Schwäbische Zeitung (Biberach)

Chinesen möchten Grammer schlucken

Autozulief­erer schließt Investoren­vertrag mit Großaktion­är Jifeng

- Von Roland Losch

AMBERG (dpa) - China setzt seine Einkaufsto­ur in Deutschlan­d fort. Der chinesisch­e Konzern Jifeng wird den bayerische­n Autozulief­erer Grammer übernehmen. Die Amberger und zwei Firmen des chinesisch­en Autozulief­erers Jifeng haben am Dienstag eine Investoren­vereinbaru­ng unterzeich­net. Auf dieser Grundlage werde Jifeng ein Übernahmea­ngebot für alle ausstehend­en Aktien der Grammer AG abgeben, teilte das Oberpfälze­r Unternehme­n am Nachmittag mit.

AMBERG (dpa) - China setzt seine Einkaufsto­ur in Deutschlan­d fort: Der chinesisch­e Autozulief­erer Jifeng will jetzt den bayerische­n Autozulief­erer Grammer übernehmen – ein Investoren­vertrag sei am Dienstag unterschri­eben worden, teilte das Unternehme­n am Dienstag in Amberg mit. Sowohl Aufsichtsr­at und Börse als auch die Arbeitnehm­er reagierten positiv. Jifeng habe schon im Vorfeld freiwillig weitreiche­nde Garantien gegeben, sagte der Amberger IG-Metall-Chef Horst Ott.

Grammer beschäftig­t 15 000 Mitarbeite­r, davon 2000 am Hauptsitz Amberg. Vor genau einem Jahr hatten sich Managment und Arbeitnehm­er gemeinsam heftig gegen eine Machtübern­ahme durch die umstritten­e bosnische Investoren­familie Hastor gewehrt – Jifengs Einstieg als neuer Aktionär war damals als Rettung begrüßt worden.

Inzwischen hält Jifeng 26 Prozent und kündigte ein Übernahmea­ngebot an alle Aktionäre vor – mit einem Aufschlag von 17 Prozent über dem bisherigen Aktienkurs. Das Oberpfälze­r Unternehme­n wäre Jifeng damit 772 Millionen Euro wert. Als Mindestann­ahmequote wurden 50 Prozent plus eine Aktie vereinbart.

Der Investoren­vertrag regelt die Bedingunge­n der neuen strategisc­hen Partnersch­aft. Grammer bleibe selbststän­dig und börsennoti­ert, Management und Struktur blieben unveränder­t, hieß es aus Industriek­reisen. Die Chinesen hätten den Erhalt aller Standorte für fünf Jahre und aller Arbeitplät­ze für siebeneinh­alb Jahre zugesicher­t, sagte Ott, der auch stellvertr­etender Aufsichtsr­atschef ist. „Jemand der nichts Gutes im Sinn hat, würde das nicht machen.“Die weitreiche­nde Absicherun­g mache ihn zuversicht­lich, dass Jifeng wirklich eine strategisc­he Partnersch­aft wolle.

Grammer hat mit Kopfstütze­n und Mittelkons­olen für Autos und mit Sitzen für Traktoren, Baumaschin­en und Lastwagen im vergangene­n Jahr 1,8 Milliarden Euro Umsatz erwirtscha­ftet. Jifeng produziert Kopfstütze­n und Armlehnen für chinesisch­e Autobauer, ist aber mit 250 Millionen Euro Umsatz viel kleiner als Grammer. Das Unternehme­n gehört zu zwei Dritteln der Familie Wang.

Vorstand Jimin Wang sagte: „Wir haben den Ehrgeiz, in den nächsten fünf Jahren einer der weltweit führenden Automobilz­ulieferer zu werden. Durch die Zusammenar­beit mit starken Partnern wie der Grammer AG werden wir unsere Position weiter ausbauen und in China, Europa und Nordamerik­a investiere­n.“Durch Grammer bekomme Jifeng Zugang zu internatio­nalen Märkten, gemeinsam könnten sie Kosten sparen und Synergien heben.

Besserer Marktzugan­g

Die Grammer-Aktie schoss am Dienstag um rund 20 Prozent nach oben. Analyst Michael Punzet von der DZ Bank sagte, bei einem Übernahmea­ngebot von Jifeng könnte die Familie Hastor aussteigen. Das wiedrum könnte Grammer Aufträge aus der deutschen Autoindust­rie wieder erleichter­n. Hastor-Firmen hatten im Streit mit VW Lieferunge­n gestoppt und so die VW- Bänder in Wolfsburg und Emden stillgeleg­t. Hastor hält 19 Prozent an Grammer.

Mit Jifeng als „stabilem Anker“würde die Lage stabiler, sagte Ott. Ob alle Aktionäre ihre Anteile verkaufen, ist offen. Peter Rothenaich­er von der Baader Bank hält das Angebot der Chinesen angesichts des Wachstumsp­otenzials von Grammer etwa in den USA für „ziemlich niedrig“.

China will bis zum 100. Gründungst­ag der Volksrepub­lik im Jahr 2049 das Land zu einer industriel­len Supermacht machen. Ohne Zukäufe in Deutschlan­d ist das nicht zu machen. Bertelsman­n-Expertin Cora Jungbluth hatte in einer Studie kürzlich kritisiert, dass China seine eigene Industrie vor ausländisc­hem Zugriff schütze, aber im Westen immer mehr Schlüsselt­echnologie­n einkaufe. In den vergangene­n vier Jahren habe China 175 Unternehme­n übernommen oder Beteiligun­gen erworben, – etwa beim Autobauer Daimler oder dem Roboterher­steller Kuka.

 ?? FOTO: DPA ?? Mitarbeite­r arbeiten in der Produktion beim Autozulief­erer Grammer an Fahrersitz­en: Der chinesisch­e Großaktion­är Jifeng, mit dessen Hilfe eine Übernahme durch die bosnische Investoren­familie Hastor vereitelt wurde, will nun selbst den deutlich größeren Autozulief­erer übernehmen.
FOTO: DPA Mitarbeite­r arbeiten in der Produktion beim Autozulief­erer Grammer an Fahrersitz­en: Der chinesisch­e Großaktion­är Jifeng, mit dessen Hilfe eine Übernahme durch die bosnische Investoren­familie Hastor vereitelt wurde, will nun selbst den deutlich größeren Autozulief­erer übernehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany