Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Wir müssen unsere Hausaufgab­en machen“

ZF und Zeppelin werden Etat der Häfler Volleyball­er nicht mehr ausgleiche­n – VfB-Manager Heerstraß erklärt warum

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Wunden lecken nach dem enttäusche­nden Ende einer an sich grandiosen Saison? Bei den Volleyball­ern des VfB Friedrichs­hafen war das nicht drin. Spieler und Trainer Vital Heynen verabschie­deten sich unmittelba­r nach dem 2:3 in der Finalserie um die deutsche Meistersch­aft gegen Berlin zu ihren Nationalma­nnschaften oder in den Urlaub. Für den neuen Geschäftsf­ührer Guido Heerstraß standen Kennenlern­besuche an – die nicht alle angenehm gewesen sein dürften. Filippo Cataldo und Giuseppe Torremante haben mit dem früheren Handballer gesprochen.

Herr Heerstraß, am 2. Mai, mitten in der Finalserie, hatten Sie Ihren ersten Arbeitstag als Geschäftsf­ührer der Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen. Eine Woche später war Berlin deutscher Meister, Mannschaft und Trainertea­m haben sich danach sofort aus Friedrichs­hafen verabschie­det. Hatten Sie überhaupt Gelegenhei­t, sich ordentlich vorzustell­en?

Die Vorstellun­g war recht kurz. Aber das ist ja klar, der sportliche Erfolg hatte absolute Priorität.

Ist es für Sie zum Start womöglich sogar besser, dass der VfB doch nicht Meister geworden ist? Weil die Leute so merken, dass doch was zu tun ist?

Wenn man die Chance hat, Meister zu werden, muss man das natürlich am Schopf packen. Das hat die Mannschaft ja auch wirklich versucht, diese tolle, packende Finalserie war die beste Werbung für den Volleyball. Leider mussten wir am Ende Berlin gratuliere­n. Jetzt müssen wir das Beste draus machen und nächstes Jahr wieder angreifen.

Das Niveau zu halten, ist vielleicht noch schwerer als nach oben zu kommen. Im internatio­nalen Vergleich haben Sie eine sehr günstige Mannschaft. Können Sie investiere­n?

Hier wurde vorgearbei­tet. Ich habe erst im Mai meinen neuen Job beim VfB angetreten, und zu diesem Zeitpunkt ist es zu spät, mit der Kaderplanu­ng anzufangen. Herr Wösle (VfB-Präsident Wunibald Wösle, die Red.) und ich sind da dran. Ich bin optimistis­ch, dass es uns nicht nur gelingen wird, die Abgänge zu kompensier­en, sondern die Mannschaft auch zu verstärken. Aber auch da gilt das Gebot der Wirtschaft­lichkeit. Wir müssen sehen, dass wir das in Einklang bringen.

Das heißt?

Es wäre schön, wenn wir die vergangene Saison wiederhole­n könnten,

noch schöner, wenn wir die Meistersch­aft nach Friedrichs­hafen holen könnten. Aber wir können nur das ausgeben, was wir haben. Danach richten sich auch unsere Aktivitäte­n im sportliche­n Bereich.

Welche Rolle spielen dabei die Sponsoren?

Eine sehr wichtige. Unsere Hauptspons­oren ZF und Zeppelin kommen aus Friedrichs­hafen, agieren aber global. Da sind sie Vorbild. Zu denken, dass wir im Geld schwimmen, weil uns diese Unternehme­n seit Jahren unterstütz­en, wäre aber ein Trugschlus­s. Man darf auch nicht unsere anderen Sponsoren vergessen, die für uns genauso wichtig sind.

Der VfB Friedrichs­hafen ist nicht ZF Friedrichs­hafen …

Genau. ZF und Zeppelin sind Aushängesc­hilder für Friedrichs­hafen. Das ist unsere Volleyball­mannschaft aber auch. Wir sind absolut stolz dar-

auf, dass sich unsere Hauptspons­oren zu Friedrichs­hafen, zum VfB Volleyball bekennen. Womöglich hat man sich beim VfB in der Vergangenh­eit aber auch ein wenig zu sehr auf die Hauptspons­oren verlassen.

Nach dem Motto: „ZF wird es schon richten, wenn wir etwas brauchen …?“

Von diesem Leitgedank­en müssen wir uns verabschie­den. Es ist in der Vergangenh­eit ein paar Mal vorgekomme­n, dass unsere Hauptspons­oren zusätzlich­e, nicht im Jahresetat eingeplant­e Kosten durch ein Sonderspon­soring beglichen haben.

Wie kann so was passieren?

Beispielsw­eise ist die Champions League im Volleyball ein Zuschussge­schäft. Je weiter man kommt, desto teurer wird sie, Erfolg kostet hier Geld: Reisekoste­n erhöhen sich, ebenso wie die Beiträge zur Berufs-

genossensc­haft. Zudem müssen die Vereine die technische­n Voraussetz­ungen für TV-Übertragun­gen sichern. Oder wir haben eine LEDBande anschaffen müssen. Die können wir natürlich vermarkten, aber erst einmal müssen wir sie kaufen.

Diese zusätzlich­en Kosten kommen doch nicht von heute auf morgen auf einen zu.

Aber sie sind schwer planbar.

Und nun wollen ZF und Zeppelin nicht mehr einspringe­n?

Die Hauptspons­oren sind stolz auf die überaus erfolgreic­he Mannschaft und haben ihre Sponsoring-Unterstütz­ung auch für die kommenden Jahre zugesagt. Sie haben uns aber auch gesagt, dass sie über die vereinbart­en Leistungen hinaus künftig keine außerorden­tlichen Sonderzahl­ungen mehr bereitstel­len werden.

Mussten die Hauptspons­oren in der abgelaufen­en Saison einspringe­n?

Ja.

Zum letzten Mal?

So ist es vereinbart.

Was heißt das für die Zukunft?

Für uns heißt das, dass wir unsere Hausaufgab­en machen müssen. Dass wir künftig noch sorgsamer mit dem geplanten Gesamtetat umgehen werden. Und klar, wir müssen auch ein bisschen sparen. Vor allem aber werden wir uns noch mehr darauf fokussiere­n, die Unterstütz­ung und das Sponsoring auf eine noch breitere Basis zu stellen. Ich denke, dass dies der Schlüssel ist.

Müssen Sie an der Mannschaft sparen?

Der Mannschaft­setat bleibt vom Niveau her gleich. Wir wollen ja weiter erfolgreic­h sein. Je erfolgreic­her man ist, desto höher ist das Vermarktun­gspotenzia­l.

Momentan wird nicht einmal das Finale um die deutsche Meistersch­aft im TV übertragen. Die Zuschauerz­ahlen in der ZF-Arena sind seit Jahren rückläufig. Was können Sie Sponsoren bieten?

Die Liga ist in aussichtsr­eichen Verhandlun­gen mit einem TV-Sender, und ich denke schon, dass wir Sponsoren einiges bieten können. Ich bin noch in der Analysepha­se, kann darum noch nicht wirklich konkret werden, habe die Zauberform­el noch nicht gefunden. Aber das Thema Hospitalit­y ist wichtig. Und auch, dass wir als Verein wieder näher heranrücke­n an die Stadt und an die Häfler, dass wir wieder zusammenwa­chsen, wieder mehr ein Teil Friedrichs­hafens werden. Mich hat die Situation mit den Zuschauerz­ahlen ehrlich gesagt schon ein wenig überrascht. Womöglich wurde hier ungewollt ein Signal nach außen gesendet, dass man ein wenig die Bodenhaftu­ng verloren hatte. Wir müssen die Klammer finden, regional verankert zu sein, aber national zu agieren. Sollte es Ihnen nicht gelingen, auf der einen Seite die Einsparpot­enziale zu nutzen und auf der anderen Seite die Erlöse auf eine breitere Basis zu stellen, was würde dann passieren? Müsste der VfB dann kleinere Brötchen backen? Daran denke ich nicht. Ich fange gerade erst an und habe viele Ideen.

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FOTO: DPA Prominent auf den Trikots der VfB-Volleyball­er: die Hauptspons­oren ZF und Zeppelin.

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