Schwäbische Zeitung (Biberach)
Novum: Nicht mehr alle Jungstörche werden beringt
Dem Storchenbeauftragten gehen die Ringe aus – Höchststand beim Nachwuchs in der Region
RIEDLINGEN - Der Storchenbeauftragte Rainer Deschle ist in dieser Woche wieder zur Storchenberingung im Raum Riedlingen unterwegs gewesen. Doch erstmals werden nicht mehr alle Jungstörche in der Donaustadt mit einem Ring markiert – denn dafür sind es einfach zu viele. Immer mehr Störche lassen sich hier und in der Gesamtregion nieder. „In meinem Bereich haben wir wieder einen Höchststand“, sagt Deschle. Und nun sind ihm schlichtweg die Ringe ausgegangen.
In Zell hat Rainer Deschle mit Unterstützung der Riedlinger Feuerwehr in die Nester geschaut und die Jungstörche beringt. Allein in diesem kleinen Teilort von Riedlingen finden sich dieses Jahr vier Storchennester, in denen sich insgesamt zwölf Jungstörche tummeln. Damit kommt in dem 130-Seelen-Dorf auf elf Einwohner ein Jungstorch. Eine ziemlich respektable Größe.
Auch wenn Zell damit in dieser Statistik im Land sicher ziemlich weit vorne liegt – der Trend ist allgemein. Zumindest im Gebiet von Rainer Deschle, das von Langenau bis nach Herbertingen reicht. Dieses Jahr hat die Jungstörche-Population einen Höchststand erreicht, erzählt Deschle. So viele, dass seine Ringe nicht mehr ausreichen. Zwar habe auch die Vogelwarte in Radolfzell etwas weniger Ringe ausgegeben, aber dennoch: Das Novum bleibt, dass nicht mehr jeder Storchennachwuchs gekennzeichnet wird.
Bislang haben alle Störche einen Ring mit einer Nummer erhalten. Anhand dieser Nummer konnten die Fachleute nachvollziehen, wo die Störche hinziehen, welcher Storch wiederkommt oder wie alt die Störche sind. Mit einem Spektiv, einer
Art Fernglas, können die Storchenbeauftragten aus einer Entfernung von rund 80 bis 100 Metern die Nummern ablesen und so das Tier identifizieren.
Das wird auch künftig möglich sein – aber eben nur bei einem Teil der Jungstörche. Deschle geht nicht davon aus, dass in den kommenden Jahren bei gleichen oder noch höheren Jungstorchzahlen, wieder eine Komplettberingung stattfindet. Das übersteigt auch die Kapazitäten der
Beringer. Und er geht auch nicht davon aus, dass der Erkenntnisgewinn in hohem Maße leidet, wenn nur noch ein Teil eine Beringung erhält.
Grundsätzlich freut sich der Storchenbeauftragte über diese Entwicklung. Er verweist auf die Situation in den 70er-Jahren. „Damals gab es nur sieben Storchenpaare in ganz Oberschwaben“, sagt Deschle. Seither hat sich die Population Zug um Zug wieder erhöht. „Ein toller Erfolg“, sagt er. Heute gibt es allein in Riedlingen insgesamt
13 Nester; ebenfalls 13 Nester sind es im Raum Bad Buchau/Federsee.
Dass diese Storchen-Erfolgsgeschichte eingetreten ist, hat viel mit den Rahmenbedingungen zu tun. Die Raumschaft ist und bleibt ein Storchenparadies. So bietet etwa das Donautal den Vögeln ein ausreichendes Nahrungsangebot. Das trifft auch auf den Federseeraum zu. „Viele Störche, die hier brüten, sind auch hier geschlüpft“, sagt Deschle.