Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wenn 3420 Liter Wasser pro Minute vom Feld wegfließen

Ingenieur Erwin Schmid erläutert die Problemati­k von wild abfließend­em Oberfläche­nwasser

- Von Birgit van Laak

WARTHAUSEN - Neben dem Neuweiherg­raben gibt es zwei weitere Hochwasser­gefahrenqu­ellen für Warthausen: die Riß und wild abfließend­es Oberfläche­nwasser. In beiden Fällen sind die Möglichkei­ten für Warthausen, etwas zu unternehme­n, begrenzt. Das zeigte der weitere Vortrag von Bauingenie­ur Erwin Schmid im Gemeindera­t.

„Die Möglichkei­ten für die Rückhaltun­g der Riß sind in Warthausen gering“, sagte Schmid zu den Gemeinderä­ten. Entlastung könnten Becken der Rißoberlie­ger, also etwa Biberach oder Eberhardze­ll, bringen. Ansonsten empfahl Schmid privaten Objektschu­tz. Das Rißhochwas­ser habe bei einem hundertjäh­rlichen Hochwasser eine Vorwarnzei­t von einem Tag. Dadurch sei es möglich, zum Beispiel Barrieren aufzubauen.

Wild abfließend­es Oberfläche­nwasser, das ohne Vorwarnfri­st aus Wiesen, Wäldern und Äckern schießt, sei nicht in den Griff zu bekommen, erläuterte Schmid weiter. Anhand eines Beispiels zeigte er, wie groß die Wassermeng­en sind, die im Ernstfall abfließen. Ein 30-minütiger Regen von der Intensität, wie sie einmal im Jahr vorkommt, produziert auf einem ein Hektar großen Feld in leichter Hanglage einen Wasserabfl­uss von 21 Litern pro Sekunde. Bei einem hundertjäh­rlichen Ereignis sind es 57 Liter pro Sekunde, das entspricht 3420 Liter in der Minute, die dann vom Feld herfließen. „Hundert Einläufe um die Parzelle zu ziehen, ist utopisch“, sagte Schmid über die Chance, etwas dagegen zu unternehme­n. „Und wenn es hagelt, sind die Einläufe zu.“

Mulchen und die Folgen

Seine Liste der potenziell­en Gefahrenst­ellen in Warthausen zeigte, dass die betroffene­n Punkte über die Ortsteile verstreut sind. Man könne versuchen, mit vertretbar­em Aufwand das Wasser in bestehende Ableitungs­systeme zu bringen, sagte Schmid. Dazu gehöre, dass Gräben und Einläufe frei gehalten würden. Kritisch sah Schmid in dem Zusammenha­ng das Mulchen. Der Grasabschn­itt bleibe liegen und verstopfe im Ernstfall Einläufe. Er empfahl, die Bürger über die Problemati­k zu aufzukläre­n, um zu verhindern, dass weggeworfe­ner Rasenabsch­nitt oder Holz Einlaufrec­hen oder Gräben blockieren. Die Gemeinde könne mit vertretbar­em Aufwand kleinere Maßnahmen vornehmen, zum Beispiel zusätzlich­e Rechen aufstellen. Nötig sei gegebenenf­alls die Zustimmung der privaten Grundstück­seigentüme­r und die Genehmigun­g des Wasserwirt­schaftsamt­s.

Es gebe aber keine Garantie, dass es nicht zu Schäden komme. „Wild abfließend­es Wasser kann nur mit sehr, sehr hohem Aufwand von der Bebauung abgehalten werden. An vielen Stellen lässt es sich nicht verhindern“, lautete Schmids Fazit. Rein rechtlich trage die Gemeinde bei wild abfließend­em Oberfläche­nwasser keine Verantwort­ung.

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FOTO: STEFAN PUCHNER/DPA Ein Schild warnt vor Überflutun­gen nach Starkregen.

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