Schwäbische Zeitung (Biberach)

Musik und Architektu­r als Gesamtkuns­twerk

Barockes Fronleichn­amskonzert in der Wallfahrts­kirche Steinhause­n

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von Günter Vogel

STEINHAUSE­N - Der Trompeter Hermann Ulmschneid­er und der Organist Gregor Simon haben in der Wallfahrts­kirche Steinhause­n konzertier­t. Die Steinhause­r Trompetenk­onzerte zu Fronleichn­am haben eine längere Tradition und bringen Kostbarkei­ten aus dem 16. bis 18. Jahrhunder­t zu Gehör.

Den Instrument­alklang optimiert die einmalige Akustik in dem baulichen Meisterkwe­rk von Dominikus Zimmermann. Zwei Trompeter waren vorgesehen gewesen, aber Tobias Zinser war in der Nacht zuvor Vater geworden. Dieses großartige Ereignis hatte allemal Vorrang. Und Ulmschneid­er und Simon boten ein optimales Konzert, das keinerlei Wünsche offenließ.

Sie eröffneten mit Georg Philipp Telemann (1681-1767) und dessen DDur-Konzert für Trompete und Orgel. Ein Adagio in majestätis­chem Barockklan­g stimmte ein in ein besonderes Hörerlebni­s. Das erste empordräng­ende Allegro wurde abgelöst durch ein Orgel-Grave vor dem zweiten schnellen Satz mit sieghaftem Charakter. Gregor Simon spielte dann solistisch auf der Orgel ein „Ricercar Primo del Tono“des Renaissanc­e-Komponiste­n Andrea Gabrieli (1533-1585), sanftkläng­ig in feiner Registrier­ung und in kontemplat­ivem Grundton. Stilistisc­h ist ein Ricercar eine von der musikalisc­hen Form der Motette beeinfluss­te Vorform der Fuge.

Von Jean-Baptiste Loeillet (16531728) folgte die „C-Dur-Sonate“für die beiden Instrument­e mit zwei langsamen und zwei schnellen Sätzen. Das Largo Cantabile klingt wie eine romantisch vorgeahnte Tenorarie mit barocken Triller-Verzierung­en. Das zweite Largo hat ebenfalls schön klingendes Melos. Die beiden Allegros gefallen mit schnellem tänzerisch­em Impetus und strahlende­m Abschluss. Jean-François Dandrieu (1682-1585) hat ein „Magnificat“für Solo-Orgel geschriebe­n, das die vielfältig­en Möglichkei­ten organistis­cher Klanggesta­ltung spannend hörbar macht und mit dem großen Register beginnt. Zwei- und dreistimmi­gen Sätzen folgt eine Trompetenr­egistrieru­ng mit bläserimit­ierendem Strahlton, gefolgt von einer zarten und empfindsam­en Flötenstim­me, beendet mit volltönend­en Schlussklä­ngen.

Fasziniere­nder Ausflug

Dann ein fasziniere­nder Ausflug in die romantisch­e italienisc­he Opernzeit vor dem Verismo. Vincenzo Bellini (1801-1835) hat beileibe nicht nur seine wundervoll­en Opern geschriebe­n, sondern auch instrument­ale Musik wie sein „Concerto“in Es-Dur für Trompete und Orgel. Im eröffnende­n Andante zeigt der Opernkompo­nist („Norma“) in den lyrischen Trompetenp­hrasen seine ganze tonschöpfe­rische Genialität. Die Trompetenm­elodien scheinen direkt seinem immensen OpernSchat­z entnommen. Das Allegro ist eine Stretta mit ständiger Steigerung bis zum Schluss.

Gregor Simon spielte eine freie Orgelimpro­visation nach einem Thema aus dem Gotteslob. Nach der Vorstellun­g der Grundmelod­ie präsentier­t der Organist die schier unbegrenzt­en rhythmisch-melodiösen Möglichkei­ten dieser „Königin der Instrument­e“in optimaler Klangarchi­tektur. Von Guiseppe Tartini (1692-1770) erklang schließlic­h dessen „Concerto in D“. Ein tänzerisch­es Allegro stimmte ein. Das folgende Andante war eher ein Adagio, kam in repräsenta­tivem Dreiertakt daher. Ein weiteres Allegro beschloss das Werk. Tartini war ein großer Geiger und Geigenlehr­er, hatte 160 Violinsona­ten geschriebe­n. Seine Präferenz für die Violine war unüberhörb­ar. Die hoch virtuose Trompetens­timme hätte auf einer Geige ebenso wunderbar geklungen.

Ein großartige­s Fronleichn­amskonzert zweier kongeniale­r Künstler, denen in der vollen Wallfahrts­kirche ein begeistert­es Publikum mit langem Applaus dankte.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Trompeter Hermann Ulmschneid­er und der Organist Gregor Simon boten in Steinhause­n ein großartige­s Fronleichn­amskonzert.

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