Schwäbische Zeitung (Biberach)
Angeklagte schläft Rausch im Supermarktregal aus
47-Jährige muss sich wegen einiger Straftaten vor Gericht verantworten – Raucherin mit dem Tod bedroht
BIBERACH - Unter ihren Alkoholexzessen haben immer wieder Menschen in Biberach leiden müssen: Eine 47-jährige Frau klaute in Supermärkten Hochprozentiges, beging Hausfriedensbruch, beleidigte Polizisten und bedrohte eine Passantin mit dem Tod, weil diese ihr keine Zigarette geben wollte. Auch eine Wochenmarktbesucherin bekam die Folgen einer ihrer Aussetzer schmerzlich zu spüren.
Als die Frau in dieser Woche auf der Anklagebank des Biberacher Amtsgerichts saß, wirkte sie auf Beobachter in sich gekehrt und ruhig. Doch das war offenbar nicht immer so, warf ihr die Staatsanwaltschaft Ravensburg doch gleich mehrere Straftaten vor. Begonnen hatte die Aufzählung mit einem Fall aus 2016. Damals war eine ältere Frau mit ihrem Mann auf dem Biberacher Wochenmarkt unterwegs. „Plötzlich lag ich auf dem Rücken“, schilderte die heute 64-jährige Rentnerin dem Gericht. Die Angeklagte habe sie völlig unvermittelt umgestoßen. Passanten hielten die Betrunkene bis zum Eintreffen der Polizei fest.
Ein weiterer Vorfall ereignete sich 2017 vormittags an einer Haltestelle auf dem Mittelberg. Dort rauchte eine 24-Jährige eine Zigarette. Nachdem der Freund der Angeklagten es vergeblich mit dem Schnorren einer Kippe probiert hatte, versuchte es die 47-Jährige selbst. „Ich sagte ihr, ich habe keine mehr. Dann wollte sie einen Zug haben“, so die junge Frau. Sie habe auch dies abgelehnt und sei dann mit dem Tod bedroht worden. Zu Handgreiflichkeiten kam es nicht. Die Situation löste sich auf, als der Bus kam. Abends, nach einem Gespräch mit einer Freundin, erstattete die 24-Jährige Anzeige.
Helfende Polizisten beleidigt
Beim Biberacher Revier war die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt keine Unbekannte mehr. So beleidigte die 47-Jährige bereits zwei Beamte, die ihr eigentlich nur helfen wollten. „Sie schlief im Winter – es war recht kalt – auf einer Parkbank“, beschrieb die Polizistin die Situation. Die meisten Beschimpfungen habe sie bis dahin gekannt, neu sei hingegen die Wortschöpfung „Kriminalschlampe“gewesen: „Ich bin es gewohnt, von ihr beleidigt zu werden.“
Auch wegen Diebstählen beziehungsweise Hausfriedensbruchs geriet die Angeklagte ins Visier der Justiz. So stahl sie vorzugsweise Hochprozentiges – und das auf besonders dreiste Art. Einmal stellte sie sich mit dem Wodka in einer Schlange von wartenden Kunden an. Anstatt aber zu bezahlen, scherte sie aus der Reihe aus und spazierte langsam aus dem Geschäft. In einem anderen Supermarkt schnappte sie sich einen Tequila und trank einen kräftigen Schluck daraus. Weil sie nicht genügend Geld dabei hatte, verständigte eine Mitarbeiterin die Ordnungshüter. Die Mitarbeiterin sagte: „Sie hat im Beisein der Polizei dann einfach weitergetrunken.“
Eine nicht alltägliche Entdeckung machte ein Mitarbeiter eines anderen Markts: Eine Frau lag mit Schnaps, Chips und Eis im Regal. Dabei handelte es sich um die Angeklagte, die dort offenbar ihren Rausch ausschlief. „Eigentlich war dort kein Platz. Sie schob die Artikel beim Fahrrad- und Autozubehör einfach zur Seite“, schilderte der Mitarbeiter. Im selben Markt wurde sie an einem anderen Tag schlafend von Polizisten in der Toilette aufgegriffen. Diesmal machte sie sich des Hausfriedensbruchs strafbar. Wie ihre gesamte Clique, hatte sie Hausverbot.
Bei den meisten Vorfällen hatte sie ordentlich Alkohol intus – einmal gar 2,1 Promille. Hinzu kommt eine psychische Erkrankung, die ihr ein Gutachter bescheinigte. Vermutlich beides in Kombination ließ die Frau 2016 und 2017 ausrasten. Während sie fast alle Taten einräumte, probierte ihr Verteidiger, den Vorwurf der versuchten räuberischen Erpressung auszuräumen. Richter Ralf Bürglen zweifelte aber nicht an der Glaubwürdigkeit der Aussage der 24 Jahre alten Zeugin.
Positiv auf das Urteil wirkten sich unter anderem die Geständnisse und die gezeigte Reue aus. So entschuldigte sich die Frau bei einigen Geschädigten in der Verhandlung. Trotz einschlägiger Vorstrafen verurteilte Bürglen sie zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, die zur Bewährung (drei Jahre) ausgesetzt wird. Die Strafe beinhaltet auch 200 Stunden ehrenamtliche Tätigkeit, wobei die Frau ihre bereits begonnene Arbeitstherapie anrechnen lassen kann. Die Verteidigung verzichtet auf das Einlegen von Rechtsmitteln.