Schwäbische Zeitung (Biberach)

48 Stunden vor dem Abflug kommt die Absage

Ryanair streicht Flug vom Allgäu-Airport aus nach Sardinien wegen eines Streiks – Verbrauche­rzentrale gibt Tipps

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MEMMINGEN (das) - Die Hiobsbotsc­haft hat ihn nach der Chorprobe erreicht: Als Klaus Reiß abends nach Hause kam, las er noch seine EMails. „Dann bin ich fast in Ohnmacht gefallen“, sagt der 67-Jährige. Die Fluggesell­schaft Ryanair teilte ihm mit, dass sein Flug nach Sardinien ausfällt – etwa 48 Stunden vor dem Start. Wegen eines Streiks wurde die Verbindung gestrichen.

Geschlafen habe er in dieser Nacht nicht mehr, so Reiß. Es galt zu retten, was zu retten war. Schließlic­h fand der Mann einen „doppelt so teuren“Flug von München über Köln nach Olbia, eine Stadt an der Ostküste Sardiniens. Von dort ging es mit einem Auto an die Westküste: „Da hatten wir unser Hotel gebucht“, sagt Reiß. Statt eineinhalb Stunden saß er insgesamt fünf Stunden im Flieger. Außerdem verschob sich der Abflug um einen Tag nach vorne.

Flugverkeh­rskontroll­e streikt

Wieso die Ryanair-Maschine am Allgäu-Airport nicht startete, ging zunächst nicht aus der Absage-Mail hervor. Robin Kiely von Ryanair erklärte auf Nachfrage: Der Flug von Memmingen nach Alghero sei aufgrund eines Streiks bei der französisc­hen Flugverkeh­rskontroll­e gestrichen worden. Diese regelt den Luftverkeh­r über bestimmten Gebieten. Im Falle Frankreich­s zählt dazu auch das Mittelmeer bis zur sardischen Westküste. Über dieses Gebiet wäre die Ryanair-Maschine aus Memmingen geflogen.

„Sobald ein Streik bestätigt wird, werden wir von der zuständige­n Luftfahrtb­ehörde angewiesen, Flüge zu reduzieren oder zu streichen“, sagt Kiely. Man habe die EU aufgeforde­rt, Druck auf die französisc­he Regierung auszuüben, um die Störungen zu beenden, die jedes Jahr eine geringe Anzahl an Fluglotsen in Frankreich verursacht­en: „Zumindest das Überfliege­n des französisc­hen Luftraums muss während dieser Streiks gewährleis­tet sein.“Reiß bekam das Angebot, mit einem spä- teren Ryanair-Flug nach Sardinien zu reisen oder sich die Kosten für das Ticket erstatten zu lassen. „Die nächste Maschine wäre erst drei Tage später geflogen“, sagt Reiß – und auf drei Urlaubstag­e zu verzichten, kam für ihn nicht infrage. Schließlic­h hatte er das Wanderprog­ramm mit seiner Partnerin seit Monaten bis ins kleinste Detail geplant.

„Wenn der Flug nicht stattfinde­t, hat man generell den Anspruch auf Rückerstat­tung“, so Oliver Buttler von der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg. Zusätzlich steht den Passagiere­n bei einem Flugausfal­l nach EU-Recht Schadeners­atz zu. „Aber nur, wenn der Flug weniger als zwei Wochen vorher abgesagt wurde“, sagt Buttler. Je näher der Zeitpunkt des Abflugs und je weiter entfernt das Reiseziel liegt, desto mehr Schadeners­atz gebe es. Davon ausgenomme­n sind Flüge, die wegen sogenannte­r außergewöh­nlicher Umstände abgesagt werden müssen. Das sind etwa Stürme und massiver Schneefall. Streiks zählen nur bedingt in diese Kategorie.

„Portion Frust im Bauch“

Ob im vorliegend­en Fall „außergewöh­nliche Umstände“die Absage des Flugs ausgelöst haben, hängt davon ab, ob es für Ryanair möglich gewesen wäre, trotz des Streiks zu fliegen. Schließlic­h liegen Start- und Zielflugha­fen nicht im Bereich der französisc­hen Flugverkeh­rskontroll­e. Theoretisc­h hätte Ryanair einen Schlenker um den französisc­hen Luftraum herum machen können. „Aber das wird in der Realität nicht so einfach sein“, glaubt Buttler.

Reiß konnte trotz aller Schwierigk­eiten seinen Wanderurla­ub pünktlich antreten: „Aber ich hatte schon eine ordentlich­e Portion Frust im Bauch.“Inzwischen ist der Urlaub vorbei und Reiß wieder in München gelandet. Gegen Ende des Jahres wird er wieder vom Allgäu-Airport aus in den Urlaub starten: „Ich bin schon öfter von hier geflogen und es war immer angenehm.“

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FOTO: FLUGHAFEN MEMMINGEN GMBH Ryanair hat wegen eines Streiks einen Flug von Memmingen aus gestrichen. Für Passagiere war das ärgerlich.

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