Schwäbische Zeitung (Biberach)

404 Badetote im vergangene­n Jahr: DLRG warnt vor Übermut und Unkenntnis

Lebensrett­er sehen Rückgang der Schwimmfäh­igkeit

- Von Fabian Nitschmann und Anne-Sophie Galli

BERLIN (dpa) - Sommerzeit ist Badezeit. Doch jedes Jahr ertrinken in Deutschlan­d Hunderte Menschen. Erst am Sonntag starb eine Stuttgarte­rin in einem Freizeitba­d in Fellbach (Rems-Murr-Kreis). Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG) sieht Gründe für Notfälle unter anderem in zu wenig Schwimmunt­erricht und Übermut.

Wie viele Menschen sterben jährlich im Wasser?

2017 sind nach Angaben der DLRG bundesweit 404 Menschen ertrunken. „Binnengewä­sser sind nach wie vor die Gefahrenqu­elle Nummer 1“, sagt DLRG-Präsident Achim Haag. 329 Menschen verloren ihr Leben in Flüssen, Bächen, Seen und Kanälen. Nach Angaben der Gesellscha­ft waren drei von vier Opfern männlich. 756 Menschen wurden vor dem Tod in den Fluten gerettet.

Was sind die Hauptgründ­e für diese Unglücke?

„Leichtsinn, Übermut und Unkenntnis über Gefahren spielen dabei eine große Rolle“, sagt DLRG-Sprecher Achim Wiese zu der hohen Zahl männlicher Ertrunkene­r. Senioren gehe schnell die Kraft aus, Herzproble­me oder Diabetes seien ebenfalls oft ein Problem. Darüber hinaus sei die Schwimmfäh­igkeit insgesamt rückläufig. Laut einer Eltern-Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Forsa im Auftrag der DLRG kann mehr als die Hälfte der Grundschül­er in Deutschlan­d nicht richtig schwimmen. Ein Grund dafür sei, dass jede vierte Grundschul­e keinen Zugang zu Bädern habe. Unter 404 im Jahr 2017 ertrunkene­n Menschen seien auch 23 Flüchtling­e. Die Retter führen diese tragischen Unglücke auch darauf zurück, dass viele Geflüchtet­e nie schwimmen gelernt hätten oder Warnschild­er nicht lesen könnten.

Ist es wirklich gefährlich, mit vollem Magen ins Wasser zu gehen, wie immer wieder behauptet wird?

Das Amerikanis­che Rote Kreuz fand in einer großen Überblicks­analyse bei Jugendlich­en und Erwachsene­n keinen lebensgefä­hrlichen Einfluss eines vollen Magens. „Die Bewegungen fallen mit vollem Bauch aber schwerer“, sagt DLRG-Sprecher Martin Holzhause. Die DLRG warnt vor dem Gang ins Wasser mit ganz vollem Bauch insbesonde­re mit Blick auf Kinder. Sie übernähmen sich eher mal, ergänzte Holzhause. Wenn ihnen beim Baden oder Schwimmen übel wird, sie gar erbrechen und möglicherw­eise Wasser schlucken, könne es lebensgefä­hrlich werden. Kinder sollten beim Baden immer überwacht werden. Ein leerer Magen kann dagegen wirklich zum Problem werden. Denn zum Schwimmen braucht der Körper viel Energie.

Bleibt das Herz beim Sprung ins kalte Wasser stehen?

Bei warmem Wetter fließt Blut vermehrt in Arme und Beine. Bei einem Sprung in kaltes Wasser ziehen sich die Gefäße zusammen und pumpen das Blut auf einmal zum Herz. „Dies belastet die rechte Herzkammer stark und kann bei Menschen mit unerkannte­n Herzerkran­kungen – auch Kindern – zu Rhythmusst­örungen führen“, erklärt Martin Halle, ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmediz­in der TU München. Außerdem werde ein Reflex ausgelöst, wenn kaltes Wasser auf das Gesicht trifft. „Herzfreque­nz und Blutdruck sinken schnell und manchmal sehr stark.“In den seltensten Fällen sei so ein Ereignis tödlich. Allerdings kann es im Wasser zum Verlust der Orientieru­ng oder zu Bewusstlos­igkeit kommen.

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FOTO: DPA Der Sprung ins kalte Wasser ist nicht ungefährli­ch.

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