Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ravensburger OB Rapp will Befreiungsschlag aus dem Verkehrschaos
In einem Brief an Verkehrsminister Hermann bittet der OB um eine schnelle Planung des Molldietetunnels
RAVENSBURG - Kommt der Molldietetunnel doch früher als erwartet? Der Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp setzt derzeit alles daran, dass die Planungen für das Bauwerk nicht erst kurz vor dem Jahr 2025 beginnen, sondern zeitnah. In der Prioritätenliste der neuen Straßenbaumaßnahmen, die bis 2025 begonnen werden, steht der Tunnel zwar momentan ziemlich weit hinten, das sei aber nicht in Stein gemeißelt.
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte von einem verbindlichen Rahmen gesprochen, der durch die Punktebewertung des Landes vorgegeben worden sei. In einem Redaktionsgespräch mit der SZ hatte er gesagt: „Das Regierungspräsidium kann nicht einfach sagen, wir fangen jetzt mal mit dem Molldietetunnel an. Dann würde ich schon wissen wollen, was mit den Projekten passiert, die in der Liste davor kommen.“Dennoch glaubt Rapp, es gebe noch Spielraum. „Wir verstehen das aber eher als Orientierung für die Reihenfolge, von der aus guten Gründen seitens des Regierungspräsidiums Tübingen in Absprache mit den Städten und Gemeinden noch abgewichen werden kann.“Da der Molldietetunnel derzeit im hinteren Feld der Liste rangiere, hat der Ravensburger Oberbürgermeister einen Brief an Hermann geschrieben. Darin heißt es, dass die Ravensburger sich zwar keinesfalls gegen die anderen notwendigen Infrastrukturmaßnahmen im Regierungsbezirk Tübingen wenden wollen, der Molldietetunnel aber aus diesen Maßnahmen doch heraussteche. Und zwar wegen der Luftschadstoffe und des Lärms in Ravensburg – bekanntlich werden gerade ein Luftreinhalteplan und ein Lärmaktionsplan erarbeitet.
„Aber solange Zehntausende von Fahrzeugen täglich mitten durch unsere Stadt fahren, wird es keine wirkliche Verbesserung unserer Lebensqualität geben“, schreibt Rapp an Hermann. Hintergrund sei, dass etwa 50 Prozent der Autos und 80 Prozent der Lastwagen auf der B 32 gar nicht nach Ravensburg oder von der Stadt wegfahren, sondern nur durch sie hindurch wollen. Diese würden vermutlich in Zukunft alle durch den Molldietetunnel rollen. „Dies ist der einzig mögliche echte Befreiungsschlag für die Menschen, die hier leben oder sich in diesem Verkehrschaos bewegen müssen.“
Anfang Juni werde es ein Gespräch zwischen Regierungspräsidium und Verkehrsministerium geben und dann stehe fest, ob der Beginn der Planungen in greifbare Nähe rücke, so Rapp. Denn vom Planungsbeginn im Regierungspräsidium Tübingen, in dem bekanntlich entsprechendes Personal derzeit sehr knapp ist, hängt es im Wesentlichen ab, wann mit dem Bau begonnen wird. Optimisten wie Rapp gehen von einer Dauer von fünf Jahren aus, andere wie Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke von acht bis zehn Jahren. Anschließend kann es noch sein, dass durch Klagen durch zwei Instanzen – zum Beispiel von Bürgern in Weißenau, die Hangabrutschungen und eine Wertminderung ihrer Häuser befürchten – weitere Verzögerungen eintreten. Das kann noch einmal fünf Jahre dauern. Und auch die Bauzeit kann sich je nach Untergrund ziehen.
Acht bis zehn Jahre warten
Selbst im bestmöglichen Szenario werden acht bis zehn Jahre vergehen, bis die ersten Autos durch den Molldietetunnel fahren, weiß Rapp. Daher sind vorher schon Maßnahmen notwendig, um Lärm und Luftschadstoffe zu reduzieren. Während der Luftreinhalteplan vom Regierungspräsidium vorgegeben wird, entwickelt die Stadt ihren Lärmaktionsplan selbst. Die ursprünglich vorgesehene Temporeduzierung auf vielen Hauptverkehrsadern auch tagsüber von 50 auf 30 Stundenkilometer sei aber definitiv vom Tisch, beteuert Rapp. „Wir müssen unbedingt beide Interessen im Auge behalten. Die der Anwohner, die Ruhe brauchen, und die Erreichbarkeit der Stadt durch den fließenden Verkehr.“
Auch wenn die technische Lösung mit sogenanntem lärmoptimiertem Asphalt (leise wie Flüsterasphalt, aber deutlich haltbarer) aufwendig sei, will die Stadtverwaltung jetzt voll auf diesen setzen. Bei der B 32 (also Wangener Straße, Wilhelmstraße und Schussenstraße) zahlt ihn der Bund, weil es sich um eine Bundesstraße handelt. Diese soll auch zuerst den neuen Belag bekommen. Bei den anderen zur Disposition stehenden (kommunalen) Straßen wie der Georgstraße, der Karlstraße oder der Jahnstraße will die Stadt den leisen Asphalt selbst finanzieren.
In den nächsten Jahren müssen sich Einheimische und Pendler auf jeden Fall auf zahlreiche Straßenbaustellen einstellen, schon allein wegen der Belagsarbeiten. Rapp: „Aber dadurch machen wir große Sprünge nach vorn.“
Oberbürgermeister Rapp an Verkehrsminister Hermann
„Solange Zehntausende von Fahrzeugen täglich durch unsere Stadt fahren, wird es keine Verbesserung unserer Lebensqualität geben.“