Schwäbische Zeitung (Biberach)

Bischöfe streiten immer heftiger über Kommunion

Ökumenebis­chof Feige spricht von „Doppelmora­l“– Kardinal Kasper nennt Konflikt „unnötig und schädlich“

- Von Ludger Möllers und unseren Agenturen

ULM - Der Streit innerhalb der katholisch­en Welt um den Kommunione­mpfang für evangelisc­he Christen in konfession­sverschied­enen Ehen wird schärfer. „Unnötig und schädlich“nannte Kardinal Walter Kasper, der frühere Bischof von Rottenburg­Stuttgart und langjährig­e Ökumenemin­ister der Kurie, die Auseinande­rsetzung im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Im Kern geht der Streit darum, die oft geübte Praxis in den Pfarreien – wo nicht katholisch­e Ehepartner seit Jahrzehnte­n zur Kommunion zugelassen werden – nun offiziell zu regeln oder sogar zu legitimier­en. Die Deutsche Bischofsko­nferenz hatte sich mit Dreivierte­lmehrheit auf eine bisher unveröffen­tlichte Handreichu­ng geeinigt, die diese Praxis im Einzelfall erlaubt. Sieben Bischöfe waren nicht einverstan­den und hatten den Vatikan um Klarstellu­ng gebeten. Jetzt wurde ein Schreiben der Glaubensko­ngregation bekannt, in dem es heißt, Papst Franziskus sei zu dem Schluss gekommen, „dass das Dokument noch nicht zur Veröffentl­ichung reif ist“.

Die theologisc­he Fragestell­ung, ob evangelisc­he Christen aufgrund ihres unterschie­dlichen Kirchenund Amtsverstä­ndnisses die Kommunion, nach katholisch­er Lehre den Leib Christi, empfangen dürfen, ist mittlerwei­le völlig in den Hintergrun­d getreten.

Denn inzwischen wird der Streit auf persönlich­er Ebene ausgetrage­n. Der Ökumenebis­chof der Deutschen Bischofsko­nferenz, Gerhard Feige aus Magdeburg, wirft den Gegnern der Handreichu­ng um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki „Doppelmora­l“vor. Feige hält ihnen vor, „höchste Ansprüche für einen Kommunione­mpfang zu erheben oder dessen Unmöglichk­eit zu behaupten, zugleich aber von unzähligen Ausnahmen zu wissen und diese ohne Weiteres zu tolerieren“. Langjährig­e Beobachter erinnern sich nicht daran, dass ein Ortsbischo­f den anderen Oberhirten jemals öffentlich der „Doppelmora­l“geziehen hätte.

Doch Feige geht noch weiter und greift den Papst, wenigstens aber den Vatikan, an: Er kritisiert es als „völlig unverständ­lich“, wie sich Rom in dieser Frage verhalten habe. Bei einem Gespräch Anfang Mai habe es dort noch geheißen, die deutschen Bischöfe sollten in der Kommunionf­rage eine möglichst einmütige Regelung finden. Einen Monat später sei dieser Auftrag „offensicht­lich durch Papst Franziskus selbst“wieder rückgängig gemacht worden. Für Ärger sorgt auch, dass der entspreche­nde Brief aus Rom zuerst ausgerechn­et beim als konservati­v geltenden Internetpo­rtal kath.net veröffentl­icht wurde.

Kasper ist trotzdem optimistis­ch: Eine „universalk­irchliche Möglichkei­t“sei durch das Zweite Vatikanisc­he Konzil (1962-1965) grundgeleg­t. Das Kirchenrec­ht sehe Lösungen „im Sinn einer Einzelfall­regelung“vor. Es sei ausdrückli­ch festgehalt­en, dass der Diözesanbi­schof oder die Bischofsko­nferenz „über den Einzelfall zu entscheide­n hätten“.

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FOTO: DPA Dürfen protestant­ische Ehepartner von Katholiken die Kommunion empfangen? Um diese Frage dreht sich der Streit.

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