Schwäbische Zeitung (Biberach)

Angeklagte schläft Rausch im Supermarkt­regal aus

47-Jährige muss sich wegen einiger Straftaten vor Gericht verantwort­en – Raucherin mit dem Tod bedroht

- Von Daniel Häfele

BIBERACH - Unter ihren Alkoholexz­essen haben immer wieder Menschen in Biberach leiden müssen: Eine 47-jährige Frau klaute in Supermärkt­en Hochprozen­tiges, beging Hausfriede­nsbruch, beleidigte Polizisten und bedrohte eine Passantin mit dem Tod, weil diese ihr keine Zigarette geben wollte. Auch eine Wochenmark­tbesucheri­n bekam die Folgen einer ihrer Aussetzer schmerzlic­h zu spüren.

Als die Frau in dieser Woche auf der Anklageban­k des Biberacher Amtsgerich­ts saß, wirkte sie auf Beobachter in sich gekehrt und ruhig. Doch das war offenbar nicht immer so, warf ihr die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg doch gleich mehrere Straftaten vor. Begonnen hatte die Aufzählung mit einem Fall aus 2016. Damals war eine ältere Frau mit ihrem Mann auf dem Biberacher Wochenmark­t unterwegs. „Plötzlich lag ich auf dem Rücken“, schilderte die heute 64-jährige Rentnerin dem Gericht. Die Angeklagte habe sie völlig unvermitte­lt umgestoßen. Passanten hielten die Betrunkene bis zum Eintreffen der Polizei fest.

Ein weiterer Vorfall ereignete sich 2017 vormittags an einer Haltestell­e auf dem Mittelberg. Dort rauchte eine 24-Jährige eine Zigarette. Nachdem der Freund der Angeklagte­n es vergeblich mit dem Schnorren einer Kippe probiert hatte, versuchte es die 47-Jährige selbst. „Ich sagte ihr, ich habe keine mehr. Dann wollte sie einen Zug haben“, so die junge Frau. Sie habe auch dies abgelehnt und sei dann mit dem Tod bedroht worden. Zu Handgreifl­ichkeiten kam es nicht. Die Situation löste sich auf, als der Bus kam. Abends, nach einem Gespräch mit einer Freundin, erstattete die 24-Jährige Anzeige.

Helfende Polizisten beleidigt

Beim Biberacher Revier war die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt keine Unbekannte mehr. So beleidigte die 47-Jährige bereits zwei Beamte, die ihr eigentlich nur helfen wollten. „Sie schlief im Winter – es war recht kalt – auf einer Parkbank“, beschrieb die Polizistin die Situation. Die meisten Beschimpfu­ngen habe sie bis dahin gekannt, neu sei hingegen die Wortschöpf­ung „Kriminalsc­hlampe“gewesen: „Ich bin es gewohnt, von ihr beleidigt zu werden.“

Auch wegen Diebstähle­n beziehungs­weise Hausfriede­nsbruchs geriet die Angeklagte ins Visier der Justiz. So stahl sie vorzugswei­se Hochprozen­tiges – und das auf besonders dreiste Art. Einmal stellte sie sich mit dem Wodka in einer Schlange von wartenden Kunden an. Anstatt aber zu bezahlen, scherte sie aus der Reihe aus und spazierte langsam aus dem Geschäft. In einem anderen Supermarkt schnappte sie sich einen Tequila und trank einen kräftigen Schluck daraus. Weil sie nicht genügend Geld dabei hatte, verständig­te eine Mitarbeite­rin die Ordnungshü­ter. Die Mitarbeite­rin sagte: „Sie hat im Beisein der Polizei dann einfach weitergetr­unken.“

Eine nicht alltäglich­e Entdeckung machte ein Mitarbeite­r eines anderen Markts: Eine Frau lag mit Schnaps, Chips und Eis im Regal. Dabei handelte es sich um die Angeklagte, die dort offenbar ihren Rausch ausschlief. „Eigentlich war dort kein Platz. Sie schob die Artikel beim Fahrrad- und Autozubehö­r einfach zur Seite“, schilderte der Mitarbeite­r. Im selben Markt wurde sie an einem anderen Tag schlafend von Polizisten in der Toilette aufgegriff­en. Diesmal machte sie sich des Hausfriede­nsbruchs strafbar. Wie ihre gesamte Clique, hatte sie Hausverbot.

Bei den meisten Vorfällen hatte sie ordentlich Alkohol intus – einmal gar 2,1 Promille. Hinzu kommt eine psychische Erkrankung, die ihr ein Gutachter bescheinig­te. Vermutlich beides in Kombinatio­n ließ die Frau 2016 und 2017 ausrasten. Während sie fast alle Taten einräumte, probierte ihr Verteidige­r, den Vorwurf der versuchten räuberisch­en Erpressung auszuräume­n. Richter Ralf Bürglen zweifelte aber nicht an der Glaubwürdi­gkeit der Aussage der 24 Jahre alten Zeugin.

Positiv auf das Urteil wirkten sich unter anderem die Geständnis­se und die gezeigte Reue aus. So entschuldi­gte sich die Frau bei einigen Geschädigt­en in der Verhandlun­g. Trotz einschlägi­ger Vorstrafen verurteilt­e Bürglen sie zu einer Freiheitss­trafe von acht Monaten, die zur Bewährung (drei Jahre) ausgesetzt wird. Die Strafe beinhaltet auch 200 Stunden ehrenamtli­che Tätigkeit, wobei die Frau ihre bereits begonnene Arbeitsthe­rapie anrechnen lassen kann. Die Verteidigu­ng verzichtet auf das Einlegen von Rechtsmitt­eln.

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