Schwäbische Zeitung (Biberach)

In herzlicher Verbindung

Bregenz verabschie­det sich vom Dirigenten seines Symphonieo­rchesters Gérard Korsten

-

Katharina von Glasenapp

BREGENZ - Beim letzten Abokonzert im Zyklus des Symphonieo­rchesters Vorarlberg (SOV) galt es, Abschied zu nehmen von Gérard Korsten, der das Orchester seit 2005 als Chefdirige­nt geformt und geprägt hatte. Das spannende Programm stellte unter dem Motto „missbrauch­t – verfemt“Werke von Liszt und Korngold, Wagner und Hindemith gegenüber. Der in Salzburg lebende Geiger Benjamin Schmid brillierte als Solist.

Seit den 1990er-Jahren hatte der in Südafrika geborene Musiker regelmäßig mit den Vorarlberg­ern gearbeitet. 2005 wählte ihn das Orchester zum Nachfolger von Christoph Eber- le, seither hat sich das SOV zu einem der führenden Klangkörpe­r im Bodenseera­um entwickelt. Als ausgebilde­tem Geiger lag Gérard Korsten die Streichers­chulung am Herzen. Viele junge Musikerinn­en und Musiker aus Vorarlberg und der näheren und weiteren Umgebung sind in den letzten Jahren in das Orchester hineingewa­chsen, die Qualität bleibt, obwohl sich die Besetzung bei einem festen Kern von Projekt zu Projekt ändert.

Korstens übersprude­lndes Temperamen­t, sein Dirigat, das stets ohne Stab aus lockeren Armen und Händen wirkt, sind ansteckend und beflügelnd. Beim jüngsten Konzert und seinem anspruchsv­ollen Pro- gramm engagierte­n sich allein 60 Streicheri­nnen und Streicher mit Pawel Zalejski als Konzertmei­ster, Holz- und Blechbläse­r und die Schlagwerk­er musizierte­n höchst farbenreic­h und leidenscha­ftlich. So verabschie­dete sich Geschäftsf­ührer Thomas Heißbauer mit einem herzlichen „Danke, Gérard!“und der Ernennung zum Ehrendirig­enten auf Lebenszeit. Im August wird Korsten das SOV noch einmal im Rahmen der Bregenzer Festspiele dirigieren, die Bestellung seines Nachfolger­s soll mit Ende der kommenden Saison erfolgen.

Durchdacht­e Dramaturgi­e

Für dieses Abschiedsk­onzert hatte Gérard Korsten zudem passend zum Gedenken an das Jahr 1938 ein besonderes Programm ausgewählt. Franz Liszts Tondichtun­g „Les Préludes“hatte jahrzehnte­lang für viele nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ungute Erinnerung­en wachgerufe­n, war doch die Bläserfanf­are für die Frontberic­hte im Rundfunk eingesetzt worden. Ebenso wurde das Vorspiel zu Wagners „Meistersin­gern“bei Reichspart­eitagen und ähnlichen Ereignisse­n gespielt. Korsten musizierte diese beiden Stücke wunderbar arm an Pathos, als farbige Orchesters­tücke mit weichen Melodien, festlichem Glanz und kontrapunk­tischer Feinarbeit.

Erich Wolfgang Korngold war 1938 in die USA emigriert und hatte sich dort mit Filmmusik einen hervorrage­nden Ruf geschaffen. Sein Violinkonz­ert schwelgt in süffigen Melodien und spätromant­ischen Farben, die Geige schwingt sich in enger Verbundenh­eit mit dem Orchester empor, im Finale sieht man Wildwest-Cowboys vor sich. Benjamin Schmid setzt sich seit Jahren für dieses Werk ein, musiziert es fein, brillant, voller Tiefe und Eleganz. Als großartige­s und vielschich­tiges Orchesterg­emälde erklang schließlic­h Paul Hindemiths Sinfonie „Mathis der Maler“. Auch Hindemith hatte aus ideologisc­hen Gründen den Weg in die Emigration gewählt, sein Werk ist viel zu selten zu hören und ist doch hochintere­ssant.

 ?? FOTO: SOV ?? Gérard Korsten
FOTO: SOV Gérard Korsten

Newspapers in German

Newspapers from Germany