im Manne bastelt mit
Fürs „Riß-na-fahra“bauen Senioren aus Obersulmetingen eine schwimmende Dampflok
OBERSULMETINGEN - Hier wird geschraubt, dort wird gemalt, und immer wieder trällert jemand das berühmte Liedchen von der „Insel mit zwei Bergen“. Das hat Grund. Es herrscht Hochbetrieb im Schuppen von Gerhard Brehm, wo dieser Tage eines der schwimmenden Schmuckstücke fürs „Riß-na-fahra“an Fronleichnam entsteht – eine niedliche Dampflok, die an Kindheitsgeschichten erinnert. Die Seniorengruppe des Musikvereins Obersulmetingen läuft zur Höchstform auf. Ihre Mission: Verteidigung des Titels von 2017.
Zur Erinnerung: Da sind die fidelen Senioren aus Obersulmetingen als schwimmende Radler die Riß „na g’fahra“– unter dem Beifall von gut 1000 Zuschauern – und wurden prompt zum Floß des Jahres gekürt. Im vergangenen Jahr hatten sich zwölf Teams mit ihren Flößen an der großen Gaudi zum Zeltfest beteiligt und den Mut der Veranstalter belohnt, die Flussfahrt trotz Gewitterwarnung nicht abzusagen.
Idee kam beim Stammtisch
Montags beim Stammtisch überlegten sich die Herren vom Musikverein vor ein paar Wochen, womit sie sich denn in diesem Jahr aufs Wasser wagen wollen. In Anlehnung ans „Öchsle“, so erklärt Gerhard Brehm, entschied man, einen kleinen Dampfzug aufs Wasser zu stellen, und seither ist auf seinem Grundstück Betrieb. Im Schuppen des rührigen Handwerkers entsteht der Dampfzug nämlich, der mittlerweile den Namen „Rißtal-Schnauferl“bekommen hat. Das heißt: Zunächst entstand der Entwurf im Rechner von Gerhard Jud, „unserem Ingenieur“, erklärt Gerhard Brehm. Der entwarf die maßstabgerechten Zeichnungen für die Einzelteile. Immerhin: Das gute Stück sollte glatt mannshoch werden. Dann war Theo Werz gefragt. Der Automechaniker hat das tragende Gestell für den „Schnauferl“angefertigt. Es trägt die gesamte weitere Konstruktion.
Nun war das handwerkliche Geschick von Gerhard Brehm gefragt – und dessen Bandsäge im Schuppen. Auf der sägte er die Holzplatten für den Lokomotivkörper zurecht.
Das alles geschah in den vergangenen beiden Wochen. Seither haben die Männer die Teile auf den beiden Flößen zusammengesetzt, auf denen sie schwimmen sollen – der Rest der Gruppe malt, lacht Gerhard Brehm. Den Auftrieb besorgen übrigens bei
der Lok drei große Surfbretter unter dem Bretterboden, und beim Anhänger eine Sammlung leerer Kanister. Das sollte genügen, meinen die Tüftler vom Musikverein. Immerhin: Das vordere Floß muss neben der Lokomotive auch den Lokomotivführer und den Schaffner tragen, das zweite vier Passagiere. Zwei Männer der Gruppe begleiten das Gespann im Wasser und sorgen dafür, dass es nicht abdriften kann.
Es sind die Details, die den „RißtalSchnauferl“liebenswert machen. Zum Beispiel, dass der Schornstein ein stilecht rundes Endstück bekommt, für das ein alter Milchseiher vom Melken eingepasst wurde. Oder die kleinen Rundhölzer, die gerade schwarz angemalt wurden: Das sind die Puffer. Und auch daran, dass es eng werden könnte unter den beiden Brücken, haben die fleißigen Obersulmetinger gedacht: Der Schornstein lässt sich mit einem Zug am Bändchen umlegen, das Dach kurzfristig abnehmen. Gut 100 Stunden Arbeit stecken darin.
Derweil ist auch die Jugend am Brehm’schen Schuppen aktiv: In liebevoller Kleinarbeit bauen junge Leute eine schwimmende Weinlaube. Es wird an Fronleichnam also wieder bunt auf der Riß. Und sollte dabei das Lied von Jim Knopf und dem Lokomotivführer zu hören sein, dann sind es die junggebliebenen alten Herren vom Musikverein. Ob sie wohl wieder gewinnen wollen? Gerhard Brehm lacht: „Na, klar!“