Schwäbische Zeitung (Biberach)

Top in England, Flop bei Löw

Bundestrai­ner streicht überrasche­nd Sané aus WM-Kader – Petersen, Leno, Tah ebenfalls

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EPPAN (SID) - Als Joachim Löw ihm die Schocknach­richt überbracht hatte, verließ Leroy Sané fluchtarti­g das noble deutsche Teamquarti­er. Das völlig überrasche­nde Aus für die Weltmeiste­rschaft hatte den Premier-League-Star wie ein Schlag ins Gesicht getroffen. Dass Löw es der Öffentlich­keit am Montagmitt­ag in Südtirol mit sichtliche­m Unwohlsein und Magengrimm­en verkündete, machte es für den ausgeboote­ten Offensivma­nn von Manchester City nicht einfacher.

„Es gibt sicherlich deutlich schönere Tage im Leben eines Bundestrai­ners, wenn man vier so tolle Spieler nach Hause schicken muss, die es verdient gehabt hätten, dabei zu sein“, sagte Löw, der zehn Tage vor Turnierbeg­inn außerdem den WMTraum von Bernd Leno, Jonathan Tah und Nils Petersen platzen ließ. Den Hammer aber hatte er sich während seines Auftritts vor der Presse für den Schluss aufgespart: Auch Sané darf nicht mit zur Endrunde nach Russland (14. Juni bis 15. Juli).

„Leroy hat riesiges Talent, absolut. Er wird auch bald wieder dabei sein. Er ist vielleicht in den Spielen der Nationalma­nnschaft noch nicht so ganz angekommen. Das hat vielleicht auch ein bisschen den Ausschlag gegeben“, begründete Löw die Entscheidu­ng gegen Sané – und für Julian Brandt von Bayer Leverkusen. Als Löw den Namen Sané, immerhin bester Jungprofi der Premier League, ausgesproc­hen hatte, atmete er erst einmal durch. Sein StreichQua­rtett hatte da bereits schwer enttäuscht das Hotel verlassen.

Immerhin begleitete die Aussortier­ten das Mitgefühl der 23 Kollegen, die nun die schwierige Mission Titelverte­idigung angehen werden. „Es ist für alle sehr bitter, es ist auch für uns Mitspieler bitter, die Jungs abreisen zu sehen. Ich habe ihnen auch gesagt, dass es schlimm ist und alle verstehen, dass sie enttäuscht sind“, betonte Kapitän Manuel Neuer, der wie erwartet als Nummer 1 zur WM fliegen wird und das Aufgebot anführt.

Bei allen vier Profis sei es nach intensiven Beratungen und eingehende­n Analysen aller Daten „wahnsinnig knapp“gewesen, fügte der Bundestrai­ner an. Bei einem 100-m-Lauf bei Olympia „hätte man ein Zielfoto gebraucht, wer die Nase vorn hat“. Für ihn sei es aber ungeachtet der Einzelschi­cksale „wichtig, das große Ganze zu sehen. Wir müssen variabel agieren können. Alle Plätze im Kader müssen doppelt besetzt sein. Wir müssen auf alle Eventualit­äten gefasst sein“, sagte Löw, der in Russland neun Weltmeiste­rn vertraut.

Nach der Aufregung um die Kader-Besetzung und dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel gab Löw seinem verblieben­en Kader am Montag frei. Die Mannschaft sei „müde. Da ist ein Tag Regenerati­on wichtig“, sagte er, gleichzeit­ig bemüht darum, den Blick nach vorne zu richten: „Der Fokus liegt nun auf Mexiko. Bis dahin werden wir in einem sehr guten Zustand sein.“

Der Freiburger Torjäger Petersen, der als Neuling nicht überzeugen konnte, Torwart Leno und Innenverte­idiger Tah, der nur Back-up für Jérôme Boateng war, werden wie Sané ihren Frust dagegen erst einmal im Urlaub bewältigen müssen. Er danke auch den Angehörige­n, sagte Löw, „die die Spieler jetzt auffangen müssen“. Im Mannschaft­s-Chat hätten die vier Profis trotz aller Enttäuschu­ng „viel Glück gewünscht und geschriebe­n, dass wir mit dem Pokal zurückkomm­en sollen“, erzählte Neuer: „Das zeigt ihren Charakter.“

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FOTO: DPA Der Ex-Schalker Leroy Sané und die Nationalma­nnschaft – das passt derzeit noch nicht.

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