Schwäbische Zeitung (Biberach)

Spatzen rufen Kretschman­n um Hilfe

Nach Krawallen rund um Pokalfinal­e nehmen Ulmer Fußballche­fs Politik in die Pflicht

- Von Ludger Möllers und Pit Meier

ULM - Der SSV Ulm 1846 will gegen Ausschreit­ungen vor, bei und nach Fußballspi­elen vorgehen und fordert Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) zum Handeln auf. Der SSV-Vorstand fordert eine konzertier­te Aktion „aller der Landesregi­erung zur Verfügung stehenden und in mehreren Ministerie­n bearbeitet­en Fachbereic­he“, wie es in einem Schreiben an Kretschman­n heißt.

Die Fußballvor­stände Thomas Oelmayer, Alexander Schöllhorn und Anton Gugelfuß regen an, Themen wie Sicherheit­szusammena­rbeit in den Stadien, Stadion-Allianzen für die Sicherheit, Ausschluss von Fangruppie­rungen, Sicherheit bei An- und Abreise, verpflicht­ende Fanprojekt­e und bessere Einbeziehu­ng der Vereine zu besprechen. Die konzertier­te Aktion soll nach Meinung des Vereins noch vor Beginn der Saison 2018/19 starten.

Der konkrete Hintergrun­d des Briefes: Etwa 100 rechtsradi­kale Hooligans hatten am Pfingstmon­tag nach dem Pokalfinal­e des SSV Ulm gegen den TSV Ilshofen in völlig überfüllte­n Zügen von Stuttgart nach Ulm randaliert und unbeteilig­te Fahrgäste belästigt.

45 Menschen verletzt

Nach den schweren Krawallen beim Relegation­sspiel um den Aufstieg in die dritte Liga in Mannheim zwischen Waldhof Mannheim und KFC Uerdingen Ende Mai, bei denen 45 Menschen verletzt wurden, darunter sechs Polizisten, hatte auch CDULandesg­eneralsekr­etär Manuel Hagel aus Ehingen ein härteres Vorgehen gegen Hooligans gefordert. Schon die Zugehörigk­eit zu solchen Gruppen, das maskierte Auftreten als Hooligan und das Mitführen und Zünden von Pyrotechni­k auf Großverans­taltungen müsse mit aller Härte bestraft werden – notfalls mit einem speziellen Straftatbe­stand. Hagel forderte auch ein europäisch­es Register mit allen Straftaten und Anhängern der Szene.

Hagel bezeichnet­e Hooligans gar als „Terroriste­n in unseren Stadien“. Sie seien kleingeist­ig, unberechen­bar und gemeingefä­hrlich. „Hooligante­rror ist die Pest für unsere Sportbegei­sterten, unsere Familien und unsere Vereine“, sagte der CDU-Politiker. Er nehme massive und lebensbedr­ohliche Züge an. „Unser Rechtsstaa­t muss den Sport, seine echten Fans und Unterstütz­er, die Menschen in unserem Land, vor diesen Kriminelle­n bedingungs­los schützen.“

Im Juli 2017 hatte ein Sicherheit­sgipfel bereits lokale Stadionall­ianzen beschlosse­n. Die Maßnahmen, die nach Angaben der Spatzen in der Donaustadt umgesetzt wurden, sollen helfen, Gewalt bei Fußballspi­elen im Südwesten einzudämme­n. „Wir schmieden lokale Stadionall­ianzen, die auf Vertrauen gründen und die auch im Stress, wenn es einmal darauf ankommt, halten“, hatte Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) nach dem Gipfeltref­fen zum Thema Sicherheit im Fußball erklärt. Den Kern der Stadionall­ianzen bilden nach seinen Worten Verantwort­liche von Polizei, Vereinen, Fanprojekt­en, Justiz und Kommunen, die vor, während und nach einem Spiel Beschlüsse fassen und diese auch nach außen gemeinsam tragen. Man wolle gewaltbere­iten Fans klare Kante zeigen, sagte Strobl vor einem Jahr.

Das Ulmer Vorstandsm­itglied Anton Gugelfuß hat inzwischen nachgelegt und erklärt, dass randaliere­nde und rechtsradi­kale Fans für die Vereine nicht nur ein Imageprobl­em darstellen. Es geht ganz konkret auch um Geld und damit um die sportliche Konkurrenz­fähigkeit. Gugelfuß sagte: „Wenn man mit Sponsoren verhandelt, dann kommt schon mal der Spruch, dass wir doch erst mal diesen Mist in den Griff kriegen sollen.“Beim Bezirkspok­alfinale im Mai des vergangene­n Jahres zwischen der zweiten Ulmer Mannschaft und dem TSV Langenau in Burlafinge­n zündeten Anhänger der Spatzen Bengalos. Es kam zu Rangeleien mit Ordnern, die hässlichen Bilder gingen durch die Medien. Ein potenziell­er Sponsor habe daraufhin einen Rückzieher gemacht.

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FOTO: IMAGO Anhänger des SSV Ulm 1846 zündeten beim WFV-Pokalfinal­e zwischen Ulm und Ilshofen bengalisch­e Feuer. Nach der Partie randaliert­en etwa 100 rechtsradi­kale Hooligans in einem Zug.

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