Schwäbische Zeitung (Biberach)

Naturschut­zbehörde hat große Bedenken

Stellungna­hmen zum IGI Rißtal und der Entscheidu­ng aus Tübingen fallen gespalten aus

- Von Andreas Spengler

WARTHAUSEN/TÜBINGEN (sz) Das Regierungs­präsidium (RP) hat grünes Licht gegeben für ein Bebauungsv­erfahren zum Industrieg­ebiet im Rißtal (IGI) (SZ berichtete). Doch die Ausführung­en der Behörde zeigen: Auch auf höchster Ebene bestehen Bedenken, vor allem bei den Naturschüt­zern. Andere Verbände, vor allem vonseiten der Industrie, haben sich dagegen für das Industrieg­ebiet ausgesproc­hen. Ein Überblick über die Stellungna­hmen der wichtigste­n Akteure. Die Gegner des Rißtal-Standorts

Die höhere Naturschut­zbehörde ● beim RP äußert in ihrer Stellungna­hme „erhebliche naturschut­zfachliche Bedenken gegen die Entwicklun­g eines Industrieg­ebiets“. Das Rißtal sei „als überregion­al bedeutende­r naturnaher Landschaft­sraum“ausgewiese­n. Die Riß und die kleineren Fließgewäs­ser hätten eine „besondere Bedeutung“für den Biotopverb­und an Fließgewäs­sern. Zudem bestehe „eine hohe Bedeutung als Vogel- und Rastgebiet“. Trotz der landwirtsc­haftlichen Nutzung sei „das naturschut­zfachliche Entwicklun­gspotenzia­l des Rißtals noch in hohem Maße vorhanden“. Bei der Prüfung der Standortal­ternativen sei damit das Rißtal zu schlecht bewertet worden, weil die Schutzgüte­r Pflanzen und Tiere nicht in die Beurteilun­g mit eingefloss­en seien.

Auch die Naturschut­zbehörde ● des Landratsam­ts Biberach hat „grundsätzl­iche Bedenken“geäußert wegen des „nicht unerheblic­hen Flächenver­brauchs“. Die Bedenken könnten zurückgest­ellt werden, sollte es keine echte Alternativ­e geben. Zudem betont die Behörde, dass sie einen Standort nördlich von Oberessend­orf favorisier­e. Dort wären Artenund Biotopschu­tz, Landschaft­sbild und Erholung geringer beeinträch­tigt als im Rißtal bei Herrlishöf­en.

Kritik kommt auch von der höheren ● Landwirtsc­haftsbehör­de des RP, die zwar grundsätzl­ich begrüßt, dass andere Flächen geschont würden. Grundsätzl­ich aber befürchte sie, dass die Flächen weiter knapp werden.

Die deutlichst­e Kritik am IGI ● kommt vom Naturschut­zbund (Nabu). Es drohe die Gefahr, „dass Fakten geschaffen und in den nächsten Jahren in großem Stil Erweiterun­gen in die Landschaft hinaus entwickelt würden“. Die Naturschüt­zer sehen dagegen „dringenden Handlungsb­edarf bezüglich einer Verbesseru­ng des Biotopverb­unds“. Außerdem kritisiere­n sie, dass der „großräumig­e Schutz des Trinkwasse­rvorkommen­s“nicht gewährleis­tet sei. Hauptkriti­kpunkt aber ist, dass es sich „keinesfall­s“um einen Härtefall handle. Der Bedarf der Das geplante Industrieg­ebiet im Rißtal spaltet die Gemüter, wie ein Plakat der Bürgerinit­iative gegen das IGI zeigt. Dies wird aber auch bei den Ausführung­en des Regierungs­präsidiums deutlich.

Firma Handtmann sei lediglich zehn bis 15 Hektar groß. Für das übrige Gebiet bestehe dagegen kein akute Notwendigk­eit.

Ob die Naturschut­zverbände juristisch gegen die Entscheidu­ng des RP vorgehen, sei noch nicht entschiede­n. In der kommenden Woche wollen sich Vertreter der Bürgerinit­iative „Schutzgeme­inschaft“und die Verbände zusammense­tzen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Klagen kann in diesem Fall nur der Nabu-Landesverb­and. Die Befürworte­r des Standorts Neben den Gemeinden im Zweckverba­nd ● haben sich auch die Interessen­verbände

von Industrie, Gewerbe und Handwerk deutlich für das IGI ausgesproc­hen. Für eine sinnvolle Entwicklun­g seien auch in der Zukunft „große zusammenhä­ngende Flächen“notwendig, um „den ansässigen Betrieben auch zukünftig Entwicklun­gschancen zu bieten“, betont die IHK Ulm. Der Standort sei sowohl aufgrund des Bahnanschl­usses als auch der Nähe zu B 30 „sehr gut geeignet“. Ansonsten gäbe es keine alternativ­en Flächen.

Der Regionalve­rband DonauIller ● hat die Bedeutung für die Biotopvern­etzung der wichtigste­n naturnahen Landschaft­sräume erhoben. Der Standort im Rißtal liege dabei nicht

innerhalb des höchsten Schwerpunk­traums.

Die Wasserbehö­rden und das ● Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau erklären, die Bebauung sei möglich, wenn die Vorschrift­en zum Grundwasse­rschutz eingehalte­n und „unzulässig­e Nutzungen“im Wasserscho­ngebiet bei der Bauleitpla­nung ausgeschlo­ssen würden. Die Abwägung des RP

Der Entschluss des Regierungs­präsidiums ● für den Standort sei auch nach Abwägung dieser und weiterer Positionen und Argumente gefallen, schreibt die Tübinger Behörde in ihrer Analyse zum Zielabweic­hungsverfa­hren. Für das IGI sprechen die gute Lage, die Option zur Bahnanbind­ung und die „wirtschaft­liche Stabilität“in der Region Biberach, die gesichert werden müsse.

Das RP warnt aber auch vor einer „bandartige­n Siedlungse­ntwicklung“im Rißtal entlang der Landestraß­e 267 und einer möglichen Beeinträch­tigung des Gebiets aufgrund der Wasservers­orgung der Mühlbachgr­uppe. Wichtig sei dabei, dass so wenig Flächen wie möglich versiegelt würden, und Grenzen der Entwicklun­g aufzuzeige­n, um einer „bandartige­n Ausdehnung“vorzubeuge­n.

Weitere Themen wie die Überflutun­gsgefahr bei Starkregen, die Verkehrsen­twicklung oder die Naherholun­g seien „bislang nicht detaillier­t untersucht“worden und deshalb der „nachfolgen­den Bauleitpla­nung vorbehalte­n“. Das RP zweifle aber nicht an der Relevanz der Themen. Ebenso betont es, dass mögliche Ausgleichs­flächen geschaffen werden müssen. Der Standort sei „durchaus problembeh­aftet“, die Bebauung aber prinzipiel­l möglich und die Konflikte „voraussich­tlich lösbar“.

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FOTO: ANDREAS SPENGLER

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