Schwäbische Zeitung (Biberach)
Versicherer fordern Rente mit 69
80 Prozent sorgen sich um die Altersversorgung – Kommission arbeitet ab heute an Reformen
BERLIN (dpa/KNA) - Heute nimmt die Rentenkommission der Bundesregierung ihre Arbeit auf. Das Gremium soll angesichts des wachsenden Drucks auf die gesetzliche Rente Vorschläge für die Zeit nach 2025 machen. Das Gremium soll seine Vorschläge bis 2020 liefern. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) möchte sie noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich umsetzen. Bereits am Dienstag plädierte die deutsche Versicherungswirtschaft für eine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters. Eine Erhöhung auf 68 oder 69 Jahre ab 2030 beziehungsweise 2040 dürfe angesichts einer steigenden Lebenserwartung nicht tabu sein, sagte Peter Schwark, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Das Absicherungsniveau der gesetzlichen Rente könne künftig höher gehalten werden und die Beiträge müssten nicht zu stark steigen, wenn die Menschen etwa bis 69 arbeiten, sagte Oliver Ehrentraut vom Institut Prognos, das die Entwicklung im Auftrag des GDV untersucht hatte. Der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) schlug in die- sem Zusammenhang am Dienstag vor, die Regelaltersgrenze generell abzuschaffen.
Derweil erwartet ein Großteil der Deutschen, im Rentenalter mit wenig Geld auskommen zu müssen. Vier von fünf Beschäftigten gehen laut einer Umfrage im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) davon aus, dass sie im Alter „gar nicht“oder nur „gerade so“zurechtkommen. Besonders ausgeprägt sind die Sorgen demnach bei Frauen mittleren Alters, bei Beziehern geringer Einkommen, bei Beschäftigten in Teilzeitarbeit und bei Menschen mit unsicheren Beschäftigungsperspektiven. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, forderte eine Stärkung der gesetzlichen Rente. Der Bund der Steuerzahler (BdST) verlangte, „einen tragfähigen Interessenausgleich zwischen Rentnern und Beitragszahlern zu finden“.
In den kommenden Jahren geht die Generation der Babyboomer in Rente, zugleich werden die Menschen immer älter. Es wird deutlich weniger Beitragszahler, aber mehr Rentner und längere Bezugszeiten geben.
MÜNCHEN - Die drei ursprünglichen Pflichtverteidiger von Beate Zschäpe, Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm, haben am Dienstag in ihren letzten Plädoyers des NSU-Prozesses die sofortige Freilassung der mutmaßlichen Rechtsterroristin gefordert. Die heute 43-Jährige sei von den angeklagten Morden und Anschlägen freizusprechen und könne lediglich wegen einfacher Brandstiftung verurteilt werden, sagte Rechtsanwalt Heer vor dem Oberlandesgericht München. Damit unterbot er sogar noch die Forderungen des zweiten Verteidiger-Teams der Hauptangeklagten.
„Beate Zschäpe ist keine Terroristin, sie ist keine Mörderin und keine Attentäterin“, sagte Heer. Sie habe keine Morde geplant, sie habe keine Waffen beschafft, an den Taten insgesamt nicht mitgewirkt und die Verbrechen ihrer Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt „auch nicht vom Küchentisch gesteuert“. Zschäpes Vertrauensanwälte Mathias Grasel und Hermann Borchert hatten maximal zehn Jahre Haft gefordert, wegen besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zu Raubüberfällen. Sowohl die Angeklagte als auch ihre ursprünglichen Verteidiger Heer, Stahl und Sturm hätten allerdings gerne auf ihre eigenen Plädoyers verzichtet.
Das Pflichtverteidigertrio vertritt Zschäpe seit Beginn des Prozesses im Mai 2013. Bereits Mitte 2014 wurde der Bruch zwischen ihnen und ihrer Mandantin öffentlich. Zschäpe erklärte, dass sie keinerlei Vertrauen mehr in ihre Verteidiger und deren Strategie habe. Eine Entpflichtung der drei lehnte das OLG nach Anträgen beider Seiten aber mehrmals ab. 2015 kamen deshalb Grasel und Borchert zu ihrer Verteidigung hinzu. Mit ihrem ursprünglichen VerteidigerTeam spricht sie seither kein Wort.
Die Bundesanwaltschaft hatte für Zschäpe lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert. Nach Überzeugung der Anklage war sie eines von drei gleichberechtigten Mitgliedern der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“(NSU) und sollte deshalb als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen der Gruppe bestraft werden. Dazu zählen zehn Morde, neun davon aus rassistischen Motiven, einer an einer deutschen Polizistin, sowie zwei Bombenanschläge.