Schwäbische Zeitung (Biberach)
Weg vom Image des Problemstadtteils
Der Verein Stadtteilhaus Gaisental feiert sein 25-jähriges Bestehen.
BIBERACH - Unterschiedliche Generationen und verschiedene Nationalitäten zusammenzuführen – das ist seit 25 Jahren das Ziel des Vereins Stadtteilhaus Gaisental. Ein Unterfangen, das nicht immer leicht war und nur mit viel ehrenamtlichem Engagement zustande kam.
Die Biberacher Stadtteile Gaisental und Weißes Bild entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg. Es waren vor allem Flüchtlinge und Spätaussiedler, die über die Jahrzehnte dort sesshaft wurden. Balthasar Seidl ist einer von ihnen. Mit seiner Frau Maria kam er 1983 aus dem Banat in Rumänien als Aussiedler nach Biberach ins Weiße Bild. „Damals war dieser Stadtteil sehr verrufen. Er war das fünfte Rad am Wagen Biberachs“, sagt er. Kommunalpolitiker hätten sich zu dieser Zeit dort kaum blicken lassen, „dafür war die Polizei umso häufiger da“.
Die Caritas startete 1986 ein Betreuungsprojekt im vermeintlichen Problemstadtteil mit einer Anlaufstelle in einem Container, der als „Treffpunkt“firmierte. In den frühen 90erJahren gründete sich ein Förderkreis aus Ehrenamtlichen, die damit begannen, Unterschriften für ein künftiges Stadtteilhaus zu sammeln. Diese Idee geisterte schon länger durch die Köpfe der Bewohner des Stadtteils. Ein erster Erfolg wurde dadurch erreicht, dass der frühere Konsum-Laden in der Banatstraße unter dem Namen „Schaufenster“zum neuen Treffpunkt für den Stadtteil umgestaltet wurde.
Das „Schaufenster“konnte aber nur eine Übergangslösung sein, weshalb sich der Förderkreis Anfang 1993 zum Verein Stadtteilhaus Gaisental wandelte. Bis zur Eröffnung des Hauses sollten aber noch mehr als sieben Jahre vergehen. In dieser Zeit mussten Geldgeber gefunden sowie ein Raumund Betriebskonzept erarbeitet werden. Im Juli 2000 nahm das Stadtteilhaus an der Banatstraße seinen Betrieb auf. Heute ist es ein „Mehrgenerationenhaus“– ein Titel, den ihm das Bundesfamilienministerium 2008 verlieh. Verbunden damit war auch eine finanzielle Unterstützung. Den Großteil der Finanzierung trägt aber weiterhin die Stadt Biberach. Insgesamt zwölf Mitarbeiter, darunter viele Minijobber, sorgen unter der Leitung von Sigrid Ritter inzwischen dafür, dass Leben im Haus ist.
Offener Mittagstisch als Renner
Das Angebot ist breit gefächert, die Räume im Stadtteilhaus sind gut gebucht. „Neben Vorträgen, Ferienbetreuungen und Versammlungen haben wir auch Hochzeitsfeiern im Haus, und sogar IHK-Prüfungen werden hier abgenommen“, sagt Ritter. Wichtig sind ihr auch Beratungsangebote für Familien und Alleinerzie- hende sowie Einzelfallhilfe in Problemsituationen – „alles Dinge, die nicht so an die Öffentlichkeit dringen“, sagte die Leiterin des Hauses. Ein Renner ist der offene Mittagstisch, der jede Woche am Dienstag im Stadtteilhaus serviert wird. „Gerade für ältere Menschen, die alleine leben, ist das ein wichtiger Termin.“Auch der Dialog zwischen den Kulturen funktioniere im Stadtteilhaus. „Die kommen alle gut miteinander aus“, sagt Sigrid Ritter.
Dass sich das Haus und der Stadtteil so positiv entwickelt haben, sei auch das Verdienst der Flüchtlinge und Aussiedler, die sich in den vergangenen Jahren im Stadtteil niedergelassen und engagiert hätten, sagt Lothar Schiro, Vorsitzender des Stadtteilhausvereins.
„Mittlerweile“, sagt Balthasar Seidl, „lassen sich auch die Kommunalpolitiker ganz gerne bei uns blicken. Dafür kommt die Polizei inzwischen viel weniger als früher.“
Ein Video zum Jubiläum des Stadtteilhauses gibt es unter
www.schwäbische.de/ stadtteilhaus-bc